Blutrausch
Rücken. Wenn er jetzt abdrückt, würde mich die Salve glatt in zwei Hälften zerreißen. Er schubst mich von der Felswand weg, während der andere an der obersten Stufe stehen bleibt und aufpasst, dass mir keiner der Hoodies folgt. Sobald er sich vergewissert hat, dass die Luft rein ist, folgt er uns zur Straße und streckt eine Faust in die Luft. Ein schwarzer Geländewagen schert zwischen zwei parkenden Autos aus und bleibt genau vor uns stehen. Die Hintertür öffnet sich, und ein weiterer Jüngling mit Maschinenpistole packt mich an der Schulter und zerrt mich in den Wagen. Die Tür schlägt zu, ein Stoffbeutel wird über den Kopf gezogen und die Hände werden mit Draht hinter meinem Rücken gefesselt. Endlich mal macht sich jemand die Mühe, mich gründlich abzutasten, wobei sie sowohl meinen Revolver als auch das Messer finden. Aber was mich wirklich ankotzt, ist, dass sie mir außerdem noch meine Zigaretten und das Zippo wegnehmen.
Sie reden kein Wort. Der Geländewagen rauscht um eine Linkskurve. Eine weitere enge Linkskurve, dann noch eine. Und, weil’s so schön ist, noch eine. Dann noch ein paar. Himmel, Verwirrtaktik schön und gut, aber das ist einfach lächerlich.
– Ich weiß, dass ihr im Kreis fahrt.
Noch eine Linkskurve.
– Also, wenn ihr wollt, dass ich die Orientierung verliere, würde es nicht schaden, ab und zu auch mal nach rechts abzubiegen.
Noch eine Linkskurve.
– Jetzt zum Beispiel sind wir auf der südlichen Seite des Häuserblocks, an dem ihr mich aufgegabelt habt.
Noch eine Linkskurve.
– Ostseite.
Noch eine Linkskurve.
– Wenn euch nichts Besseres einfällt, könntet ihr einem Entführungsopfer zum Beispiel eins über den Schädel ziehen, damit es ihm schwerer fällt, rechts und links zu unterscheiden.
ZACK!
Ich halte den Mund und lasse sie fahren, wie sie wollen.
Die Burschen sind jung. Die Frau ist alt.
– Was hatte er bei sich?
Eines der Muskelpakete in schwarzer Lederjacke reicht ihr einen Gefrierbeutel mit meinen Sachen. Sie reißt ihn auf. Dann öffnet sie die Trommel meines Revolvers, lässt die Patronen herausfallen, bemerkt die einzelne leere Hülse und schnüffelt am Lauf. Sie leert die Zigaretten aus der Schachtel in eine Schüssel und reicht sie einem der Jungs, der die Zigaretten zerkrümelt und Tabak und Papierfetzen durchsucht. Sie zieht das Innere des Zippos aus der verkratzten Chromhülle, löst die kleine Schraube auf der Unterseite und schüttelt das Ding so lange, bis der Feuerstein herausfällt. Mit den Fingernägeln zieht sie das Stück Baumwolle auf der Unterseite heraus und bringt den langen, benzingetränkten Docht zum Vorschein. Dann legt sie das auseinandergenommene Zippo neben den Revolver. Meinen Schlüsseln und dem bisschen Kleingeld, das ich in der Tasche hatte, schenkt sie keine weitere Beachtung. Dann klappt sie das Messer auf und späht in den Schlitz, in dem die Klinge versenkt wird. Sie klopft mit dem Griff gegen den Tisch, bemerkt, dass er hohl ist, und reicht das Messer dem Jungen, der schon meine Zigaretten ruiniert hat. Er legt es auf den Boden und trampelt darauf herum, bis der Plastikgriff zersplittert. Sie beugt sich hinunter und beäugt die Trümmer. Dann sieht sie mich an.
– Seine Kleidung?
Einer von den Jungs, die mich einkassiert haben, schüttelt den Kopf.
– Dann los.
Ein anderer zieht eine Drahtschere aus der Tasche, befreit meine Hände, und sie ziehen mich bis auf die Unterhose aus. Sie lassen ihre Finger über die Nähte und in die Innentaschen meiner Sachen gleiten. Sie klopfen gegen die Sohlen meiner Stiefel. Die Frau betastet meine Jacke und findet darin Tabakflocken, ein paar abgerissene Kinokarten und einen Pokerchip, den ich bei einer Zahl einen, trink zwei-Happy-Hour als Bon für meinen zweiten Drink bekommen habe. Sie quetscht den Chip zwischen Daumen und Zeigefinger, bis er auseinanderbricht.
Ich kratze mich am Sack.
– Damit hätte ich im HiFi noch einen Drink bekommen.
Sie setzt die Spitze der Klinge am Jackenkragen an.
– Madam, ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar, wenn Sie die Jacke nicht beschädigen würden.
Sie sticht die Klingenspitze durch das Leder, zerrt daran und reißt ein kleines Loch in den Kragen. Dann legt sie das Messer beiseite, steckt ihre Finger in das Loch und reißt den Kragen noch weiter auf. Sie wirft einen Blick auf das zerfetzte Leder, dann schmeißt sie die Jacke zu meinen übrigen Klamotten.
– Er kann sich anziehen.
Ich ziehe mich an. Dann besehe ich
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