Blutrot - Die Farbe der Lust - Page, S: Blutrot - Die Farbe der Lust
Arme über der Brust gekreuzt. Sie musste daran denken, dass er zu allererst ein Vampir war. Und sie war seine Jägerin.
„Verdammt! Ich fürchte, er ist nicht hier.“
Die Erleichterung, die Althea durchflutete, beschämte sie. Sie trat in das Zimmer und schaute sich um. Der Wirt hatte Yannick nicht das beste Zimmer gegeben, aber es war größer als ihres. Durch das massive Bett und die wuchtigen Möbel wirkte es jedoch ebenso beengt. Nirgends stand ein Sarg, und es hätte auch kaum einen Platz dafür gegeben. Das Bett war unberührt. Ihr Vater blickte sogar unter das Bett, hob die alte Tagesdecke an und ließ sich stöhnend auf die Knie sinken. Sie wollte ihm zu Hilfe kommen, aber da es offensichtlich war, dass ihr Vater nichts finden würde, ließ sie es bleiben.
Dem Himmel sei gedankt! Sie hatte Zeit gewonnen – Zeit, in der sie sich nicht zwischen dem Mann, den sie begehrte und ihrer Berufung entscheiden musste.
„Mist.“ Ihr Vater sank auf das Bett. „Ich hab alles versucht, um seinen Aufenthaltsort aus den Dienern herauszubekommen. Und weil sie nichts wussten, habe ich gedacht, dass er das Offensichtliche wählt. Wo kann man sich besser verstecken als in dem Raum, in dem jeder einen vermutet?“
Er trommelte mit seinem Gehstock auf den Boden. „Also fragen wir uns erneut: Wo hat Seine Lordschaft seinen Sarg versteckt?“
Das Sonnenlicht wurde durch seine Brillengläser reflektiert, als er Althea anblickte. Sie schüttelte den Kopf. „Ich hab keine Ahnung.“
„Ich vermute, er wird eine Kiste benutzen und keinen Sarg. Seine Diener haben keine Ahnung, wer er wirklich ist. Aber niemand hat eine so große Kiste gesehen, in die er hineinpasst. Und er ist ja nun wirklich nicht gerade klein …“
Oh nein. Das war er definitiv nicht.
„Vielleicht hat er sich auf dem Kirchhof versteckt?“ Würde Yannick es wagen, einen Sarg zu stehlen? Der Gedanke erschütterte Althea, denn Yannick war zu vielem in der Lage. Sie vergaß zu schnell, wer er wirklich war.
„Gute Idee, mein Mädchen. Lass uns das versuchen.“
Althea blickte aus dem Fenster und beobachtete die Reihe der Lichter, die auf das freie Feld zusteuerten. O’Leary, ihr Vater und die Arbeiter schwärmten aus.
Sie schob das Fenster auf und lehnte sich hinaus. Der Geruch von Regen und Schlamm strömte herein. Nach Sonnenuntergang hatte es angefangen zu regnen. Aus dem Wolkenguss war ein Nieselregen geworden, immer noch genug, um ihr Haar, ihr Gesicht und ihre Hände patschnass werden zu lassen, als sie sich vorlehnte, um die Männer zu beobachten. Die Lichter verschwanden aus ihrem Blickfeld, als die Männer eine Senke durchquerten, und als sie wieder auftauchten, waren sie ein wildes Flackern hinter den Bäumen.
Sie zog sich wieder in das Zimmer zurück und strich über ihre nassen Haare. Ihr Nachthemd war vom Regen feucht und drückte sich gegen ihre harten Nippel. Durch die Nässe war der Stoff beinahe durchsichtig. Ihr Bett war bereits aufgeschlagen. Es war einladend, zwischen die Decken zu schlüpfen und sich wieder aufzuwärmen. Und unter ihrem Kissen wartete auch das zweite Halsband.
Sie sank auf das Bett und ließ ihre Hand unter das Kissen gleiten. Würde Yannick heute Nacht zu ihr kommen? Er musste doch ahnen, dass sie ihn belogen hatte. Und das bedeutete, dass er heute wahrscheinlich nur kam, um ihr Blut zu trinken, sie zu zerstören mit seiner kalten, bösen Wut.
Wenn es ihr gelang, ihm das Halsband umzulegen, konnte sie sich retten. Wenn sie gezwungen war, ihn mit einem Pflock zu töten, so würde sie das nur tun, um ihr eigenes Leben zu retten.
Sie hatte ihn nur angelogen, um sich selbst zu schützen.
Althea sank auf das Bett. Die durchgelegene Matratze bog sich unter ihr.
So sehr sie es auch hoffte, aber wahrscheinlich würde es ihr nicht gelingen, Yannick mit dem Halsband zu kontrollieren. Bastien hatte sich befreit, und es war ihr Fehler, weil sie nicht länger unschuldig war. Das war alles nur passiert, weil sie so eine Idiotin gewesen war und nicht hatte widerstehen können.
Sie schluckte hart, als sie daran dachte, wie O’Leary entsetzt aufgeschrien hatte: „Er is’ weg! Um Himmels willen!“
Althea hatte gerade ihren Mantel aufgeknöpft, als sie den Schrei hörte. Sofort war sie zur Tür geeilt und erreichte den Flur im selben Moment, als O’Leary und ihr Vater aus Bastiens Raum stürmten. Ihr Vater hielt das Leichentuch hoch, mit dem sie Bastien bedeckt hatten, um ihn vor dem Sonnenlicht zu schützen. Die
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