Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
Vom Netzwerk:
hat eine Gravur, und deswegen wird sie niemand kaufen.«
    Harris war kreidebleich geworden. »Du bist der Einzige, der das weiß!«, fuhr er Jemmy wütend an.
    »Jetzt nicht mehr«, warf Ann ruhig ein.
    Squire Fladgate sah aus, als würde ihm jeden Moment der Kragen platzen. Er stieß seinen Stuhl um, als er aufstand. »Watkins, Stanhope, nehmen Sie diese Männer fest! Wir werden uns darum kümmern.« Der Wirt und zwei andere Männer ergriffen Harris und Jemmy Minks.
    »Jemmy wurde nur auf den falschen Weg gebracht«, sagte Ann schnell zu dem Richter, weil sie nicht wollte, dass der Junge verhaftet wurde. Sie verstand seine Selbstzweifel und die Scham über seine uneheliche Herkunft, die ihn für Harris’ Niedertracht so empfänglich machten. »Er hat ein schweres Leben gehabt. Ohne Harris, der ihm Angst einjagt, hätte er sich bestimmt nicht in Schwierigkeiten gebracht.« Der Squire zog die Brauen hoch über diesen weiteren Beweis für Anns seltsame Fähigkeiten. »Er verdient eine zweite Chance«, sagte sie.
    Jemmy wusste nicht, ob er protestieren oder ihr danken sollte, und so blickte er stattdessen furchtsam Harris an. Ann hätte ihn küssen können für diesen Blick, weil er jedes ihrer Worte bestätigte.
    »Wir werden sehen«, brummte der Richter. »Aber ob es wahr ist oder nicht – all das spricht Sie, junge Frau, noch lange nicht von den Morden frei.«
    Nein. Tatsächlich hatte sie ihnen sogar noch mehr Anlass gegeben, sie zu fürchten.
    »Es hat noch einige andere Morde wie diesen gegeben«, erhob der dunkelhaarige Fremde namens Stephan Sincai hinter ihr die Stimme. »In Winscombe und in Shepton Mallet. Ziemlich groß gewachsene Männer sind nicht allzu weit von Ihrem schönen Dorf ermordet worden. Miss van Helsing ist eine höchst unwahrscheinliche Verdächtige für solche Verbrechen. Vielleicht könnten Sie sich mit der Polizei in diesen Städten in Verbindung setzen, bevor Sie diese junge Frau verhaften?«
    Man darf nicht dankbar sein für Morde , dachte Ann mit schlechtem Gewissen.
    »Woher wissen Sie von diesen Morden?« Der Squire traute Sincai nicht.
    Ann wandte den Kopf, um zu sehen, was der Mann zu sagen hatte. Er streifte sie mit einem gleichgültigen Blick. Warum verteidigte er sie, wenn er nichts für sie empfand?
    »In den Wirtshäusern in der Umgebung wird viel darüber gesprochen.« Sincai schnippte ein Fädchen von seinem ansonsten makellosen dunklen Rock.
    »Es ist doch merkwürdig, dass Sie rein zufällig ...«
    »Kommen Sie gar nicht erst auf die Idee, ihn zu beschuldigen«, unterbrach Ann Squire Fladgate. »Er hat mich vor dem Mörder gerettet, den Sie wirklich suchen. Also kümmern Sie sich um jene anderen Morde, Squire, und in der Zwischenzeit gehe ich nach Hause!« Sie wandte sich zur Tür. »Jennings?«
    Stephan Sincai trat ihr in den Weg. Sie blickte zu dem düsteren, grimmigen Gesicht auf und wartete darauf, dass er sie vorbeiließ. Als er mit einer leichten Verbeugung beiseitetrat, konnte sie spüren, wie sie errötete.
    »Danke.« Aber ihre Stimme klang nicht halb so dankbar, wie er es verdiente. Dafür war jetzt keine Zeit. Sie musste unverzüglich gehen, bevor die Situation sich wieder zuspitzte. Gefolgt von Jennings, ging sie langsam und beherrscht hinaus zu ihrer Kutsche. Aus der Abenddämmerung war inzwischen Nacht geworden. Jennings nahm dem Pferdeknecht die Zügel ab und wartete, bis Ann in die Kutsche gestiegen war und die Tür hinter sich zugezogen hatte. Dann setzte er mit einem Zügelklatschen die Pferde in Bewegung, und die Kutsche rollte aus dem Hof.
    Es war vorbei. Tränen, die sich nicht mehr niederkämpfen ließen, wallten in Ann auf und flossen über ihre Wangen. Sie blickte sich nicht mehr um. Es war ihr egal, ob sie Harris verhafteten; es kümmerte sie nicht einmal, ob sie auch Stephan Sincai in Gewahrsam nahmen. Sie würde nach Maitlands Abbey mit seinen schützenden Bergen zurückkehren und sie nicht eher wieder verlassen, bis sie in einem Sarg hinausgetragen wurde.
    Die Versammlung brach in wilde Spekulationen aus, als die kleine Van Helsing ging. Harris wurde aus dem Raum geschleppt. Der Squire forderte Ruhe im Saal. Stephan Sincai zog sich von der Tür zurück. Wie konnte ich mich nur einmischen?, fragte er sich ärgerlich. Das Mädchen hatte nichts zu tun mit seiner Aufgabe. Sie lenkte ihn höchstens davon ab. Indem er sie verteidigte, zog er nur die Aufmerksamkeit der kleinen Gemeinde von Cheddar Gorge auf sich und ging ein unnötiges Risiko ein. Die

Weitere Kostenlose Bücher