Blutrote Lilien
diese Abweisung doch. Die Königin sah mich nicht einmal an, gar nichts. Ich konnte nicht verstehen, was sie so gegen mich aufbrachte. Lag es wirklich nur daran, dass mich der König zu sich hatte bitten lassen? Sollte ich versuchen, ihr zu erklären, dass ich es nicht auf seine Gunst abgesehen hatte oder Zwietracht zwischen den Eheleuten säen wollte?
Doch der Diener versperrte mir den Weg. Die Königin wollte nicht reden, sie hatte ihre Entscheidung getroffen. Meine Vorstellung davon, mich mit ihr gut zu stellen, fand ein vorzeitiges Ende.
Das hatte Vater also gemeint, als er gesagt hatte, dass die Gunst der Monarchen schwer zu erreichen, aber leicht zu verlieren war.
Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen, aber ich wollte nicht, dass der Diener oder eines der Mädchen mich so sah, deshalb drehte ich mich abrupt um und lief den Gang zurück, den ich eben erst gekommen war. Ich war so empört über die ungerechte Behandlung, dass meine Hände zitterten.
Zu allem Unglück hörte ich auch noch eine bekannte Stimme hinter mir.
»Charlotte!«
Ich blieb nicht stehen. Wieder ertönte mein Name und kurz darauf fasste mich der Marquis de Bassompierre am Arm.
Wie immer sah er sehr attraktiv aus, das konnte ich nicht leugnen. An diesem Tag trug er eine hellgrüne Weste über dem Hemd, die einen schönen Kontrast zu seinen blonden Haaren bildete. Aber als ich sein Gesicht betrachtete, war der Zauber, den ich einmal dabei verspürt hatte, verschwunden.
»Was wollt Ihr?«, fragte ich und versuchte, meine Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Der Marquis hatte mir jetzt gerade noch gefehlt!
»Es hat fast den Anschein, als würdet Ihr mir aus dem Weg gehen.«
»Ihr irrt Euch, Marquis. Es hat nicht nur den Anschein, es ist auch so.«
»Was hat Euch denn so verstimmt, meine Liebe?«
Ungläubig sah ich ihn an. »Das fragt Ihr allen Ernstes? Der ganze Hof klatscht über uns und nicht ein einziges Mal habt Ihr Euch bei mir entschuldigt.«
»Ihr dramatisiert. Und Ihr hängt auch noch immer dieser Sache nach. Ich hatte gehofft, dass Ihr in der Zwischenzeit zur Besinnung gekommen wärt.« Er seufzte übertrieben und hob dann die Arme, als würde er auf einer Bühne stehen. »Ich wüsste auch gar nicht, wofür ich mich entschuldigen sollte, schließlich wart Ihr es, die meine Gemächer unangemeldet und allein aufgesucht hat, das dürft Ihr nicht vergessen. Ihr tragt also selbst Schuld daran, dass diese Geschichte so unerfreulich geworden ist.«
Sprachlos starrte ich ihn an. Im Moment fehlte mir die Kraft, mit ihm zu streiten, daher drehte ich mich nur um und setzte meinen Weg fort, doch de Bassompierre blieb an meiner Seite.
»Wie ich hörte, hat die Königin Euch aus Eurer Verantwortung im Ballett enthoben.«
»Solche Sachen sprechen sich hier schnell herum.«
»Nun ja. Der Diener sagt es dem Pagen, der erzählt es der Zofe und die wiederum ihrer Herrin, und voilà.« Er zuckte mit den Schultern, als mache es ihm nicht das Geringste aus, dass sein Leben unter den Blicken der Dienerschaft stattfand.
»Die Königin hat mich ersetzt, wenn es das ist, was Ihr wissen wollt.«
»Das ist schade. Ich gebe zu, ich hatte gehofft, die Königin würde an Eurer Gesellschaft Gefallen finden. C’est la vie«, er hob die Arme, »dann werden wir eben mehr Zeit mit dem König verbringen.«
»Wir?«
»Nun ja, ich werde Euch selbstverständlich zu den Empfängen begleiten, denen Ihr auf Einladung des Königs folgt.«
»Werdet Ihr?«
Er nickte.
»Erlaubt mir ebenfalls eine Bemerkung, Marquis. Wenn Ihr Euch noch weiter aufplustert, könnten Euch die Leute mit einem Pfau verwechseln!« Mit diesen Worten ließ ich ihn stehen.
Unmöglich, sich vorzustellen, dass ich mit diesem Mann einmal unter einem Dach wohnen, geschweige denn ein Schlafzimmer teilen sollte. Außer seinen eigenen Interessen schien er nichts und niemanden wahrzunehmen. Zu meiner Erleichterung versuchte er dieses Mal nicht, mir zu folgen.
Nachdem ich in mein Zimmer zurückgekehrt war, erwartete ich, dass Vater oder Henri jeden Moment hereingestürmt kamen, um mich zu fragen, wie es zum Bruch mit der Königin hatte kommen können. Orson, der meine Unruhe spürte, sprang aufgeregt um mich herum, bis Manon ihn mit einem Diener nach draußen schickte, damit er sich im Park vor den Tuilerien austoben konnte.
Als nach einer Stunde immer noch niemand gekommen war, beschlich mich der Verdacht, dass sie mit der Ungnade der Königin gerechnet hatten, sobald der König
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