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Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Squires
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äußerst seltsam waren.«
    Ein Murmeln, eine Art wohlige Furcht, ging durch den Raum.
    »Es wurde von Doktor Denton nachgewiesen, dass Miss Flanagan durch ... ähm, Ausblutung zu Tode kam.«
    »Was heißt das, Sir?«, rief Harris.
    »Dass ihr ihr Blut genommen wurde.«
    Ein kollektives Nachluftschnappen wurde in der Menge laut. Ein Mädchen mit stark geröteten Augen, das Bier servierte, rannte heulend aus dem Raum. Sicher eine Freundin Mollys, dachte Ann.
    Dann versuchte sie, sich auf die Ausführungen des Friedensrichters zu konzentrieren. Sie musste Jemmy aus ihrem Kopf verbannen, wenn sie sich nicht in einer Gefängniszelle wiederfinden wollte. »Und Sie glauben, ich hätte das getan?« Sie presste die Finger an die Schläfen und versuchte, klar zu denken. In der Kutsche hatte sie sich zurechtgelegt, was sie sagen wollte, doch die von Jemmys Berührung in ihr ausgelösten Emotionen hatten sie vollkommen aus dem Konzept gebracht. Fast so, als wäre sie selbst zu nichts verblasst oder hätte sich mit Jemmy vermischt und könnte sich nie wieder von ihm lösen. Bitte, lieber Gott, lass mich nicht wie eine Wahnsinnige erscheinen!, betete sie stumm. Was konnte sie zu ihrer Verteidigung vorbringen?
    »Sie wurden am Tatort angetroffen. Und Sie sind für Ihre merkwürdigen Gewohnheiten bekannt.«
    »Molly war um die zwanzig Kilo schwerer als ich und etwa zehn Zentimeter größer.« Das war es, was sie hatte sagen wollen. Gut, dass es ihr wieder eingefallen war! »Wie hätte ich sie überwältigen können?«
    »Hexerei«, warf Harris ein. »Du hast sie deiner Macht unterworfen wie unseren armen Jemmy hier.«
    Dazu konnte sie nun wirklich nicht viel sagen. Jemmy saß auf einer Bank, hielt einen Bierkrug zwischen den Händen und trank wie ein Verdurstender. Es war offensichtlich, wie benommen er noch immer war.
    »Ich habe Molly nicht verhext.« Ann zwang sich, ruhiger zu klingen, als sie war. »Aber ich habe einen Mann gesehen, der sich über sie beugte und ...« Von den roten Augen oder den Wolfszähnen durfte sie nichts erzählen, weil die Leute sie sonst mit Sicherheit für irre halten würden. »Und ... an ihrem Hals saugte.«
    Der Friedensrichter winkte ab. »Darauf haben wir nur Ihr Wort.«
    »Und das meine.« Die tiefe Stimme hinter ihr veranlasste alle Anwesenden, sich umzudrehen.
    »Und wer sind Sie? Sie haben sich mir gestern Nacht nicht vorgestellt«, entgegnete der Richter scharf.
    »Stephan Sincai«, erwiderte der Fremde, der lässig im Türrahmen lehnte. Er wirkte vollkommen entspannt, aber zugleich auch überquellend von verborgener Kraft, wie das schnellste Pferd in der Grafschaft, wenn es gemächlich über die Straße trabte. Selbst die Luft im Raum knisterte von der Macht seiner Präsenz.
    »Und woher kommen Sie?« Niemand in dem Gastraum mochte Fremde, und der Squire schon gar nicht, besonders wenn sie es auch noch wagten, ihn herauszufordern. Er war es gewohnt, die uneingeschränkte Macht im Dorf zu haben.
    »Ist das wichtig?« Sincai schien nicht der Typ zu sein, der sich verpflichtet fühlte, jede Frage zu beantworten.
    »Als Friedensrichter habe ich das Recht zu erfahren, mit wem ich es zu tun habe«, plusterte der Squire sich auf. Mit seinen Hängebacken und der behäbigen Blasiertheit erinnerte er Ann plötzlich an eine Bulldogge.
    »Ich komme von östlich der Donau«, sagte der Fremde.
    »Donau! Und was für ein Land ist das?«
    »Es waren einmal viele Länder. Walachei, Ungarn, Rumänien ...«
    »Und was ist es jetzt?«, unterbrach der Friedensrichter ihn gereizt.
    »Nennen wir es Transsylvanien.«
    »Ein verdammter Zigeuner ist er«, murmelte Harris. »Denen kann man nicht vertrauen. Die klauen wie die Raben.«
    Ann wandte sich ihm zu. »Und Sie wissen das natürlich, Mr. Harris, nicht?« Ihr kam es vor, als stünde sie vor Gericht, weil sie anders war, und als wollten sie auch diesen Mr. Sincai als Furcht einflößend und anders hinstellen, um auch seine Aussage anzweifeln zu können. »Ein feiner Friedensrichter sind Sie!«, fauchte sie den Squire an. »Was haben Sie wegen der Raubüberfälle in Winscombe unternommen? Haben Sie herausgefunden, wer diesen jungen Mann niedergeschlagen und seinen Siegelring und seine silberne Uhr gestohlen hat? Oder die Perlen dieser alten Frau? Fragen Sie doch mal Mr. Harris! Er hat Jemmy nämlich dazu angestiftet, ihn auf diesen Raubzügen zu begleiten. Oder, besser noch, schauen Sie doch mal unter Mr. Harris’ Matratze nach! Da werden Sie die Uhr finden. Sie

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