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Blutrote Lilien

Blutrote Lilien

Titel: Blutrote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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sich dagegen jederzeit vom Hof zurückziehen können, um mit Euch auf seine Anwesen zu verschwinden, wo der König keinen Zugriff auf Euch gehabt hätte.«
    Auf einmal ergab die spontane Entscheidung des Königs viel mehr Sinn. Ob es ihm tatsächlich nur darum ging, dass ich ihm Gesellschaft leisten musste, wann immer er wollte? War er bereit, dafür zwei andere Menschen ins Unglück zu stürzen? Die gelöste Verlobung mit de Bassompierre sah plötzlich viel weniger nach einer guten Tat aus. Kein Wunder, dass Condé so zornig darauf reagierte. Er hatte den König wohl viel schneller durchschaut als ich. Der Knoten in meinem Magen kehrte zurück und mit Erschrecken stellte ich fest, dass hier am Hof wirklich jeder nur seiner eigenen Agenda folgte.
    »Ihr solltet Euch in nächster Zeit ein bisschen vorsehen, Charlotte«, flüsterte der Prinz auf einmal eindringlich, und ich sah ihn irritiert an.
    »Was meint Ihr damit?«
    »Ihr habt gesehen, was Angoulevent passiert ist. Der Hof ist ein faszinierender Ort, aber er ist auch gefährlich. Diese neue Verbindung wird einigen nicht gefallen. Nehmt Euch in Acht vor Neidern. Ich ...«
    Ein Geräusch in der Nähe des Alkovens schreckte uns auf. Als wir uns danach umdrehten, sahen wir einen Diener, der sich hastig entfernte. Mit zusammengezogenen Augenbrauen blickte Condé ihm nach. Noch einmal flüsterte er: »Nehmt Euch in Acht«, dann verließ er den Alkoven und ließ mich nachdenklich zurück.
    Mein Weg zu unserem Appartement führte mich durch den Ballsaal. Noch immer klopfte mein Herz und zitterten meine Hände. Ich hatte das Gefühl, mir konnte jeder anmerken, dass etwas Entscheidendes vorgefallen war. Dabei sahen mir die meisten Leute wahrscheinlich nur deshalb nach, weil ich nicht aufpasste, wohin ich lief, und ein ums andere Mal mit jemandem zusammenstieß.
    Den Ballsaal zu durchqueren, war keine einfache Angelegenheit, denn eine Schaustellertruppe probte darin, die die Königin für ihr Fest engagiert hatte. Ihr Gelächter war im ganzen Flügel zu hören. Begleitet von Trommeln und Tamburinen. Als ich den Saal betrat, sah ich als Erstes einen Feuerschlucker, der große Flammen aus dem Mund pustete. In der Luft hing der Geruch nach Schwefel. Andere Männer bildeten eine Pyramide und zwei Mädchen wirbelten mit Stöcken, an denen bunte Stoffbahnen befestigt waren. Sie mussten aufpassen, dass sie dem Feuerschlucker nicht in die Quere kamen. Ihre Kostüme bestanden aus unzähligen bunten Flicken, an denen blinkende Münzen befestigt waren, sodass ein ständiges Klirren zu hören war.
    Angoulevent stand mit einem bärtigen Mann abseits, der ihm mit wilden Handbewegungen etwas erzählte und dabei Gefahr lief, dem Narren auf die Nase zu hauen, der ihm nur bis zur Brust reichte. Beim Anblick des Narren hob sich der Ring um meinen Brustkorb und ich hatte das Gefühl, etwas freier atmen zu können. Als er mich sah, unterbrach er das Gespräch und kam auf mich zu.
    »Was ist Euch geschehen, Teuerste?«, fragte er und zog mich zu einer Bank am Fenster. »Ihr seht aus, als wärt Ihr einem Geist begegnet.«
    Einen Moment fehlten mir die Worte und beruhigend legte der Narr mir die Hand auf die Schulter.
    »Der König ... er hat die Verlobung mit dem Marquis de Bassompierre gelöst.«
    »Und darüber seid Ihr verstimmt?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Er hat vor, mich neu zu vermählen.«
    »Mit wem?«
    »Eurem Herrn.«
    Das ließ Angoulevent stumm zurück und es dauerte eine ganze Weile, bis er sich räusperte und murmelte: »Nun, das kommt sicher unerwartet.«
    »Das könnt Ihr laut sagen.« Ich seufzte. »Ihr kennt Euren Herrn, es mangelt Euch sicher nicht an Fantasie, Euch auszumalen, wie er auf die Neuigkeiten reagiert hat. Er glaubt, ich hätte ihn in eine Falle gelockt und den König dazu angestiftet, uns zu vermählen.«
    »Eine vertrackte Sache, meine Liebe. Der Prinz kann zuweilen recht ... impulsiv sein.« Ein kleines Lächeln umspielte auf einmal seinen Mund. »Seht Ihr, ich habe immer gesagt, dass Ihr eine Prinzessin seid, und nun werdet Ihr tatsächlich eine.«
    »Ich habe den Eindruck, Ihr findet die Sache auch noch amüsant, Angoulevent.«
    »Mitnichten, Schönste. Die Angelegenheiten des Herzens sind selten komisch, auch wenn sie sich für komödiantische Stücke hervorragend eignen. Aber so ist das eben, man lacht über das Herzensleid der anderen immer mehr als über das eigene. Und wie steht Ihr zu dieser neusten Entwicklung?«
    »Ich will ehrlich zu Euch sein,

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