Blutrose
wollten sie dorthin. Zu einer perversen Jubiläumsfeier.«
»Kann ich die mitnehmen?«, fragte Riedwaan.
Darlene nickte, und Riedwaan rollte die Karte zusammen. Er schloss die Tür hinter sich und hörte das Klirren der Kette, mit der Darlene sich wieder einschloss. Offenbar war sie an der Wand heruntergerutscht und zur Tür gekrochen, denn er hatte keine Schritte im Haus gehört.
Riedwaans Motorrad erwachte bockend zum Leben. Er legte den kurzen Rückweg zur Station in Rekordzeit zurück. Dort
schloss er die Tür zum Besprechungsraum, rief Phiri an und bekniete dessen Sekretärin, ihn aus dem wöchentlichen Planungstreffen herauszuholen. Während er auf Phiris Rückruf wartete, betrachtete er Clares Karte mit den Fundorten der toten Jungen. Zwei, drei, fünf, der erste ohne Ziffer. Er kartierte mögliche Bahnkurven und versuchte aus den Fundorten Rückschlüsse darauf zu ziehen, wo sie getötet worden waren. Zwei im Osten; zwei im Westen. Niemandsland in der Mitte.
»Faizal?« Phiri rief fünf Minuten später zurück.
»Sir, ich bin froh, dass Sie …«
»Ich hatte einen Anruf von jemandem namens van Wyk«, schnitt Phiri ihm das Wort ab. »Er hat mir erzählt, dass Captain Damases von dem Fall abgezogen wurde und von nun an er verantwortlich sei. Und was Ihre Hilfe angeht, meinte er, danke, aber nein danke. Gleich danach bekam ich einen Anruf des Stadtrates Goagab, der mir erklärte, dass die Show gelaufen sei und nur noch der mutmaßliche Serienmörder gefasst werden müsse, bei dem es sich um eine Art Wüstenmensch handele. Was haben Sie diesmal angestellt?«
»Ich habe meinen Job gemacht«, sagte Riedwaan.
»Genau das habe ich befürchtet«, sagte Phiri.
»Goagab und van Wyk würden den Fall gern als gelöst betrachten«, sagte Riedwaan.
»Im Gegensatz zu Ihnen und Clare?«
»Genau.«
»Trotz der Tatsache, dass unter dem Luminol Spuren von Blut auf dem Karren erkennbar waren?«, fragte Phiri.
»Möglicherweise hat der Topnaar die Körper verlegt, nachdem die Jungen tot waren«, erläuterte Riedwaan. »Trotzdem glauben wir nicht, dass er sie getötet hat. Wenn man da draußen einen Leichnam ablegt, wird niemand ihn finden. Geier, Raubtiere, Hitze. Nach ein paar Wochen bleiben nur noch ausgebleichte Knochen. Ich würde mein Gehalt darauf verwetten,
dass der Topnaar die Jungen verlegt hat, um auf die Morde aufmerksam zu machen.«
»Und weshalb?«, fragte Phiri verwirrt.
»Es gibt da ein Waffentestgelände, das früher von einer Spezialeinheit genutzt wurde. Und zwar mitten im Topnaar-Gebiet. Das würde ich mir gern näher ansehen.«
»Das ist alles?«, fragte Phiri.
»Das und die Tatsache, dass ein paar ehemalige Soldaten, die an mehreren Geheimaktionen beteiligt waren, anscheinend wieder hier aufgekreuzt sind.«
»Diese Leute sind fertig, Faizal. Die wohnen inzwischen alle in der Vorstadt und arbeiten an ihren Handicaps.«
»Wenn Ihre Informanten recht haben, dann geht es bei diesem Spielchen nicht um Ideologien«, meinte Riedwaan, »sondern um Geld.«
Es blieb lange still. Riedwaan wartete ab. »Was für Waffen?«, fragte Phiri. »Was für Geld?«
»Es gibt keine Unterlagen darüber«, sagte Riedwaan, »aber ich würde auf biochemisch tippen.«
»Ich habe noch eine Karte in der Hand, um Sie dort zu lassen«, erklärte Phiri zögerlich. »Aber die ist ein Bluff. Sie haben vierundzwanzig Stunden.«
»Danke, Sir.« Riedwaan atmete lautlos auf.
»Ich hoffe, es kommt was dabei raus«, warnte Phiri. »Falls nicht, hätte ich noch einen freien Posten in Pofadder für Sie.«
»Verzeihung, Sir«, schnitt Riedwaan ihm das Wort ab. »Aber ich bekomme eben einen Anruf auf der anderen Leitung.« Erleichtert stellte er fest, dass es Clare war.
»Was hast du?«, fragte er, während er auf ihre Leitung schaltete.
»Noch nichts«, sagte Clare. »Myburgh ist noch nicht aufgetaucht.«
»Warte auf ihn«, sagte Riedwaan. »Ich sehe mich währenddessen
auf dem alten Militärgelände um. Ich überrede Karamata, mich hinzufahren, falls ich ihn irgendwo aufspüre.«
»Ja, das ist eine gute Idee«, sagte Clare. »Elias kennt die Gegend. Was hat dir Darlene erzählt?«
»Dass ihr Exmann zurückgekommen ist.«
»Überraschung, Überraschung. Wer sonst, bei diesen blauen Flecken? Glaubst du, er hat diese Jungen umgebracht?«
»Warum sollte er bis nach Walvis Bay reisen, nur um ein paar Straßenkinder umzubringen?«, fragte Riedwaan. »Davon gibt es in Kapstadt genug.«
»Noch ein Zufall?«
»Genau das lässt
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