Blutrose
Carl. Er hatte dunkle Haare und war so weich und schwabbelig, wie sein Freund knochig war. »Ich könnte auch die Bilder runterladen.«
»Das wäre super«, sagte Clare und schrieb Maras Nummer auf. »Wie lange werden Sie brauchen?«
»Das lässt sich sofort erledigen«, sagte er. »Darren wird allerdings ein Weilchen brauchen, aber nachdem wir hier in einer relativ kleinen Stadt sind, gibt es nur ein paar tausend Handybenutzer. Wollen Sie später wiederkommen?«
»Wir warten.«
Darren strahlte sie hinter seinem Notebook hervor an. »Holen Sie sich drüben einen Kaffee.« Er deutete auf ein portugiesisches Café auf der anderen Straßenseite. »Kein Hacker knackt unter Aufsicht.«
Carl fand das zum Brüllen. Er gab eine Reihe von kehligen Hupgeräuschen von sich, die ein Lachen darstellen sollten.
»Komm«, sagte Riedwaan zu Clare. »Wir besorgen uns einen Kaffee.«
Das Café schenkte unerwartet guten Kaffee aus. Sie nahmen ihre Tassen und ein paar Brötchen mit an einen Tisch im Freien.
»Also, erzähl mir jetzt einmal alles über van Wyk«, sagte Riedwaan.
Grimmig lächelnd erzählte Clare ihm von van Wyks Nebeneinkünften als Erpresser und Amateurpornofilmer. Nichts bereitete ihr größere Befriedigung, als die Welt von einem weiteren korrupten Bullen zu befreien.
Kaum hatten sie aufgegessen, da kam Carl im weichen Wellengang über die Straße geschlurft. Auf dem Weg zu ihrem Tisch schnappte er sich eine Cola und einen Schokoriegel mit Pfefferminz.
»Darren«, sagte er bewundernd. »Voll der Zauberer.« Er legte ein einzelnes Blatt Papier auf das fettige Tischtuch. Eine Liste von Nummern in der einen Spalte, die Koordinaten in der anderen. Carl verschlang den halben Schokoriegel und deutete dann auf die letzte Nummer. »Das ist sie. Die SMS, nach der Sie gesucht haben. Die hier.«
»Wo wurde sie abgeschickt?«, fragte Riedwaan.
»An der Funkzelle beim Flughafen wurde sie zuerst geloggt.«
»Sie war also dort?«
»Wer war dort?« Carl schob sich die zweite Hälfte seines Riegels in den Mund und spülte mit Cola nach.
»Mara Thomson. Das Mädchen, das die Nachricht abgeschickt hat.«
»Die hier?« Carl klickte durch die Fotos in Juan Carlos’ Handy, bis er zu einem Bild von Mara kam, die nackt auf einer Sanddüne in die Kamera lächelte.
»Genau die.«
»So hübsch«, meinte Carl sehnsuchtsvoll. »Was hat sie denn getan, dass Sie nach ihr suchen?«
»Mir macht viel mehr Sorgen, was sie nicht getan hat«, antwortete Clare. »Sie ist aus Walvis Bay verschwunden, aber nicht in London angekommen. Ihr Freund behauptet, ihre letzte Nachricht sei diese SMS aus dem Flughafen gewesen.«
»Also, jedenfalls kam sie aus der Funkzelle am Flughafen. Aber diese Zelle deckt ein ziemliches Gebiet ab. Die SMS könnte überall zwischen dem Kuiseb-Delta und Rooibank abgeschickt worden sein.«
»Und die anderen Nummern?«, fragte Clare.
»Die letzten Anrufe. Ein paar nach Spanien. Die anderen sind hiesige Nummern. Sieht so aus, als hätte der, dem das Handy gehört, eine Kurzwahltaste für die Nummer dieses Mädchens gehabt.«
»Ich habe vorhin versucht, sie anzurufen«, sagte Clare. »Aber die Nummer ist nicht erreichbar.«
»Das bedeutet, dass sie entweder keinen Empfang hat oder das Telefon ausgeschaltet ist«, erläuterte Carl. »Oder dass der Akku leer ist.«
»Falls Mara in der Nähe des Flughafens war«, überlegte Clare, »warum ist sie dann nicht hineingegangen?«
»O nein«, sagte Carl, den die Aussicht, Detektiv zu spielen, sichtlich begeisterte. »Sie war sehr wohl im Flugzeug. Checken Sie das da.« Er deutete auf eine Spalte auf der Rückseite, in der alle SMS-Nachrichten ausgedruckt waren. »Das da hat sie geschrieben.«
Riedwaan blickte auf das Papier: Schon im Flieger. Tut mir leid. Liebe dich. X Mara.
»Das habe ich schon gesehen«, sagte Clare. »Aber die kam mir ziemlich unpersönlich vor. Das hätte jeder schreiben können.«
»Als Tarnung eindeutig amateurhaft«, bestätigte Riedwaan. »Es war doch klar, dass jemand anrufen würde, wenn sie nicht in London ankommt.«
»Aber wenn du in der Wüste verschwindest, kann es lange dauern, bis dich jemand findet.« Clare entzifferte die Spalten voller digitaler Informationen, die Darren dem Handy entlockt hatte.
»Es sei denn, du bist ein Straßenjunge. Dann wirst du nach zwei Tagen ausgestellt wie eine Werbetafel, so als wollte jemand öffentlich verkünden, dass er dich absolut nicht ausstehen konnte.«
»Schau dir das an.« Clare
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