Blutrot
Sie hier sind und das miterleben müssen. Es war nicht meine Absicht, dass Sie sich aufregen.«
Sie schaute wieder auf das Bündel. »Mein Gott«, sagte sie. Er sah, wie sie blass wurde und sich erneut die Hand vor den Mund hielt. Einen Moment lang dachte er, sie müsse sich übergeben. Der Wind hatte sich gelegt. Der Gestank des Kadavers wurde wieder intensiver. Der Geruch des Todes umgab sie beide.
»Wo ist Ihr Mann, Madam?«
»Hier bin ich«, sagte McCormack.
Sie traten hinter der Frau durch die offene Haustür, der Mann und die beiden Jungen. Hinter ihnen im Schatten sah Ludlow Pete Daoust stehen. Danny hielt eine Pistole in der Hand. Dem Aussehen nach war es ein.38er Revolver.
Sein Vater war ebenfalls mit einer.44er Magnum bewaffnet. Ludlow hatte einmal so ein Ungetüm abgefeuert. Mit einer Magnum konnte man Bären erlegen.
Diese Familie hat es mit den Waffen, dachte er. Wenn schon, denn schon.
»Sie sind verrückt, Ludlow«, sagte McCormack. »Einfach herzukommen.«
»Vielleicht.«
»Mein Freund, daran besteht kein Zweifel.«
»Manchmal muss man eine Sache vor Augen geführt bekommen, um sie wirklich zu begreifen, Mr. McCormack. Man muss sie schmecken, riechen. Erst dann begreift man. Gestern Abend hat jemand meinen Laden niedergebrannt. Ein paar Tage vorher wirft mir jemand einen Stein durchs Fenster. Aber wegen dieser Geschichten bin ich nicht hier. Ich bin deswegen hier.«
Behutsam legte er den toten Hund auf der Veranda ab und schlug die Decke zurück.
»Es geht immer noch darum.«
»Igitt. Das ist widerwärtig.«
Ludlow zog das Hemd von den Überresten des Hundekopfes. Dabei zerriss der brüchige Stoff. Maden wanden sich im plötzlichen Licht.
»Nehmen Sie ihren gottverdammten Köter und verschwinden Sie, Ludlow. Auf der Stelle. «
»Das will ich gern tun. Wenn Sie mir verraten, was Sie in der Sache zu tun gedenken.«
»Einen Scheißdreck werde ich tun. Sie stehen widerrechtlich auf meinem Grundstück.«
»Das weiß ich.«
»Dann wissen Sie auch, dass ich Sie erschießen könnte.«
»Ja.«
Ludlow sah, wie Danny mit zwei schnellen Schritten an seinem Vater vorbeiging, sich vor ihm aufbaute und ihm die Pistole ans Ohr drückte.
»Sie blöder alter Sack«, sagte er. »Sie tun nie, was man Ihnen sagt.«
Ludlow packte mit beiden Händen den Unterarm des Jungen. McCormack brüllte: »Nein, verdammt, Danny!«, als plötzlich die Waffe losging und Ludlow etwas Nasses am Kopf spürte. Dort, wo eigentlich sein Ohr war. Die Waffe blieb weiter an seinen Kopf gepresst, sodass er das Schießpulver riechen konnte und den kalten blutigen Lauf an der Wange spürte, während er rücklings die Treppe hinabstürzte. Seine Hände umklammerten noch immer den Unterarm des Jungen, sodass er ihn mitriss und Brust an Brust mit ihm auf dem Rasen landete.
Er versuchte, ihm die Waffe zu entreißen, schlug den Unterarm auf die unterste Treppenstufe, hörte den Jungen unter einer Flut tosenden Lärms aus weiter Ferne aufschreien.
Die Waffe fiel ins Gras. Ludlow stieß den Jungen von sich weg, griff nach dem Revolver und hielt Danny die Mündung an den Kopf, den anderen Arm
fest um den Hals des Jungen geschlungen. Danny versuchte sich herauszuwinden, aber dann spürte er die Waffe und gab Ruhe.
Ludlow hatte sich wieder den Rücken verrenkt. Diesmal war es besonders schlimm. Er spürte, wie der Schmerz bis in seine Beine hinab ausstrahlte. Blut tropfte aus seinem Ohr auf Dannys Wange und in den offenen Mund. Der Junge holte mühsam Luft, als er das Blut in einem feinen roten Rinnsal ausspuckte.
»Ich bin noch nie einem so niederträchtigen Burschen wie dir begegnet«, sagte Ludlow.
Er legte den Finger an den Abzug.
»Wenn man schon auf jemanden schießt, dann sollte man auch richtig treffen. Sonst bleibt man womöglich selbst auf der Strecke.«
McCormack brüllte irgendetwas. Wegen des Klingelns in seinem Kopf verstand Ludlow ihn aber nicht.
Er blickte auf und sah, dass die.44er Magnum auf ihn gerichtet war.
»Nehmen Sie die Waffe runter«, sagte Ludlow. »Sie können mich nicht erschießen, ohne dass ich Ihren Sohn töte. So einfach ist das.«
Er sah, wie die Lippen der Frau das Wort Bitte formten. Ob es ihm galt oder ihrem Mann, konnte er nicht sagen. Ihr Gesicht sah plötzlich alt und verhärmt aus. Einen Moment lang funkelte McCormack ihn wütend an, dann ließ er die Magnum sinken. Ludlow beobachtete ihn einige Sekunden lang, dann wandte er sich wieder an Danny.
»Hör mir genau zu. Wir stehen
Weitere Kostenlose Bücher