Blutrote Sehnsucht
War er denn noch nicht genug zurückgehalten worden?
»Ausgezeichnet«, murmelte Deirdre. Sie hatte keinen Laut von sich gegeben, während sie sich ihr Vergnügen genommen hatte. Er sank ermattet auf den warmen Stein und merkte, wie Estancia sich entfernte.
»Freya«, rief sie. »Du bist dran.«
Und so ging es weiter. Immer weiter. Als sie endlich von ihm abließen, lag er auf dem Teppich, kaum noch bei Bewusstsein, aber noch immer schmerzhaft stark erregt. Sie hatten ihm keineswegs Erleichterung erlaubt.
»Er war gut«, murmelte Freya, als sie die Tür hinter ihnen zuzog.
»Wir werden sehen.«
Stephan nahm Miss van Helsings Hand, als wäre sie eine Rettungsleine in die Gegenwart. Halt mich fest!, flehte er stumm. Er wollte nicht an diese Zeit zurückdenken. Nur an die Selbstbeherrschung wollte er sich erinnern, die sie ihn am Ende gelehrt hatten, aber nicht an den qualvollen Weg, den er hatte gehen müssen, um sie zu erlangen. Doch er war machtlos dagegen. Das dämmrige Kinderzimmer ähnelte zu sehr dem dämmrigen Raum tief unter Mirso, der oft nur von der erlöschenden Glut des Kaminfeuers erhellt worden war. Aber die Hand des Mädchens zu halten, erregte ihn, das Gefühl durchflutete ihn und bündelte sich in seinen Lenden, und wieder bestürmten ihn die Erinnerungen so heftig, dass er sie nicht mehr verbannen konnte ...
Die Schwestern hatten ihn in jener Nacht und vielen anderen bis zur Erschöpfung benutzt. Er hatte sich gefragt, ob sie ihm je Erleichterung gestatten würden. Sein Glied war wund und aufgescheuert, obwohl seinem Badewasser jeden Tag heilende Öle beigegeben wurden. Er schlief während der Tagesstunden wie ein Toter. Doch mit der Zeit begann er, früher zu erwachen, und wartete mit Schrecken auf das Bad, das Essen und schließlich das Erscheinen der Schwestern. Da er keine Bücher hatte, um sich abzulenken, verbrachte er Stunden damit, den schwarzen, fettigen Fleck in der Zimmerecke anzustarren. Manchmal schien der Fleck zu pulsieren oder gar zu wachsen. Stephan dachte sich Geschichten darüber aus. Vielleicht hatte jemand Säure auf den Stein geschüttet, oder ein Gefangener, der in den Gewölben Mirsos eingeschlossen gewesen war wie er, hatte versucht, das Kloster niederzubrennen. Stephan fragte sich, ob Rubius’ Töchter diesen Raum schon früher benutzt haben mochten. Vielleicht hatte es hier bereits einen Insassen gegeben, als er selbst noch als Kind im Kloster gelebt und nicht einmal geahnt hatte, welches Martyrium sich unter seinen Füßen abspielte. Mit der Zeit nahm sein brennendes Verlangen nach Erleichterung zu. Manchmal erzwangen die Schwestern seine Erektion, doch meistens war das nicht einmal nötig, wie er zu seiner eigenen Schande zugeben musste. Er fragte sich, wie lange er noch so weitermachen konnte und ob er seinem Ziel zumindest schon ein bisschen näher war.
Stephan ließ Miss van Helsings Hand wieder los, weil er befürchtete, dass sie es war, die diesen Ansturm von Erinnerungen bewirkte. Aber es nützte nichts.
Jene ersten Wochen in Mirso waren nicht die schlimmsten gewesen. Da war der Tag seines Versagens beispielsweise ...
Kloster Mirso,
März 1820
Stephan erwachte, als das Tageslicht irgendwo hinter den dicken Mauern noch recht stark war. Wie eine weggeworfene Puppe lag er auf dem Teppich. Aber er hatte eine Erektion. Wie war das möglich, nach dem, was Nacht für Nacht geschehen war? Er stand auf und spritzte sich Wasser aus der Schüssel ins Gesicht. Das Badewasser vom vergangenen Abend war kalt. Vielleicht sollte er sich hineinlegen und hoffen, dass es sein Verlangen abkühlte.
Oder er legte Hand an sich und verschaffte sich Erleichterung. Ihm war egal, wie wund er war. Er würde verrückt werden, wenn er nicht irgendetwas unternahm. Wie ein Tiger schritt er durch das Zimmer, abgelenkt von dem gnadenlosen Pochen in seinem Glied. Dann setzte er sich abrupt auf die Bank, mit gesenktem Kopf und zusammengekniffenen Augen, damit er seine verdammte Erektion nicht sehen musste. Sie hatten ihm klipp und klar verboten, sich zu berühren. Und er wollte und würde ihnen gehorchen. Er wollte das erlangen, was sie ihm geben konnten. Erlösung. Aber würden sie es überhaupt bemerken? Falls seine Leistung heute Nacht nicht ganz so war, wie sie es wünschten, könnte er Erschöpfung geltend machen.
Er stand auf und sah sich mit wilden Blicken um. Das Feuer war schon fast erloschen. Schnell ging er um die Bank herum, warf ein paar Scheite auf die Glut und versuchte,
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