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Blutrot

Titel: Blutrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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zerklüfteten Küstenstreifen entlangführte. Rechts von ihm lag das schwarzblaue Meer, auf der anderen Seite standen
vereinzelte Häuser am Hang. Dann fuhr er durch einen dichten Wald mit Tannen, Kiefern und einigen Birken und schließlich vorbei an einer Weide, auf der Pferde grasten. Wie vom Geschäftsführer angekündigt, ging die asphaltierte Straße in einen unbefestigten Weg über, der durch das nächste Waldstück führte.
    Dann erreichte er den Hügelkamm. Hinter einer Biegung lag das Haus. Weiße Dachschindeln, zwei Stockwerke, frisch gestrichene schwarze Fensterläden. Der weitläufige Rasen hinter dem verwitterten Holzzaun und dem Briefkasten war akkurat gestutzt.
    Er parkte am Tor und wartete.
    Niemand kam heraus, um nach ihm zu schauen.
    Da stieg er aus, trat hinter den Wagen und nahm den Hund von der Ladefläche. Wieder überraschte es ihn, wie leicht Red war. Er musste daran denken, wie sein Vater sich von der Hollywoodschaukel erhoben hatte, ohne dass er es richtig gespürt hatte.
    Er erinnerte sich, dass der Hund vor Marys Tod immer auf dem Teppich am Fußende des Bettes geschlafen hatte. Nachher war er jede Nacht zu ihm ins Bett gekrochen und hatte ständig gefurzt, was Ludlow aber nicht gestört hatte. Er jagt im Traum bestimmt einer Katze oder einem Hasen hinterher, hatte er sich gesagt. Vielleicht läuft er auch neben Mary und Tim her. Aber nach diesem Gedanken hatte Ludlow regelmäßig nicht mehr einschlafen können, weil es ihn zu sehr aufwühlte. Damals hatte
der Hund noch einiges gewogen. Er erinnerte sich gut daran, wie Red sich genau wie er im Schlaf immer herumgeworfen hatte.
    Er wusste noch, wie er sein Gesicht nachts immer in dem dichten rötlichen Nackenfell vergraben, wie der Hund sich manchmal zu ihm umgedreht und ihm die tränenüberströmten Wangen abgeleckt hatte. Ein anderes Mal hatte Red, wie in schweigender Übereinkunft, nur still dagelegen und abgewartet, bis Ludlow sich wieder beruhigt hatte. Schon der moschusartige Geruch des ungewaschenen Hundes war ihm ein Trost gewesen.
    Er ging auf das Haus zu.
    Ein Windstoß wehte Tannenduft zu ihm herüber und verscheuchte den Geruch des Todes aus Ludlows Nase. Er trug den Hund den Weg hinauf, ohne zu wissen, was er tun würde, wenn er das Haus erreichte. Er wusste nur, dass sie den Kadaver sehen sollten.
    Er hörte seine Schritte auf den Holzstufen, das müde Schlurfen eines alten Mannes.
    Links von ihm im Fenster bewegte sich eine Spitzengardine. Er war noch zwei Stufen vom oberen Treppenabsatz entfernt, als die Haustür aufging.
    Er blieb stehen. Die Frau stand im Türrahmen. Ihr langes Haar war zu einem Knoten gebunden. Sie trug Jeans und ein Baumwollhemd mit aufgerollten Ärmeln und wischte sich mit einem Küchentuch die Hände ab, als wäre sie gerade beim Saubermachen
gewesen. Er bemerkte den erschrockenen Ausdruck in ihren Augen. Es war der gleiche wie damals auf der Treppe, diesmal kam allerdings noch Verwirrung hinzu.
    Er sah, wie ihr Blick auf das Bündel in seinen Armen fiel, dann wieder auf ihn und wieder zurück. Ihre Augen wurden größer. Sie zuckten nervös hin und her, als ihr klar wurde, was unter der Decke lag.
    »Oh, mein Gott«, sagte sie.
    »Ich muss mit Ihrem Mann reden, Madam.«
    »Oh, mein Gott.«
    Sie schlug die Hand vor den Mund. Er sah, dass sie weinte.
    »Entschuldigen Sie bitte. Ihr Mann ist derjenige, der das hier sehen soll, nicht Sie.«
    Sie schüttelte hilflos den Kopf.
    »Warum tun Sie uns das an? Ich begreife es nicht. «
    »Ich möchte nicht unhöflich sein, Madam, aber ich fürchte, Sie verstehen das falsch. Ich meine, wer hier wem etwas angetan hat.«
    Sie trat auf ihn zu und wandte den Kopf zur Seite.
    »Sehen Sie das?«
    Unter den Haarkringeln, die ihr Gesicht umrahmten, schimmerte über dem Wangenknochen ein hässliches blaugelbes Veilchen.
    »Das habe ich mir gestern Abend eingefangen, Mr. Ludlow. Wir machten uns gerade fertig, um schlafen zu gehen. Alles, was ich getan habe, war, nach Ihnen zu fragen. Verstehen Sie? Ich habe nur Ihren
Namen erwähnt und Michael gefragt, was in aller Welt los sei. Die Antwort war eine Ohrfeige.«
    »Tut er so etwas öfter?«
    »Nein. Nie.«
    »Nie zuvor?«
    »Einmal. Vor langer Zeit. Er hatte zu viel getrunken.«
    »Ein Mann, der seine Frau einmal schlägt, tut es immer wieder.«
    » Ohne Sie wäre es nie dazu gekommen! Begreifen Sie das nicht? Können Sie uns nicht einfach in Ruhe lassen?«
    »Ich habe diese Sache nicht angefangen, Madam. Tut mir leid, dass

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