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Blutrote Lilien

Blutrote Lilien

Titel: Blutrote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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erzähle? Selbst mein Herr, der Prinz von Condé, konnte seine Augen kaum von Euch lassen. Und mein Herr ist ein schwer zu beeindruckender Mensch.«
    Bei der Nennung dieses Namens schlug mein Herz schneller. Neugierig betrachtete mich Angoulevent. Er musste gemerkt haben, dass ich bei der Erwähnung seines Herrn zusammengezuckt war. Ich versuchte, ihn mit leichtem Ton davon abzulenken, dass er einen wunden Punkt berührt hatte.
    »Ihr beliebt zu scherzen.«
    »Ist das so?«
    Ich konnte den Blick nicht deuten, mit dem er mich bedachte, aber die Art, wie sich seine Mundwinkel nach oben bogen, legte nahe, dass er sich über mich lustig machte.
    »Gestattet mir anzumerken, dass Ihr meinen Herrn vielleicht nicht so gut kennt wie ich. Nach all den Jahren habe ich gelernt, sein Verhalten zu deuten. Wäre es Euch denn nicht recht, wenn Ihr ihn beeindruckt hättet?«
    Wollte ich das? War es wirklich so wichtig, was der Prinz von mir dachte? Ich fragte mich, was schon geschehen würde, wenn der Prinz mich mochte. Es spielte ja überhaupt keine Rolle, schließlich war ich bereits einem anderen versprochen. Möglicherweise war es sogar besser, wenn der Prinz so unfreundlich zu mir war, dann war ich wütend auf ihn und lief nicht Gefahr, Sympathien für ihn zu entwickeln.
    In dem Moment, als ich Angoulevent antworten wollte, trat ein Diener an uns heran und verbeugte sich. »Mademoiselle de Montmorency, Euer Vater bittet Euch, ihm im Saal Gesellschaft zu leisten.«
    Ich nickte und wandte mich wieder Angoulevent zu. »Die Pflicht ruft.«
    »Dann will ich Euch nicht daran hindern. Wollt Ihr versprechen, möglichst bald wieder in einem Alkoven Platz zu nehmen, damit ich Euch Gesellschaft leisten kann?« Er griff nach meiner Hand und beugte sich darüber.
    »Ich verspreche es.«
    Als ich in den Saal zurückkam, stellte ich zu meinem Glück fest, dass de Bassompierre nicht an der Seite meines Vaters stand. Offenbar hatte er es aufgegeben, auf mich zu warten. Es war mir nur recht. Im Schein der Kerzen drehten sich die Paare, die seidenen Stoffe der Kleider schimmerten, und das Klirren der Gläser fügte sich in die Musik ein. Ein Diener bot mir ein Hors d’œuvre an, Lachs mit Meerrettich in der Form eines fünfzackigen Sterns, das ich dankbar entgegennahm. Unablässig redete Henri auf mich ein, zeigte auf diesen oder jenen und nannte mir Namen, die ich sofort wieder vergaß. Stattdessen beobachtete ich den Marschall de Vitry, der sich entgegen seiner mürrischen Natur als erstaunlich guter Tänzer erwies, als er seine Partnerin, eine zierliche Brünette, im Kreis drehte.
    Träge glitt mein Blick über die Anwesenden. Der König tanzte in der Mitte des Saals mit einer Frau, sicher eine seiner Favoritinnen, und die Königin stand mit säuerlichem Gesichtsausdruck nicht unweit entfernt. Neben ihr sah ich Leonora Concini, die der Königin immer wieder etwas ins Ohr flüsterte. Dabei verfolgte sie das Geschehen aufmerksam und sah aus wie ein Falke auf der Jagd.
    Mein Blick wanderte weiter, während ich an einem Glas Wein nippte, und fand auf der anderen Seite des Saals Condé, der an einer Säule lehnte und mich ansah. Es war mir unmöglich, mich von ihm abzuwenden, so intensiv starrte er mich an. Die Wärme im Saal und der Wein hatten auch ihm die Röte ins Gesicht getrieben und den Glanz seiner dunklen Augen verstärkt. Seine braunen Locken waren nach hinten gebunden. Die Enden des blauen Seidenbandes, das sie zusammenhielten, waren über seine Schulter nach vorn gerutscht und mussten ihn am Kinn kitzeln, denn mit einer raschen Bewegung schob er sie zurück, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen.
    Ob er noch manchmal an den Abend dachte, an dem wir uns zum ersten Mal gesehen hatten? Damals am Fenster, als wir noch nicht gewusst hatten, wer wir waren, und bevor die ersten harschen Worte gefallen waren. Ohne darüber nachzudenken, hob ich die Hand zum Gruß, wie ich es schon einmal getan hatte, und wartete mit angehaltenem Atem auf seine Reaktion.
    Es dauerte sechs Herzschläge, bis er ebenfalls die Hand hob. So standen wir da, unsere Blicke über die Menge hinweg ineinander verhakt, während sich um uns herum die Menge bewegte. Seltsam erstarrt fühlte ich mich losgelöst von den anderen, als würden Condé und ich in einer anderen Zeit stehen, in der es nur uns beide gab. Ich konnte sehen, wie sich seine Brust unter schnellen Atemzügen hob und senkte, und spürte, wie mein Herz sich diesem Rhythmus anpasste.
    Doch dieser Zustand

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