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Blutrote Lilien

Blutrote Lilien

Titel: Blutrote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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wurde jäh unterbrochen, als Henri mich anstupste, weil mich ein weiterer Mann zum Tanzen aufgefordert hatte, von dem ich gar nicht bemerkt hatte, dass er an uns herangetreten war.
    Widerwillig verließ ich meinen Platz und betrat am Arm des Mannes die Tanzfläche. Vergeblich versuchte mein Tanzpartner, mich in ein Gespräch zu verwickeln, doch ich hatte nicht einmal seinen Namen verstanden. Mir fielen keine Sätze ein, mein Kopf war wie leer gefegt und alle Konversationstechniken, die das Fräulein Meckerziege mir beigebracht hatte, waren vergessen. Nur noch das Bild von Condé, wie er die Hand gehoben hatte, brannte hinter meiner Stirn.
    Nach ein paar Minuten gab mein Tanzpartner mürrisch auf und wir brachten den Tanz schweigend hinter uns.
    Immer wieder bemühte ich mich, über seine Schulter hinweg Condé zu erspähen, aber es schien, als hätte der Prinz den Ballsaal vorzeitig verlassen.

- 13 -
     
    Am nächsten Morgen hatte ich nicht nur erneut Blasen, sondern auch ordentlich Kopfschmerzen, die der Wein mit sich gebracht hatte. Manon ließ mich zwei Stunden länger schlafen als üblich, dann brachte sie mir in einem Becher etwas zu trinken, das so furchtbar schmeckte, dass ich es am liebsten wieder ausgespuckt hätte, aber sie schüttelte den Kopf.
    »Hinunter damit! Ihr werdet sehen, danach wird es Euch besser gehen.«
    Mit zusammengekniffenen Augen und geballter Faust trank ich den Becher leer und schüttelte mich, aber Manon behielt recht. Kurze Zeit später fühlte ich mich tatsächlich schon wohler. Mein Frühstück bestand aus einem Stück Weißbrot mit etwas Konfitüre, während sich Orson an einer Wurst gütlich tat, die eigentlich für mich bestimmt gewesen war. Es tat mir nicht leid darum, denn schon bei ihrem Geruch war mir schlecht geworden.
    Sobald es meinem Magen etwas besser ging und ich wieder klare Gedanken fassen konnte, kehrten die Erinnerungen an den vorangegangenen Abend und somit auch an den Prinzen Condé zurück. Immer wieder sah ich ihn vor mir und es war mir nicht möglich, an etwas anderes zu denken.
    »Das kann doch nicht wahr sein«, murmelte ich und ärgerte mich über mich selbst. Die Enge des Appartements verstärkte noch meine Unruhe, deshalb schickte ich am Mittag einen Diener auf die Suche nach Sophie, die an diesem Tag ebenfalls keine Unterrichtsstunden bei Madame Morens hatte. Wie er mir später berichtete, fand er sie in der Bibliothek, in der sie einen Brief an ihren Bruder schrieb. Nachdem sie mein Billett gelesen hatte, packte sie sofort ihre Schreibutensilien zusammen und schickte nach ihrer Zofe. Wir trafen uns an der Porte de Bourbon, und ich musste feststellen, dass Sophie vernünftiger gewesen war als ich, denn offenbar hatte sie dem Wein wesentlich weniger zugesprochen. Ihren freundschaftlichen Spott über meinen schweren Kopf beantwortete ich mit einem Knuff in die Seite.
    Kurze Zeit später spazierten wir an der glitzernden Seine entlang und die frische Luft weckte meine Lebensgeister. Sogar Orsons Bellen konnte ich wieder ertragen, ohne dass mir der Schädel zu zerspringen drohte. Es war zwar kalt, aber windstill und der Himmel winterblau. In seinem wolkenlosen Anblick lag das Versprechen eines baldigen Frühlings, auf den die Menschen ungeduldig warteten, und es schien, als würde allein dieses Versprechen reichen, um ihre Laune zu heben. Sie nickten uns freundlich zu, und hin und wieder wehte ein Lachen zu uns herüber. Ganz Paris spürte es: Der Winter ging in die Knie.
    Wir liefen bis zur Anlegestelle Marchâs. Dort blieben wir stehen und starrten aufs Wasser, während um uns herum hektisches Treiben herrschte.
    Die Bootsführer schrien ihre Mannschaften an und auf den Stegen der Schiffe schwankten die Männer unter der Last der Waren, die sie aus den Bäuchen der Schiffe holten oder dorthinein schafften. Trotz des kalten Wetters schwitzten sie und auf ihren Hemden zeigten sich dunkle Flecken.
    Manon versuchte, uns davon zu überzeugen, an anderer Stelle zu warten, da ein solcher Ort kein Aufenthaltsplatz für Damen war. Aber ich mochte das scheinbare Durcheinander, das doch keines war, also blieben wir. Alles hier war ganz anders als im Louvre und genau deshalb gefiel es mir.
    Ich war in Gedanken noch immer so mit Condé beschäftigt, dass es eine Weile dauerte, bis ich bemerkte, dass Sophie stumm neben mir stand und mir unruhige Blicke zuwarf.
    »Was ist los?«, fragte ich und schaute sie mit hochgezogenen Brauen an.
    »Ich ...«
    »Ja?«
    »Gestern

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