Blutrote Sehnsucht
zurückhalten und kam im selben Moment wie die beiden Frauen.
»Er hat Potenzial«, hörte er Deirdre sagen, als er seinen Gefühlen freien Lauf ließ und sich in einem Rausch aus Hitze, Lust und Schweiß verlor.
Das war natürlich nicht das Ende. Himmel! Stephan fuhr sich mit den Händen durch das Haar. Selbst zwei Jahre und tausend Meilen weit entfernt von dieser Nacht brachte die Erinnerung daran ihn immer noch zum Schwitzen. Es war kein Liebesakt gewesen. So konnte man das nicht nennen. Sie hatten ihn benutzt. Aber hatte er sich nicht nur allzu gern benutzen lassen? Er hatte der Heftigkeit ihrer Begierde nicht widerstehen können, weder in jener Nacht noch in irgendeiner anderen.
Er verdrängte die Scham, die ihn erfasste. Es war nötig gewesen. Das hatten sie ihm gezeigt. Er wünschte nur, er wäre ein fruchtbarerer Nährboden für ihre Lehren gewesen.
»Möchte jemand noch einmal?«
Stephan öffnete einen Spalt die Augenlider. Deirdre lag nackt auf dem Diwan, der dem Kamin am nächsten war. Die Schatten und das Licht, die das verglimmende Feuer auf ihr Gesicht warf, ließen sie wie einen Dämon erscheinen. »Er hat sich völlig verausgabt, aber ich kann ihn wieder auf die Beine bringen, wenn ihr wollt.«
»Nein, nein, meine Liebe. Ich könnte gar nicht mehr.« Freya fächelte sich Luft zu und ließ sich auf den anderen Diwan fallen. Sie hatte einen biegsamen, athletischen Körper, mit kräftigen Waden und geschmeidigen Muskeln an ihrem Rücken. »Drei Mal ist das Maximum für mich heute Nacht. Oder war es vier Mal?«
»Ich muss zugeben, dass ich seit Jahren nicht mehr so angenehm erschöpft gewesen bin«, sagte Estancia mit kindlich hoher Stimme und ging zu Stephan, um mit einer Hand sein Kinn zu heben. »Ich denke, er hat das Potenzial, meint ihr nicht, Schwestern?«
»Das Potenzial für was?«, fragte Stephan mit kraftloser Stimme. »Das hier ist doch keine Ausbildung ...«
Estancia schlug ihn so hart ins Gesicht, dass sein Kopf zur Seite flog. »Stell unser Handeln nie infrage! Niemals, hörst du?«
»Komm her, Büßer, und knie dich hin!« Deirdres Stimme war von eiserner Entschlossenheit und mit dem geistigen Zwang ihres Gefährten unterlegt. Stephan konnte jedes ihrer Tausende von Lebensjahren spüren in der Macht, die ihn durchpulste. Er wehrte sich gegen den Drang zu gehorchen, aber sie war stärker. Mühsam kämpfte er sich von der Steinbank hoch, wankte zu dem Diwan hinüber und ließ sich auf die Knie fallen. Deirdre beugte sich vor und sah ihn grimmig an. »Du sprichst nicht, wenn du nicht gefragt wirst. Wir werden dir sagen, was du zu tun hast und was du wissen musst.« Sie erhob sich und ging um ihn herum. »Du wirst schnell, eifrig und ohne Widerworte gehorchen.«
»Das ist ein Teil der Unterdrückung jeglicher Emotion, der für deine Ausbildung unentbehrlich ist«, erklärte Freya. Ihr Gesichtsausdruck war sanft. War es Mitgefühl oder etwas anderes?
»Er braucht nur zu wissen, dass er bestraft wird, wenn er es nicht tut«, wandte Estancia ein und streckte ihren fülligen Körper auf dem dritten Diwan aus. »Oder wir könnten dich auch von unserem Vater bestrafen lassen.«
Freya erhob sich von ihrer Chaiselongue und zog einen seidenen Morgenmantel über. »Droh ihm nicht, Stancie. Stephan will gehorchen. Er will lernen, seine Macht zu vergrößern und sie zu beherrschen. Er will büßen, die Gelübde ablegen und Frieden schließen mit seinen vergangenen Taten und mit seiner Seele ins Reine kommen.«
Sie hatte recht. Das ist es, was ich will, dachte er mit einer leichten Verneigung vor ihr. Es gehörte zu seiner Buße, sich ihren Befehlen und Unterweisungen zu unterwerfen. Egal, was für eine Art von Training es auch war.
»Wir werden sehen.« Deirdres Stimme schien immer hart zu sein, und tief, wie sie war, hätte sie schon beinahe maskulin sein können. Sie passte jedoch zu ihrem hochgewachsenen, eckigen Körper und ihren mitleidlosen Augen. »Also gut, Schwestern. Was haltet ihr von ihm?«, fragte sie und hüllte sich in das Seidentuch, das am Fußende ihres Diwans lag.
»Er ist schnell erregbar, selbst für jemanden von unserer Gattung. Er hat einen starken Sexualtrieb«, meinte Freya.
»Und gutes Durchhaltevermögen«, gestand Estancia ihm schmollend zu. »Allerdings könnte es auch sein, dass er sich nur seit geraumer Zeit nicht mehr verausgabt hat. Es wird sich zeigen, inwieweit seine Ausdauer Bestand hat.«
»Aber seine Selbstbeherrschung lässt noch sehr zu wünschen
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