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Blutrote Kuesse

Titel: Blutrote Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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für die Wahl deiner Bettgenossin hasst oder du sie je wiedersiehst, wenn du ihr die Wahrheit sagst! Was soll ich denn machen? Meine Beziehung zu der einzigen Person aufs Spiel setzen, die immer für mich da war? An dir würde sie ja doch nur die Fangzähne wahrnehmen. Sie würde mir nie verzeihen, warum begreifst du das nicht?«
    Beim letzten Satz brach meine Stimme, und ich vergrub den Kopf in den Händen. Klasse. Jetzt tat ich nicht mehr bloß so. Ich bekam tatsächlich Migräne.
    »Du hast recht. Meine Mutter ist tot. Ich weiß nicht, wie sie beurteilen würde, was aus mir geworden ist. Ob sie stolz wäre... oder mich für die Entscheidungen verachten würde, die ich getroffen habe. Aber eins sage ich dir: Wäre sie noch am Leben, würde ich mich ihr offenbaren. Bedingungslos. Das wäre ich ihr schuldig, und mir selbst ehrlich gesagt auch. Aber hier geht es nicht um mich. Sieh mal, ich bestehe nicht darauf, deine Mutter kennenzulernen. Ich finde nur, dass du früher oder später mit dir selbst ins Reine kommen musst. Du kannst die Vampirin in dir nicht verleugnen, und du solltest dich auch nicht länger selbst geißeln. Du solltest dir darüber klar werden, wer du bist und was du brauchst, und dich nicht dafür entschuldigen. Nicht mir gegenüber, nicht deiner Mutter gegenüber, niemandem gegenüber.«
    Noch bevor ich merkte, was er vorhatte, war er auch schon an der Tür.
    »Du gehst? Machst du... machst du Schluss mit mir?«
    Bones drehte sich um. »Nein, Kätzchen. Ich will dir nur die Chance geben, alles zu überdenken, ohne von mir abgelenkt zu werden.«
    »Aber was ist mit Hennessey?« Jetzt benutzte ich ihn schon als Vorwand.
    »Francesca hat immer noch nichts Konkretes, und wir suchen ohnehin auf eigene Faust nach ihm. Eine kleine Ruhepause kann nicht schaden. Falls sich was tut, rufe ich dich an. Versprochen.« Er warf mir einen letzten, endlosen Blick zu, bevor er die Tür öffnete. »Wiedersehen.«
    Die Tür fiel ins Schloss, aber ich registrierte es gar nicht. Zwanzig Minuten lang saß ich nur da und starrte sie an, dann klopfte es.
    Erleichtert sprang ich auf. »Bones!«
    Es war ein junger Mann in Lieferantenuniform. »Pizzaservice«, sagte er mit professioneller Heiterkeit. »Macht siebzehn fünfzig.«
    Benommen gab ich ihm zwanzig Dollar und sagte, er solle den Rest behalten. Dann schloss ich die Tür und fing an zu heulen.
     

Kapitel 20
    Timmie betrachtete mich mit der gleichen morbiden Faszination, die man auch einem unberechenbaren Virus unter dem Mikroskop entgegenbringen würde.
    »Hast du immer noch nicht genug?«
    Ich hielt inne, den Löffel in der Hand, den ich gerade in die Schokoladeneiscreme senken wollte, und zog herausfordernd die Augenbrauen hoch.
    »Warum?«
    Er warf einen Blick auf die beiden leeren Eiscremebehälter zu meinen Füßen. Vielleicht starrte er aber auch die Ginflasche an, die wackelig neben mir auf dem Sofa stand. Egal.
    »Nur so!«
    Seit vier Tagen hatte ich Bones weder gesehen noch mit ihm gesprochen. Gar keine so lange Zeit, möchte man meinen. Naja, mir kam es vor, als wären es Wochen gewesen. Timmie wusste, dass irgendetwas im Busch war. Aus Höflichkeit oder Angst hatte er nicht gefragt, warum ein gewisses Motorrad in letzter Zeit nicht mehr in unserer Auffahrt parkte.
    Mechanisch erledigte ich meine täglichen Pflichten. Ging zu den Vorlesungen. Lernte wie besessen. Aß Süßigkeiten und Junkfood, bis meine Insulinwerte bedenklich in die Höhe schossen. Nur schlafen konnte ich nicht. Ich ertrug es noch nicht einmal, im Bett zu liegen, weil ich immer die Hand nach jemandem ausstreckte, der gar nicht da war. Hundertmal am Tag griff ich zum Telefon, nur um es dann wieder sinken zu lassen, ohne die Nummer gewählt zu haben. Ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte.
    Timmie bewahrte mich davor, völlig auszurasten. Er kam mich besuchen, sah bis tief in die Nacht mit mir fern, redete oder redete nicht mit mir, je nach meiner Befindlichkeit, und war einfach nur da. Ich war ihm so dankbar, fühlte mich aber trotzdem allein. Er konnte nichts dafür, dass ich mich verstellen und aufpassen musste, was ich sagte, dass ich wie üblich gezwungen war, eine Hälfte meiner Persönlichkeit zu verbergen. Nein, dafür konnte er wirklich nichts. Nur ich konnte etwas dafür, weil ich die einzige Person vergrault hatte, die mich je vorbehaltlos akzeptiert hatte, mit all den Makeln und Eigenheiten, die meine beiden Hälften zusammengenommen mit sich brachten.
    »Das ist

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