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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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setzte sie schmunzelnd hinzu.
    â€žDie Gaben von H.P.B. sind …“
    â€žH.P.B.?“, fragte Viola verwundert.
    â€žHelena Petrowna Blavatsky“, erläuterte Vera mit ihrer hohen, dünnen Stimme. „So … so nennen wir sie. Wir, die wir mit ihr reisen. Ihre Gaben sind … spiritueller Natur, zutiefst spirituell.“
    â€žAh“, meinte Viola, nachdem sie dies einen Moment auf sich hatte wirken lassen. „Mit spirituell meinen Sie gewiss …?“
    â€žSie hält Séancen ab“, sagte Emily.
    Nun errötete Vera über das ganze Gesicht. „Nun ja … ja, das auch, aber …“
    â€žSo richtige Séancen?“ Grinsend beugte Harry sich vor. „Mit Leuten, die im Kreis sitzen und einem Geist, der auf den Tisch klopft? Spricht sie etwa auch mit den Toten?“ An diesem Abend trug Harry einen der grell bunten Schals, die sein Markenzeichen geworden waren, eine Fülle chinesisch gemusterter, rot-goldener Seide, die er sich sorgsam nachlässig über die Schultern seines Fracks drapiert hatte.
    Vera zögerte, den Blick auf den Teller vor sich gerichtet, und bewegte still die Lippen, als finde sie nicht die rechten Worte, um auszudrücken, was sie sagen wollte. Auf Nell machte es den Eindruck, dass sie es nicht gewohnt war, im Mittelpunkt zu stehen und soviel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sich dabei auch keineswegs wohlfühlte, sich aber dennoch verpflichtet glaubte, den anderen Gästen etwas Erhellendes über das nun angeschnittene Thema mitteilen zu müssen. „H.P.B. hat eine … eine Aura, die sie befähigt, mit den Toten zu kommunizieren, ja, sich sogar der Seelen derer anzunehmen, die in jene Dimension übergegangen sind, die wir Tod nennen. Doch als in die Geheimwissenschaft Eingeweihte hat sie auch …“
    â€žHaben Sie sie einmal mit den Toten sprechen sehen?“, wollte Harry wissen.
    Den Blick noch immer starr auf ihren Teller gerichtet, lehnte Vera sich zurück. „Ja. Ja, und sie kann Dinge bewegen … einfach indem sie sie anschaut, und sie kann Buchstaben erscheinen lassen, die Worte aus der Seele der Verstorbenen formen. Ich habe sogar gesehen, wie sie Musik aus einem Klavier hervorzauberte.“
    â€žDu lieber Himmel“, meinte Cecilia kichernd. „Das kann ja sogar ich!“
    â€žJede Wette, dass die Toten es besser können“, murmelte Emily in ihr Glas.
    â€žIch meinte natürlich, ohne … ohne“, stammelte Vera. „Ich meinte, ohne, dass jemand tatsächlich daran sitzt …“
    â€žCecilia weiß schon, was du meintest“, beschwichtigte Emily ihre Tante. „Aber sie dachte, sie wäre witzig. H.P.B. glaubt an … Wie heißt es doch gleich?“, fragte sie Vera. „Sie hat einen ganz bestimmten Namen dafür.“
    â€žTheosophie“, erwiderte Vera.
    Emily nickte. „So heißt diese Religion, die sie begründet hat. Eine Geheimlehre.“
    â€žSie hat sie nicht begründet“, wandte Martin ein, während er ein Stück Ente in Johannisbeergelee tunkte und die Gabel zum Mund führte.
    Alle Blicke waren auf ihn gerichtet, derweil er in Ruhe kaute und schluckte.
    â€žZumindest den Begriff hat sie nicht erfunden“, meinte er dann. „Wir haben das kürzlich erst in Harvard durchgenommen. Theosophie ist … nun, es ist eine Art Methode, die östlichen Lehren auf unsere westliche Theologie anzuwenden und …“
    â€žJa“, unterbrach Vera ihn eifrig. „Ja, genau! Die alten Weisheiten, mystische Einsicht, Karma, die Reinkarnation der Seele in neuer, menschlicher Form …“
    â€žReinkarnation?“, fragte Martin. „Glauben Sie wirklich daran?“
    Vera geriet arg ins Stammeln, bis Emily sie erlöste: „H.P.B. glaubt daran. Sie glaubt an diesen ganzen mystischen Hokuspokus. Reinkarnation, Geistererscheinungen, spirituelle Verbindung mit den Seelen der Toten … Tante Vera, die mehr oder minder eine ihrer Anhängerinnen ist …“
    â€žJüngerin“, berichtigte Vera sie.
    Alle Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf Vera.
    â€žSie … Sie würden es gewiss verstehen, wenn Sie ihr jemals begegnet wären.“ Noch immer schien es Vera unmöglich, ihre Zuhörer anzuschauen; ihr Gesicht war von hektischen roten Flecken übersät. „Sie ist eine ganz außergewöhnliche Dame, die Dinge erfahren hat, die Sie oder ich

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