Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutrose

Blutrose

Titel: Blutrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
Vom Netzwerk:
mir keine Ruhe. Wir besprechen das beim Abendessen.«

49
    Clare beobachtete gerade die Angler, deren Ruten wie Insektenfühler über das Wasser hingen, als der verbeulte rote Pickup neben ihr anhielt. Sie stieg aus ihrem Wagen und spürte, wie der aus der Wüste heranwehende Sand gegen ihre Waden peitschte. Tertius Myburgh entriegelte die Beifahrertür, sie rutschte auf den Sitz neben ihm und zog die Tür gegen den Wind wieder zu.
    »Hier«, sagte Myburgh und schob einen Umschlag über das rissige Sitzpolster. Er war angespannt; seine Hände zitterten.
    Dr. Clare Harriet Hart . Ihr voller Name in schwarzer Tinte: wie eine Anklage. Clare öffnete den Umschlag. Fünf Seiten in Myburghs enger, schlaufiger Schreibschrift. Clare breitete das Pollengutachten in ihrem Schoß aus.
    »Das ist die Liste«, sagte Myburgh. »Tamarix. Trianthema hereroensis. Acanthosicyos horridus.«
    Und was sagt mir das?«, fragte Clare.

    »Tamarix und Hereroensis wachsen im Kuiseb. Sie sind hier zu finden.« Er nahm eine Karte heraus und markierte zwei sich überschneidende Gebiete. »Und das ist der Bereich, in dem sie beide vorkommen.«
    »Das ist ein riesiges Gebiet.« Clares Hoffnungsfunken verlosch über den riesigen Wüstengebieten, die Myburghs lange, spitz zulaufende Finger anzeigten.
    »Na ja«, schränkte Myburgh ein. »Diesen Teil hier können Sie ausschließen. Wenn sie sich nahe der Mündung aufgehalten hätten, hätten wir Sarcocornia finden müssen, eine gedrungene kleine Sukkulente. Bestimmt haben Sie die Felder hinter der Lagune gesehen. Keine Spur davon. Sie sind dort nicht einmal durchgegangen.«
    »Sie hätten also irgendwo in diesem Gebiet sein können außer in diesem zwei Kilometer breiten Streifen an der Küste?«
    »Nein.« Myburgh sah sich auf dem Parkplatz um, bevor er fortfuhr: »Dazu haben wir noch die Acanthosicyos horridus , die Nara-Pflanzen, die die Topnaars ernten. Sie gedeihen in eng umgrenzten Gebieten entlang der bewachsenen Dünen. Sie sehen aus wie eine Kreuzung aus Melone und Kürbis. Süß, saftig, reich an öl- und eiweißhaltigen Samen. Genau das, was man in einer Wüste braucht, allerdings wachsen sie nur ein paar Kilometer vom Meer entfernt.«
    »Dadurch beschränkt sich der Bereich mehr oder weniger auf diesen Streifen?« Clare deutete auf das Gebiet um das Kuiseb-Delta und etwas weiter landeinwärts.
    Myburgh nickte.
    »Das ist immer noch ein riesiges Gebiet.« Clare sah hinaus in das Meer von Sand, das sich bis weit hinter den Horizont erstreckte.
    »Ihre Nadel im Heuhaufen«, sagte Myburgh. »Ich habe sie für Sie gefunden.«
    »Wie meinen Sie das?«

    »Myrtaceae: Eucalyptus.« Myburghs dunkle Augen strahlten auf, als er ihr den Zweig entgegenstreckte: dunkle, scharf riechende Blätter, helle Borke. »Der Eukalyptusbaum«, sagte er. »Ein australischer Einwanderer. Er muss nahe einer Wasserquelle gepflanzt worden sein.«
    »Wie sicher sind Sie sich da?«, fragte Clare.
    »Es gibt in der Namib nur eine Handvoll Punkte mit dieser Pflanzenkombination.«
    »Und wo fange ich an?«, fragte Clare.
    »Nachdem Sie Eukalyptus haben, in der Nähe einer menschlichen Siedlung.« Myburgh klappte eine großformatige Luftaufnahme auf. »Ich habe nachgesehen und nur wenige Stellen gefunden, an denen ich Eukalyptus ausmachen konnte: zwei Touristencamps und dieses alte Militärgelände.«
    Clare musste an Riedwaans nächstes Ziel denken. »Das liegt mitten im Nichts«, sagte sie; das Bild, das ihre Puzzleteile zusammengefügt ergaben, war immer noch so wenig greifbar wie eine in der Wüste tanzende Luftspiegelung.
    »Mehr kann ich leider nicht für Sie tun«, sagte Myburgh. »Aber ich habe noch etwas für Sie.« Er übergab Clare ein dünnes Heft, dunkelblau mit eingeprägten Initialen darauf: VM.
    Clare schlug es auf. »Wem gehört das?«
    »Virginia Meyer. Das ist alles, was von ihrer Arbeit geblieben ist.«
    Clare blätterte in dem Heft herum, betrachtete die mit spinnenhaften Notizen gefüllten Seiten und die skizzenhaften Zeichnungen von Pflanzen, Vögeln und Dünenlandschaften, die so sehr an die ihres Sohnes erinnerten. Draußen strich der aufkommende Wind stöhnend um den Wagen.
    »Das verstehe ich nicht.« Clare sah Myburgh an.
    »Ich habe ihr Tagebuch auf Pollenrückstände untersucht«, sagte er. »Und sie stimmen überein. Sie waren am gleichen Fleck, Virginia und diese Jungen.«
    Clares Miene blieb ausdruckslos.

    »Sie war auf dem Weg zu mir, als es zu dem Unfall kam«, erklärte Myburgh. »Als

Weitere Kostenlose Bücher