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Blutrot

Titel: Blutrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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schon nicht mehr wusste, wie viel Zeit bis dahin vergangen war.

    Er spürte noch, wie Danny gegen ihn geschleudert wurde, als irgendetwas den Pick-up abrupt zum Stehen brachte. Das Letzte, was ihm durch den Kopf ging, war vollständiger Unsinn.
    Geh hinter den Rasierapparat, dachte er. Hinter den Rasierapparat.

27
    Zuerst konnte er nichts sehen, nur hören.
    Raue Stimmen. Wütende Stimmen. Aufgeregt und vielleicht auch ängstlich. Anfangs ergaben die Laute keinen Sinn, fügten sich erst allmählich zu Worten und Sprache zusammen. Aber aus irgendeinem Grunde verstand er vom ersten Augenblick an die Gefühlsregungen, die in den Lauten lagen. Es war, als lauschte er im Halbschlaf einer fremden Sprache oder als sei er ein Hund, der instinktiv am Tonfall erkennt, wie seinem Herrchen zumute ist.
    »Dann sucht das verfickte Ding eben!«
    McCormacks Stimme. Er fand, ein Vater sollte nicht in diesem Ton mit seinen Söhnen reden.
    »Machen wir ja, Dad!«
    Harolds Stimme. Zittrig, verängstigt. Ganz in der Nähe. Irgendwo links von ihm. Er hörte, wie der Junge durch das dichte Laub stapfte und anschließend über die Oberfläche eines Felsens schlurfte.
    Er lag auf einem Bett aus Tannennadeln. Er konnte sie riechen und spürte, wie sie ihm in den Handrücken
piekten. Sein Kopf lag neben einer Baumwurzel. Ob er aus dem Wagen herausgeschleudert worden war oder ob sie ihn dorthin geschleift hatten, wusste er nicht.
    »Probiert es mal da drüben. Habt ihr noch mal im Pick-up nachgesehen?«
    Ein Seufzer. »Blablabla.« Dann lauter: »Ja, Dad.«
    Das war Dannys Stimme. Sie klang missmutig. Als ginge ihm sein Vater nur noch auf die Nerven. Danny war also am Leben und wohlauf. Ludlow konnte seine Schritte neben sich auf den Tannennadeln hören.
    Es gab einfach keine Gerechtigkeit auf Erden.
    »Ich will, dass ihr die beschissene Waffe findet. Beeilt euch!«
    Allmählich wurde sein Kopf wieder klar. Es wäre nicht klug, sie merken zu lassen, dass er bei Bewusstsein war. Also blieb er reglos liegen und hob nur einen Spaltbreit die Augenlider, sodass er die anderen vage erkennen konnte. Zu gern hätte er sich ein bisschen bewegt, um festzustellen, ob er sich etwas gebrochen hatte. Aber er wagte es nicht. Er hörte, wie sie hin und her liefen und den Boden absuchten.
    Wonach? Nach dem Revolver, den er Danny abgenommen hatte. Er konnte sich nicht erinnern, wie er ihn verloren hatte. Vorsichtig tastete er den Boden ab. Die Waffe war nicht da. Natürlich nicht.
    »Dad, wenn wir den Revolver nicht finden, warum glaubst du dann, dass sie ihn finden werden?«

    Wieder Danny. Ungeduldig. Der Junge will nur noch nach Hause, dachte Ludlow.
    »Weil es Bullen sind, du Idiot.«
    » Kleinstadt -Bullen. Ich meine, wir reden hier doch nicht vom FBI, oder? Für die wird es wie ein Unfall aussehen, nichts weiter. Die Kerle sind doch keine Experten. Sie werden es einfach als Unfall abhaken und basta.«
    Er war nicht so zuversichtlich, wie er vorgab. Diesmal hörte Ludlow die nervöse Anspannung in Dannys Stimme. Also hatte der Unfall ihn zumindest erschüttert. Das war zwar nicht viel, aber wenigstens etwas. In dieser Hinsicht war der Junge wie alle anderen Menschen. Er bangte um sein Leben, wenn er in einem Auto auf Bäume zuraste. Er fürchtete sich vor Strafverfolgung.
    »Ich glaub, dein Vater hat recht, Dan.«
    Pete Daoust. Er war am weitesten von ihm entfernt, irgendwo außerhalb seines Blickfelds. Dieser Junge hatte eindeutig Angst, seine Stimme klang brüchig.
    »Die Waffe ist ein Beweisstück , Mann«, sagte er. »Sie gehört euch . Wenn sie sie finden, wie ist sie dann hierher gelangt? Überleg mal, Alter! Wir müssen sie finden.«
    »Wir müssen gar nichts, du Klugscheißer. Wie gesagt, wenn wir sie nicht finden, finden die Bullen die Knarre schon gar nicht.«
    »He, ihr beiden! Haltet die Klappe. Sucht einfach den Scheißrevolver.«

    Wieder McCormack.
    Ludlow sah, wie der Mann von links nach rechts an ihm vorbeiging. Die Magnum schimmerte im Licht, das zwischen den Bäumen hindurchfiel. Dann trottete Pete Daoust an ihm vorüber, in den Händen ein Gewehr oder eine Schrotflinte. Ludlow konnte es nicht genau erkennen, ohne die Augen noch weiter zu öffnen.
    Sie setzten ihre Suche noch eine Weile schweigend fort.
    Er hörte nur ihre Schritte, das Gezwitscher der Vögel und den Wind in den Bäumen.
    »Verdammte Mäusekacke«, flüsterte Pete.
    Die Stille war förmlich greifbar.
    Einige Zeit später seufzte McCormack.
    »Na schön. Ich glaube, wir

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