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Blutrote Lilien

Blutrote Lilien

Titel: Blutrote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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Bewegungen kam mir sonderbar bekannt vor. Ich konnte ihn aber nicht einholen. Immer wenn ich glaubte, ihn erreicht zu haben, verschwand er wieder hinter einem Baum wie ein Irrlicht. Ich rief ihm mehrmals zu, aber er antwortete nicht.
    Als ich am nächsten Morgen erwachte und der Traum noch in mir nachklang, wusste ich endlich, an wen mich der Mann erinnert hatte.
    An Condé.
    Es beunruhigte mich etwas, dass er es geschafft hatte, sich in meine Träume zu schleichen, und ich nahm mir vor, in Zukunft weniger an ihn zu denken, damit das nicht noch einmal passieren konnte.
     
    Es waren aufregende Tage und der König eröffnete mir den Hof, wie ich ihn mir immer vorgestellt hatte: reich, amüsant und außergewöhnlich, randvoll mit schönen Dingen, die es nirgendwo sonst auf der Welt gab. Wenn ich mit ihm durch die königlichen Werkstätten ging, blieb mir vor Staunen der Mund offen stehen, bis der König über meine Begeisterung in Gelächter ausbrach.
    Eines Tages blieb ich auf einem unserer Rundgänge vor einem Porträt des Prinzen Condé stehen, das ihn als Jungen zeigte mit seinem Jagdhund. Schon damals hatte er einen ernsten Ausdruck und ich fragte mich, was er im Alter von fünf Jahren schon alles gesehen hatte.
    Der König blieb neben mir stehen und unter seinem prüfenden Blick brannten mir die Wangen. »Das Bild scheint es Euch angetan zu haben, Mademoiselle, so versunken wie Ihr in Condés Antlitz seid. Oder ist es gar nicht das Bild?«
    »Majestät, ich ...« Weiter kam ich nicht, denn er winkte ab und lächelte gutmütig.
    »Schon gut, Charlotte, Ihr müsst nicht antworten. Solche Blicke sind das Recht der Jugend, wer bin ich also, Euch danach zu fragen.« Er ging langsam weiter und ich folgte ihm nachdenklich. Was er wohl damit gemeint hatte?
    Doch für lange Grübeleien blieb keine Zeit, denn die Werkstätten boten zu viel Ablenkung, um allzu lange Trübsal zu blasen. Und wie sollte man nicht begeistert sein angesichts der Wunder, die die Handwerker vollbrachten? In den Werkstätten entstanden nicht nur Bilder, Skulpturen und Tapeten. Auch Goldschmiede waren dort ansässig, die Geschmeide herstellten, welche aussahen wie von Feenhand gemacht. Blumen aus Gold rankten sich um die Hälse der Damen, die solche Ketten in Auftrag gegeben hatten. Aber am meisten faszinierten mich die Uhrmacher, deren Automaten mich in ihren Bann schlugen. Der König schenkte mir einen Himmelsglobus, der durch ein Uhrwerk betrieben wurde und die Sternzeichen anzeigte. Sein Gehäuse war aus Messing, der Fuß aus Gold. Ich stellte ihn in unserem Appartement auf den Kaminsims und betrachtete ihn stundenlang, bis Manon ausrief: »Dieses Ding wird Euch noch verrückt machen, wenn Ihr es weiter so anstarrt!«
    »Ich habe dir doch gesagt, es gibt in Paris Automaten.«
    »Aber ich sehe darin noch immer keine Nützlichkeit.« Manon blieb stur und verschränkte die Arme. »Hilft es einem vielleicht beim Wäschewaschen oder bei den täglichen Pflichten? Nein. Was soll ich also damit anfangen können?«
    »Ach, Manon, darum geht es doch gar nicht. Es ist einfach dazu da, dass du dich daran erfreuen kannst, weil es so wunderschön ist. Fasziniert dich das denn gar nicht?«
    Daraufhin grummelte sie nur und ich musste lachen.
    Die Freude an solcherlei Wunderdingen ließ mich fast vergessen, dass uns auf jedem Schritt die Neugier der Diener und Höflinge folgte und nichts, was wir sagten oder taten, unentdeckt blieb. Wie die Krähen auf den Feldern lauerten sie auf Beute. Doch dem König schien das nichts auszumachen, vielleicht hatte er sich in all den Jahren längst daran gewöhnt.
    Jedes Mal, wenn ich von den Begegnungen mit dem König in unser Appartement zurückkehrte, setzte sich Vater mit mir hin und wollte peinlich genau wissen, worüber der König und ich uns unterhalten, was wir getan und gegessen hatten.
    Seit der ersten Einladung in die königlichen Gemächer näherten sich mir plötzlich Menschen, die mich vorher nicht eines Blickes gewürdigt hatten. Auf einmal erhielt ich Einladungen zu Banketten, Tanzveranstaltungen und Ausritten. Selbst Mathilde und Elisabeth grüßten mich, wenn sie mir auf dem Gang entgegenkamen.
    Vater überprüfte jede Einladung und verfasste meine Antwortschreiben. Ich bekam zunehmend das Gefühl, eingesperrt zu sein. Es fiel mir schwer, mich daran zu gewöhnen, dass Vater über den größten Teil meiner Zeit bestimmte. Während seiner langen Aufenthalte in Paris hatte ich in Chantilly zwar unter der Obhut

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