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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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abfeuert. Von dieser kleinen Besonderheit abgesehen, funktioniert dieser Munitionstyp aber genauso wie alle anderen Metallpatronen und sieht auch genauso aus.“
    Nell legte den Revolver beiseite und nahm die Patrone von Will entgegen. Die kegelförmig zulaufende Spitze des gräulichen Bleigeschosses ragte ein Stück aus der Kupferhülse heraus. „Was meinst du – könnten wir nicht feststellen, ob die beiden Geschosse aus derselben Waffe stammen, wenn wir dieses hier mit jenem vergleichen, das wir auf dem Boden von Mrs. Kimballs Schlafzimmer gefunden haben?“
    â€žIch weiß es nicht, Nell. Ein abgefeuertes Geschoss ist oft ziemlich deformiert. Ich wage gar zu bezweifeln, dass sich überhaupt noch mit Genauigkeit sagen lässt, ob es dasselbe Kaliber hatte.“
    â€žIch wette, Samuel Watts könnte das.“
    â€žWer?“
    â€žDer Büchsenmacher, der bei der amtlichen Untersuchung ausgesagt hat. Detective Cook ist voll des Lobes über ihn.“
    Will nahm ihr die Patrone wieder ab und steckte sie sich in die Jackentasche seines Fracks, klappte die Blechdose zu und legte sie in die Schublade zurück. „Morgen ist doch Samstag – dein freier Tag. Warum statten wir Mr. Watts nicht einfach einen kleinen Besuch ab?“
    Sie nickte. „Mit Maximilian Thurston würde ich mich auch gern unterhalten. Und mit Detective Skinner, wenn uns dazu noch Zeit bleibt.“
    â€žDann beehren wir die beiden natürlich auch noch. Aber zuvor haben wir gleich um acht Uhr morgens einen Termin mit Isaac Foster, der uns durch sein Haus führen will.“
    â€žSo?“, fragte Nell verwundert.
    â€žAngesichts der Tatsache, dass er einer der Männer ist, die Skinner bestochen haben …“
    â€žMutmaßlich bestochen haben …“
    â€žâ€¦ die Skinner mutmaßlich bestochen haben, dachte ich mir, es könnte interessant sein, sich auch mal mit ihm zu unterhalten. Ich habe ihm vorhin erzählt, dass ich mich dauerhaft in Boston niederlassen wolle, und dass sein Haus mir dafür genau das richtige zu sein scheint.“
    â€žUnd ich begleite dich, weil …?“
    Nun war Will doch etwas um Worte verlegen. „Er scheint zu glauben, dass wir … zwar nicht verlobt sind, aber … Nun, er geht davon aus, dass wir … dass zwischen uns eine Übereinkunft besteht.“
    â€žAh ja. Offiziell verlobt sind wir zwar nicht, suchen aber bereits ein Haus zusammen, was in etwa so ist, als würde ich einen riesigen Diamantring …“
    Ein metallisches Klicken erklang, als der Türknauf gedreht wurde. Die Scharniere quietschten in den Angeln.
    Nell erstarrte. Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
    Will drängte sie an den Schreibtisch zurück und schmiegte sich, den Rücken zur Tür, eng an sie.
    â€žWill!“, keuchte sie, als die Tür sich mit leisem Knarzen immer weiter öffnete, bis ein Lichtschimmer hereinfiel und eine schemenhafte Gestalt zu erkennen war.
    Entschlossen nahm Will ihre Arme und legte sie um sich, barg ihr Gesicht an seiner Brust. „Ganz ruhig“, flüsterte er.

9. KAPITEL
    Nell schloss verzweifelt die Augen und drückte ihr Gesicht gegen Wills Frack, der sich kühl und glatt anfühlte und nach frischer Wolle und Bay-Rum-Seife roch. Die Arme hatte sie fest um ihn geschlungen, das Herz pochte ihr gegen das viel zu eng geschnürte Korsett.
    Er beugte sich zu ihr hinab, flüsterte „Schhh, ganz ruhig. Mach dir keine Sorgen“, und streichelte ihr Haar.
    â€žWilliam? Bist du das?“ Es war die Stimme von Orville Pratt.
    Bitte, St. Dismas, betete Nell im Stillen, bitte lass dies keine schlimmen Folgen haben. Bitte lass mich meine Anstellung nicht verlieren.
    â€žOh“, sagte Pratt, als er der Szene vor sich gewahr wurde.
    Will, der noch immer Nells Kopf an seiner Brust geborgen hielt, schaute über die Schulter. „Sir, ich …“
    â€žAber nicht doch. Keine Ursache.“ Pratt klang belustigt und nachsichtig. „Ich war ja schließlich auch mal jung.“
    Als Nell vorsichtig die Augen öffnete, sah sie den hereinfallenden Lichtstrahl bereits schwinden und in dem Moment ganz erlöschen, da sich die Tür mit einem leisen Klicken schloss.
    Sie ließ sich an Wills Brust sinken und erschauderte mit einem kleinen, nervösen Lachen.
    Will lachte leise; sie spürte es mehr, als dass sie es hörte, ein leichtes Beben seiner Brust, das sie

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