Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blutrot

Titel: Blutrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
Vom Netzwerk:
sagte sie. »Mein Gott, Av. Wie kannst du immer noch in diesem Haus wohnen? Nach allem, was hier geschehen ist?«
    Er setzte sich neben sie.
    »Die Wände wurden überstrichen«, sagte er, »die Böden abgeschliffen. Man würde nie draufkommen, dass es hier mal gebrannt hat. Weder in der Küche noch auf dem Dachboden. Aber ich kann das Feuer noch sehen, die Rußflecken, die es hinterlassen hat. Ich kenne ihre exakte Form und Größe. Ich sehe sie jeden Tag.
    Aber das hier war unser Zuhause. Marys und meins. Allies und Tims. Sie sind hier aufgewachsen. Verdammt, es war auch Reds Zuhause. Ich konnte doch nicht zulassen, dass man mir auch das noch wegnimmt.«
    Eine Weile saßen sie schweigend da.
    »Was wurde aus ihm?«, fragte sie. »Ich meine, aus Billy.«
    Er seufzte. »Ach, er behauptete, jemand anderes wäre es gewesen. Ein Kumpel von ihm. Später wollte
er es sogar Cathy Lee Stutz in die Schuhe schieben. Zugegeben hat er es nie. Zu dem Zeitpunkt hatte er aber schon so viel geredet, dass man ihm den Prozess machen konnte. Die Öldose war übersät mit seinen Fingerabdrücken.
    Ich sagte ihm, dass ich selbst danach noch zu ihm stehen würde, wenn er es zugeben, mit den verdammten Lügen aufhören und mir erklären würde, warum er es getan hat. Warum er die beiden umbringen musste. Dass er mein Fleisch und Blut sei und ich alles, was in meiner Macht stand, für ihn tun würde. Aber er ging nicht darauf ein. Er hörte einfach nicht auf zu lügen. Sein Anwalt überzeugte ihn, sich schuldig zu bekennen. Aber nach dem Prozess stritt er es sofort wieder ab und meinte, es wäre ein Schachzug seines Verteidigers gewesen. Das versucht er Allie bis heute weiszumachen, wenn sie ihn anruft, dabei weiß sie ganz genau, dass er lügt. Ich habe mich von ihm losgesagt. Vor Jahren schon. Er bekam für jeden der beiden Morde dreißig Jahre. Aber das ist nicht genug.«
    Sie nickte. »Also hast du keinen Sohn mehr.«
    »Ich schätze, in jener Nacht habe ich ihn verloren.«
    Sie blickte noch einmal auf das Foto von Tim herab.
    »Was für ein hübscher Junge«, sagte sie.
    »Er war ein glückliches Kind.«
    Sie gab ihm das Foto zurück.
    »Du fühlst dich schuldig, weil du nicht zu Hause warst, nicht wahr?«

    »Ich weiß nicht, was ich fühle.«
    Er wandte sich um, legte das Foto in die Schublade zurück und schob sie zu.
    »Du musst morgen arbeiten, oder?«, sagte er.
    »Ja.«
    »Hast du noch Zeit für ein Bier, bevor du nach Hause musst?«
    »Klar.«
    »Ich hole eins.«
    Er ging in die Küche. Da waren sie wieder, die Rußfahnen an der Wand, die nur er sehen konnte. Wie die Spur eines Blitzschlags markierten sie die Stelle, wo Mary gelegen hatte.

14
    Am nächsten Tag war er mittags im Laden. Wegen des Regens kam nur wenig Kundschaft vorbei. Sam Berry rief an.
    »Dieser Hurensohn McCormack hat einen viel längeren Arm, als ich dachte. Aber vielleicht liegt es an seinem Anwalt, keine Ahnung. Jedenfalls lehnt Phelps eine Anklageerhebung nach wie vor ab. Ich kann ihn auch nicht umstimmen. Hab heute Morgen einen Anruf bekommen.«
    »Keine Anklage? Trotz des Fernsehberichts?«
    »Trotz des Fernsehberichts.«
    »Und der Stein, der mir ins Fenster geflogen ist? Der Zettel mit der Drohung?«
    »Es sind keine Fingerabdrücke drauf. Du konntest den Täter und das Auto nicht identifizieren. Es hätte weiß Gott wer sein können.«
    »Niemand anderes hatte einen Grund dazu.«
    »Klar, wir beide wissen das. Aber die Justiz sieht es anders. Tut mir leid.«
    »Mir auch, Sam.«

    Durch das beschlagene, regennasse Fenster sah er einen Wagen vorfahren, einen neuen schneeweißen Lincoln Continental. Das Abblendlicht war eingeschaltet, die Scheibenwischer schwangen hin und her, während das Auto im Leerlauf vor dem Laden stand. Im Wageninneren konnte Ludlow niemanden erkennen.
    »Willst du trotzdem klagen?«
    »Natürlich«, sagte er.
    Dann wurde ihm bewusst, dass er Sam eben wahrscheinlich zum ersten Mal belogen hatte.
    Die Tür des Lincoln ging auf, eine Frau stieg aus. Sie trug einen braunen Regenmantel, den ein Gürtel eng um den schlanken Körper schlang. Auf dem Kopf trug sie eine durchsichtige Regenhaube. Durch die Fensterscheibe konnte er ihr Gesicht nur verschwommen erkennen. Einen Moment lang stand die Frau am offenen Wagenschlag, den Blick in den Laden gerichtet, dann stieg sie wieder ein und zog die Tür wieder hinter sich zu.
    »Gut. Dann bereite ich die Papiere vor«, sagte Sam. »Du weißt, dass ich nicht umsonst arbeiten kann, Av. Aber

Weitere Kostenlose Bücher