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Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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sie wurde, desto weniger Rollen bekam sie angeboten, auch wenn sie noch immer die beste und gewiss die schönste Schauspielerin der ganzen Stadt war. Da wurde ihr langsam das Geld knapp. Sie sah sich gezwungen, Ländereien zu verkaufen, die sie außerhalb Bostons besaß, dann einige ihrer Möbel, ihren Schmuck … auch die Diamantketten, die sie so sehr liebte. Es brach mir das Herz, als ich erfuhr, dass sie sich von ihnen getrennt hatte. Sie hatte sich Imitate fertigen lassen, aber das war natürlich nicht dasselbe.“
    â€žUnd von Ihnen wollte sie nichts annehmen?“, fragte Nell, obwohl sie die Antwort bereits wusste.
    Grimmig schüttelte Thurston den Kopf. Dann griff er nach seinem mit Cognac versetzten Kaffee und nahm einen kräftigen Schluck. „Sie hatte eben ihren Stolz. Eines Tages sagte sie mir, sie hätte nun einen Weg aus ihrer Misere gefunden. Natürlich war ich zutiefst entsetzt, als sie mir erzählte, was sie vorhatte. Ich versuchte, sie von ihrem Plan abzubringen, doch vergebens. Virginia konnte recht starrsinnig sein.“
    â€žHat sie all ihre einstigen Liebhaber erpresst?“, fragte Nell.
    Thurston nickte mechanisch, derweil er sich ein Petit Four aussuchte, dann schüttelte er jedoch den Kopf. „Nun ja, nicht alle. Die Hübschen Habenichtse natürlich nicht, aber die andern bekamen ein paar Wochen nach dem letzten Lebewohl allesamt ein kleines Brieflein. Als ich erst einmal meine anfänglichen Skrupel überwunden hatte, half ich ihr sogar dabei, sie zu verfassen. Virginia hat in ihre Schreiben gern noch ein paar Auszüge aus dem Roten Buch eingeflochten – absolut kompromittierende Passagen, die dafür sorgten, dass der Betreffende auch wirklich zahlte.“
    â€žSeit wann führte sie dieses Buch denn?“, fragte Will.
    â€žOh, schon seit Jahren. Manchmal hat sie mir daraus vorgelesen, wenn wir nachmittags bei einem Martini beisammensaßen. Ach, was haben wir gelacht“, meinte Thurston und lächelte wehmütig. „Über Sie hat sie auch was geschrieben“, fügte er an Will gewandt hinzu.
    Will schien überrascht. „Ich wüsste nicht, was es da zu schreiben gab.“
    â€žOh, sie hat auch keineswegs das geschrieben, was sie über die andern schrieb. Nur ein paar Gedanken und Beobachtungen … ziemlich treffend, wie ich finde. Sie konnte wunderbar schreiben, war auch sonst außerordentlich intelligent – was aber wohl die wenigsten bei ihr vermuteten.“
    â€žHaben Sie das Rote Buch, Mr. Thurston?“, fragte ihn Nell.
    Verärgert sah er sie an. „Nein, Miss Sweeney, ich habe es nicht. Aber ich wünschte, ich hätte es. Einige der Einträge noch einmal lesen zu können, wäre fast so, als würde Virginia wieder bei mir sein, oder zumindest ihr Geist, ihre Seele. Dieses Buch spiegelt etliche Jahre ihres Lebens wider, es geht darin keineswegs nur um, nun ja … um Bettgeschichten. Ich gäbe alles darum, es zu haben. Aber nein, ich weiß auch nicht, wo es sein könnte, außer vielleicht, dass Pratt es sich unter den Nagel gerissen hat. Sie hat es im Tresor in ihrem Schlafzimmer aufbewahrt, der offen stand und leer war, als ich an jenem Nachmittag dort eintraf.“
    â€žSie muss aber ganz schön viele Männer erpresst haben, wenn sie davon jahrelang leben konnte“, meinte Nell.
    â€žIch gedenke nicht, Ihnen irgendwelche Namen zu nennen, falls sie darauf abzielen sollten“, ließ Thurston sie etwas verschnupft wissen. „Was mich anbelangt, so finde ich, haben die Herren durchaus Anspruch auf Diskretion. Sie haben beileibe schon genug zahlen müssen.“
    â€žVon Horace Bacon und Weyland Swann wissen wir bereits“, versuchte es nun Will. „Und natürlich von Isaac Foster.“
    â€žFoster war in Ordnung. Er war gut zu Virginia, behandelte sie wie eine Geliebte und nicht wie …“ Thurston sah Nell prüfend über den Rand seiner Tasse hinweg an. „Nicht so wie manche der andern. Sie war ziemlich betroffen, als er die Beziehung beendete. Zudem war er natürlich auch ein ganzes Stück jünger und ansehnlicher als die meisten anderen Herren.“
    â€žAbgesehen natürlich von den Hübschen Habenichtsen“, bemerkte Nell.
    â€žNun ja, natürlich.“
    â€žWar Felix Brudermann einer von ihnen?“, fragte Will.
    Mit angewiderter Miene setzte Thurston seine Tasse ab, doch Nell war

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