Blutrote Sehnsucht
Yancy ist sein Anwalt«, erwiderte Ann ruhig. »Ich habe sie heute hierher eingeladen, um die Situation zu klären. Nehmen Sie doch bitte Platz, meine Herren – Sie alle – und setzen auch Sie sich bitte, Mrs. Simpson!« Sie zeigte auf die bequemen Sessel vor dem Kamin. Mr. Yancy und Mr. Brandywine setzten sich nebeneinander, Reverend Cobblesham ließ sich wieder auf seinem Platz nieder. Squire Fladgate hatte vor Empörung einen roten Kopf bekommen, aber er kam Anns Bitte ebenfalls nach. Mrs. Simpson hockte sich nervös auf die Kante eines Sessels. Nur Erich war stur genug, stehen zu bleiben.
Ann ließ sich anmutig in einem der roten Ledersessel nieder. »Ich danke Ihnen, meine Herren. Und nun lassen Sie uns zur Sache kommen. Mr. Yancy, Sie haben das Testament meines Onkels in Verwahrung?«
»So ist es, Miss van Helsing. Ich habe eine Kopie bei mir, falls jemand sie sehen möchte.«
Ann sah, wie Erichs Augen sich verengten. »Ist das Testament in letzter Zeit verändert worden?«
»Nun, in den vergangenen Wochen hat Lord Brockweir einige kleine Korrekturen vorgenommen.«
Ein misstrauischer Ausdruck erschien auf Erichs Zügen. »Hat er irgendwelche unerwarteten Vorsorgen getroffen?«, erkundigte er sich.
»Überhaupt keine, Mr. van Helsing. Es gibt ein paar kleinere Legate an die Dienstboten und Lord Brockweirs bevorzugte karitative Organisationen. Doch abgesehen davon geht der gesamte Besitz, dazu gehören Maitlands und Buckley Lodge sowie Lord Brockweirs eigene Ländereien in Derbyshire und sein Stadthaus in London und die Pacht und Einnahmen daraus und all das in Fonds angelegte Geld, an Miss van Helsing.«
»Und all das ist keiner Verfügungsbeschränkung unterworfen?«, fragte Erich scharf.
»Nein. Mit der einen Ausnahme natürlich, dass Miss van Helsings gesamtes Vermögen an die Krone zurückfällt, falls sie verstirbt, ohne geheiratet zu haben. Aber das war Ihnen ja bekannt.« Mr. Yancys Stimme war sehr sachlich und gemessen. »Aus dem Schreiben, das ich Ihnen vor einigen Jahren an die Adresse von Anns Vater sandte.«
Erich sah aus wie eine Katze, die eine Maus gefangen hatte, und neigte herablassend den Kopf.
»Und warum ist das Testament keiner Verfügungsbeschränkung unterworfen?«, erkundigte sich Ann.
»Ihres Alters wegen, Miss van Helsing.« Mr. Yancys bedächtige Stimme war beruhigend.
»Aha.« Sie warf Erich einen Blick zu, der einen grimmig-entschlossenen Gesichtsausdruck zur Schau trug. Er musste sich der Gefahr für ihn bewusst sein. Sie sah, wie berechnend sein Blick wurde. »Und deshalb kann ich über das Erbe verfügen, wie ich will?«
»So ist es«, bestätigte Mr. Yancy.
Erich warf ihr einen argwöhnischen Seitenblick zu.
»Unverzüglich?«, hakte sie nach.
»Ja.« Yancy klang, als wäre er sich völlig sicher. Gott segne ihn! Es war genau das, was sie von ihm zu hören gehofft hatte.
»Vorausgesetzt, dass sie zurechnungsfähig ist«, warf Erich ein, als spielte er einen Trumpf beim Pikett aus. Er warf dem Friedensrichter und Reverend Cobblesham einen Blick zu, bevor er fortfuhr: »Nach Aussage eines ihrer Angestellten, Mr. Yancy, bestimmt das Testament, dass Sie, falls Ann nicht zurechnungsfähig ist, bis zu ihrem Tod oder ihrer Heirat den Trust verwalten und dass in letzterem Fall das Vermögen an ihren Ehemann übergeht. Und ich glaube, Ann hat uns dieser Tage auf sehr anschauliche Weise demonstriert, dass sie nicht zurechnungsfähig ist.« Er seufzte. »Aber es ist ein Zeichen meiner Liebe und meines Respekts für sie, dass ich bereit bin, diese Bürde durch Heirat auf mich zu nehmen und für den Rest ihres Lebens für sie zu sorgen.«
Und für mein Geld, dachte Ann spöttisch, ohne sich etwas anmerken zu lassen.
»Nun, ich danke Ihnen für die Neuigkeiten, Mr. Yancy.« Erich erhob sich. »Ich bleibe in Kontakt mit Ihnen. Wenn Sie uns jetzt entschuldigen würden – Reverend Cobblesham hat heute noch andere Verpflichtungen und würde gern mit der Trauung fortfahren. Mrs. Simpson kann Sie hinausbegleiten.«
»Oh, nein, mein Lieber, es wird keine Trauung geben«, bemerkte Ann. »Ich habe nicht zugestimmt, deine Frau zu werden.«
So, jetzt war es heraus. Aber an Erichs Gesichtsausdruck erkannte sie, dass er noch nicht aufgegeben hatte.
»Er hat eine Sondererlaubnis«, protestierte Mr. Cobblesham. »Und den Segen Ihres Onkels.«
»Es dürfte doch sowohl Ihnen als auch Squire Fladgate klar sein, dass das unerheblich ist, wenn die junge Frau der Ehe nicht zustimmt?«,
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