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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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Butler auch Hut und Handschuhe reichte, rutschte der Ärmel seines Fracks ein wenig nach oben und entblößte auf Fosters Hemdsmanschette einen Schmutzstreifen, der wie frisches Blut aussah. „Unverzeihlich, ich weiß“, fuhr er fort, als er sich die Ärmel wieder nach unten zog und sein Revers glatt strich, „aber gerade, als ich das Haus verlassen wollte, wurde ich noch zu einem Notfall gerufen.“
    â€žKeine Ursache, alter Junge.“ Pratt winkte ihn herein. „Champagner für unseren neuen Gast“, wies er den nächststehenden Lakaien an, „und einen ordentlichen Teller mit allem, was ihm bislang entgangen ist. Auf jeden Fall ein paar Austern und ein oder zwei Lammkoteletts …“
    â€žAber nein, machen Sie sich bitte meinetwegen keine Umstände“, erwiderte Foster an den Lakaien gewandt. „Ich bin nicht sonderlich hungrig. Was jetzt noch serviert wird, sollte gewiss genügen. Zu gutem Champagner sage ich allerdings nie nein.“
    Zu seinen übrigen Gästen meinte Pratt nun: „Darf ich Ihnen Dr. Isaac Foster vorstellen, seit Kurzem mein Mandant und zudem ein Gentleman mit nicht geringen Errungenschaften. Für jene von Ihnen, die es nicht wissen, wenngleich ich zu behaupten wage, Sie sollten es wissen, Dr. Foster ist Professor für Klinische Medizin an der Harvard Medical School und außerdem einer der angesehensten Ärzte Bostons, wie auch schon sein Vater und sein Großvater vor ihm, die ich übrigens beide mit großem Stolz zu meinen Freunden zählen durfte.“ Es folgten allseits formelle Vorstellungen und Verneigungen.
    Nells und Wills Blicke trafen sich in stiller Verständigung: Isaac Foster war einer jener Männer, die Detective Skinner vorgestern aufgesucht und bei dieser Gelegenheit wahrscheinlich auch bestochen hatten.
    â€žWas für ein Notfall war es denn?“, wollte Winifred wissen. „Hoffentlich nichts Ernstes.“
    â€žBei dem Patienten handelte es sich um einen Hund, der einem Pferdekarren in die Quere gekommen war“, gab Dr. Foster Auskunft, als er neben Nell Platz nahm.
    â€žEin Hund?“ Vera fuhr sich mit der Hand an die hagere Brust. „Oh Schreck. Das arme kleine Ding.“
    Foster lächelte sie an. „Eigentlich war es ein ganz schönes Ungetüm, ein halber Bär, würde ich meinen, den ein in Tränen aufgelöster Vierzehnjähriger mir da auf einem Schubkarren vor der Haustür abgeladen hatte. Was blieb mir anderes übrig?“
    â€žWird er wieder gesund werden? Der Hund, meine ich?“ Vera Pratt hatte eine hohe, dünne Stimme, wie man sie eher bei einer viel jüngeren Dame erwartete, wenngleich sie noch keineswegs so alt war, wie Nell zunächst vermutet hatte – allenfalls fünfzig vielleicht. Ihr rotblondes Haar war von nur wenigen grauen Strähnen durchzogen, doch sie wirkte hager und ausgezehrt, was durch das schlecht sitzende grüne Satinkleid noch betont wurde, das ihr sehr unvorteilhaft zu Gesicht stand und sie viel älter erscheinen ließ, als sie tatsächlich war. Sie hatte in allen bislang servierten Gerichten nur herumgestochert und außer Wasser nichts getrunken. Wann immer Wein oder Likör eingeschenkt wurden, hatte sie stumm ihr Glas mit der Hand bedeckt.
    â€žDer Hund ist zudem eine Hündin, Ma’am“, klärte Foster sie auf. „Und ich glaube, sie wird die Sache ganz wacker durchstehen, wenngleich es sein kann, dass sie ein Humpeln davonträgt.“
    â€žMein Sohn William ist auch Arzt“, warf Viola ein. „Er hat seinen Doktor an der Universität von Edinburgh gemacht.“
    â€žAch?“, meinte Foster sichtlich beeindruckt, galt Edinburgh doch weltweit als die beste medizinische Fakultät. „Haben Sie auch eine Praxis in Boston, Dr. Hewitt?“
    â€žNein, das habe ich nicht“, erwiderte Will. „Ich habe in letzter Zeit ein recht nomadenhaftes Leben geführt.“
    Kurz sah es so aus, als wolle Dr. Foster noch etwas zu Will sagen oder ihn etwas fragen, doch stattdessen wandte er sich wieder an Mr. Pratt: „Sir, mir scheint, ich habe Sie mitten in einer Ansprache unterbrochen.“
    â€žDanke, Foster.“ Pratt räusperte sich. „Es ist mir eine ganz besondere Freude, Ihnen allen, die wir uns hier in dieser Runde eingefunden haben, mitteilen zu dürfen, dass der junge Harry …“, er nickte Harry Hewitt zu, „…

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