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Blutrot

Titel: Blutrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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dem Telefonbuch handelte.
    Der Mann, der die Tür öffnete und hinter dem Fliegengitter stehen blieb, war einen Kopf kleiner als Ludlow. Er war Mitte fünfzig, übergewichtig wie sein Sohn
und er hatte graues schütteres Haar. Er trug eine Nickelbrille und eine dunkle Hose mit Hosenträgern über einem schmuddeligen weißen T-Shirt. Falls man einen Menschen nach seinen Schuhen beurteilen kann, war dieser Mann ungepflegt und konservativ. Seine alten schwarzen Schnürschuhe waren zerkratzt und stammten aus der untersten Preisklasse.
    »Mr. Daoust? Ich bin Avery Ludlow.«
    »Ich weiß, wer Sie sind.«
    »Dann haben Sie wohl mit Mr. McCormack gesprochen.«
    »McCormack redet nicht mit einem arbeitslosen Tischler wie mir. Sein Sohn hat meinen Jungen angerufen.«
    »Danny hat ihn angerufen?«
    »Ja, Danny.«
    »Und?«
    »Und was? Hören Sie, Ludlow, Pete sagt, sie wären nach Plymouth gefahren und hätten dort im Shoppingcenter rumgehangen. Sogar zwei CDs haben sie dort gekauft. Teure CDs. Von einem Gewehr oder Hund hat er nichts erzählt.«
    »Vielleicht sind sie ja davor oder danach tatsächlich nach Plymouth gefahren. Darüber weiß ich nichts. Aber gegen vier Uhr nachmittags waren sie draußen in Miller’s Bend. Und als ihnen das Geld, das sie von mir hätten kriegen können, nicht reichte, hat Danny McCormack meinen Hund erschossen. Und Ihr Sohn Pete stand daneben und hat gelacht.«

    Der Mann wirkte ängstlich. Ludlow hatte das Gefühl, Daoust stellte sich in dem Augenblick tatsächlich vor, dass sein Sohn sich so verhielte.
    »Hören Sie …«
    Hinter ihm erschien eine Frau. Ludlow wurde klar, dass die ganze Familie zur Fettleibigkeit neigte, denn ihre Jeans waren viel zu eng, genau wie die quer gestreifte, blauweiße Bluse. Sie hielt eine Kehrschaufel und einen Handfeger in den Händen. Mit dem Feger deutete sie auf ihn, wie eine Lehrerin mit einem Bleistift mahnend auf einen unaufmerksamen Schüler zeigt.
    »Mr. Ludlow, ich habe alles gehört«, sagte sie, »und ich würde gern wissen, was Ihnen einfällt, hier einfach aufzukreuzen. Wenn Sie mit den McCormacks ein Problem haben, klären Sie es mit denen. Denn so wie ich die Geschichte verstehe, ist, falls die Jungs wirklich nicht die Wahrheit gesagt haben sollten - was ich hier mit keiner Silbe behaupten will -, offensichtlich Danny McCormack derjenige, mit dem Sie Ärger haben. Also halten Sie uns doch bitte schön raus aus der Sache, ja?«
    »Es tut mir wirklich leid, Mrs. Daoust. Aber wenn Sie gehört haben, was ich gesagt habe, dann wissen Sie, dass Ihr Sohn bei einem versuchten Raubüberfall dabei war. Und dass er es lustig fand, als sein Freund meinen Hund erschoss. Was sollte mich also dazu veranlassen, Ihren Pete aus der Sache rauszulassen?«
    »Er hat Ihren Hund nicht erschossen.«

    »Er war aber dabei. Und er hat den Jungen gesehen, der es getan hat. Ich möchte, dass er es zugibt.«
    »Vielleicht tut es ihm ja leid. Schon mal daran gedacht?«
    »Entschuldigen Sie, aber wie kann es ihm leidtun? Wo er doch abstreitet, dass es überhaupt passiert ist?«
    Die Frau sah ihren Mann an, dann blickte sie zurück zu Ludlow, der nun wusste, dass er sie zumindest fürs Erste am Schlafittchen hatte.
    »Hören Sie«, sagte er, »ich wäre bereit, Ihrem Sohn zu verzeihen, falls er den Mut und den Anstand hat, zu seiner Rolle in der Geschichte zu stehen und dem Sheriff zu schildern, was geschehen ist. Was Danny McCormack getan hat. Sie haben recht, Pete hat nicht geschossen. Und ich weiß, dass ein Junge manchmal sehr hartherzig sein kann und es später bitter bereut. Ich möchte nur, dass er die Wahrheit sagt. Reden Sie mit ihm. Sagen Sie ihm, er solle jetzt das Richtige tun. Um mehr bitte ich Sie nicht.«
    Er zog einen Kugelschreiber und einen Notizblock aus der Hemdtasche und schrieb seine private und die Nummer seines Ladens auf. Dann riss er den Zettel ab und hielt ihn beiden hin. Der Mann zog das Fliegengitter kurz einen Spalt weit auf, als hätte er Angst, einen Hornissenschwarm ins Haus zu lassen.
    »Danke«, sagte Ludlow. »Es wäre schön, wenn Sie mich anrufen, sobald Sie mit Pete gesprochen haben.«

    Als er in seinen Pick-up stieg, hörte er Geschrei im Haus, aber er konnte nicht verstehen, worum es ging. Es waren drei Stimmen. Die dritte, die hohe weinerliche, gehörte Pete. Er fragte sich, ob es den Eltern wohl gelingen würde, ihren Jungen zur Vernunft zu bringen.
    Vom Nordufer des Sabogo-Sees zogen Wolken auf, während er in die Stadt zurückfuhr. Er

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