Blutrote Schwestern
was in der Welt los ist. Ihr habt die Macht, etwas dagegen zu unternehmen. Und ihr … ihr lasst mich im Stich. Ich soll es allein durchziehen.«
»Wir sind alle Jäger, Scarlett. Aber das ist nicht alles auf der Welt. Man muss wissen, dass man nicht alles bekämpfen …«
»Ja«, falle ich Rosie ins Wort, meine Stimme gleicht einem Knurren, »Ich
kann
kämpfen. Weil es das Richtige ist, Rosie. Wie viele Mädchen hätten gerettet werden können, wenn du nicht Gott weiß wie viel Zeit in Tanzstunden oder hier mit
ihm
verbracht hättest?«
»Es tut mir leid«, würgt Rosie heraus, das Gesicht tränenüberströmt.
Silas wirft ihr einen schmerzerfüllten Blick zu.
»Scarlett, wir …«, unterbricht er mich, aber ich lasse ihn gar nicht erst zu Wort kommen.
»Ah ja!«, kreische ich mit falschem Enthusiasmus. »
Wir!
Du und meine
kleine Schwester,
Silas. Ihr seid ein glückliches kleines Paar, oder?« Ich schüttele den Kopf, presse durch die zusammengebissenen Zähne hervor: »Ich kann nicht … Ich
will nicht
länger hierbleiben.«
Rosie greift nach mir, aber ich ziehe die Hand weg. »Nein«, fahre ich sie an. »Fass mich nicht an.«
Wir drei starren einander an, unsere Gesichter vom Schmerz gezeichnet.
Dann drehe ich mich um, reiße die Tür auf und gehe.
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Kapitel 18
Rosie
A ls Scarlett die Tür hinter sich zuschlägt, breche ich in abgehackte Schluchzer aus. In meiner Brust tobt ein Schmerz, als wäre mein Herz gestorben. Vielleicht haben sich unsere Herzen nun doch getrennt, zwei statt einem. Ich verschränke die Arme über der Taille, weine, schnappe nach Luft und ignoriere die brennenden Tränen auf meinen Wangen.
Silas wendet sich mir zu, bewegt sich aber nicht. »Rosie«, sagt er sanft. Mehr braucht es nicht. Ich lasse mich nach vorn fallen und von ihm in die Arme schließen, presse die Stirn gegen seine Wange.
»Wir sollten das nicht tun. Wir hätten es nicht tun dürfen. Sie ist meine Schwester.«
»Sag so etwas nicht«, murmelt Silas flehentlich in mein Haar. »Bitte sag so etwas niemals.«
»Wir sind Jäger«, sage ich erstickt.
»Ja, natürlich sind wir das. Wir sind … wir sind mehr, aber …« Er schüttelt den Kopf und schiebt mich auf Armeslänge von sich, dann beugt er sich herab, um mir in die Augen zu schauen. »Ich wollte nicht, dass wir ihr weh tun, Rosie, aber ich würde nichts davon ungeschehen machen. Ich kann nichts ungeschehen machen, ich liebe dich zu sehr.«
Ich versuche, ihm zuzustimmen, ihm zu sagen, dass auch ich ihn liebe,
irgendwas,
aber ich finde die richtigen Worte nicht. Silas zieht mich wieder an sich, und meine Tränen durchnässen sein T-Shirt.
Er neigt den Kopf und spricht sanft, während er die Finger durch mein Haar gleiten lässt. »Ich werde ihr hinterhergehen. Wir können sie nicht einfach davonrennen lassen. Kommst du mit?«
»Ich …« Ich denke an den dunklen, tragischen Ausdruck auf Scarletts Gesicht, als sie Silas und mich überrascht hat. Ich schüttele den Kopf, bin kurz davor, wieder zusammenzubrechen. »Ich kann nicht. Sie hasst mich.«
»Sie liebt dich«, sagt Silas bestimmt. Er zieht mich an sich und küsst meine tränennassen Wangen. »Los, komm. Wir suchen getrennt, sie kann noch nicht weit sein.«
Ich kämpfe die letzten Tränen hinunter und nicke. Silas legt die Lippen auf meine Stirn und drückt mich fest.
»Okay. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Lass uns losgehen. Ich laufe nach Norden, du nimmst den Süden. Ich verspreche es, wir werden sie nach Hause zurückholen.«
Ich nicke wieder. Silas geht langsam zurück, als hätte er Angst, ich könnte zusammenbrechen, wenn er mich nicht länger stützt. Ich winke ihm und bedeute ihm zu gehen, und mit einem weiteren besorgten Blick in meine Richtung wirft er die Tür auf und stampft die Treppe nach unten, wobei er jeweils zwei Stufen auf einmal nimmt. Während ich den Messergürtel an meiner Taille befestige, atme ich tief ein.
Wenn wir in Ellison wären, wüsste ich genau, wo ich meine Schwester finden kann. Aber hier in der Stadt fühle ich mich hilflos, wie jemand, der den Namen eines weggelaufenen Hundes in die Nacht hinausschreit, ohne zu wissen, wo er mit der Suche beginnen soll. Ich mache mich auf den Weg ins Geschäftsviertel. Meine Augen sind geschwollen, und meine Nase läuft so stark, dass alle Leute, die mir begegnen, den Blick abwenden. Was für ein Mensch bin ich nur? Ich habe meine Schwester gegen Tanzkurse und Küsse getauscht. Aber obwohl ich mich mit
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