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Blutrotes Wasser

Blutrotes Wasser

Titel: Blutrotes Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Torsten Krueger
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Stoppuhr. Nur dass vier lange, spinnenartige Drähte angeschraubt waren.
    »Das ist der Timer«, erklärte Lázlo rasch, aber immer noch flüsternd. Mittlerweile war György bestimmt zurück und hatte Alarm geschlagen. »Damit wird der Sprengsatz in die Luft gejagt. Hm, also ins Wasser. Wie auch immer, verstehst du?«
    Sie schüttelte sich. »Nein. »Das ist alles ein bisschen viel, verstehst du? Erst werde ich gekidnappt und jetzt bekomme ich einen Schnelldurchlauf in »Das-ist-eine-Bombe«.
    Sie atmete dreimal tief durch. »Aber okay. Das ist der Timer. Ich hab’s kapiert.«
    »Wohl denn. Wenn du die Giftfässer gefunden hast …«
    »Ich bestimmt nicht, Lázlo.«
    »Unwichtig. Dann eben dein Vater.«
    »Der ist in Wien.«
    »Oder die Polizei, egal, jetzt hör doch mal zu!« Lázlo hielt inne und lauschte. »Also, du musst nur die beiden rechten Drähte abschrauben oder durchschneiden. Das stoppt den Timer.«
    »Mehr nicht?« Lena kicherte hysterisch. »Ist das wirklich so einfach? Im Kino ist das immer der rote oder gelbe Draht und sekundenlang weiß man nie, welches der richtige oder falsche ist, und dann …«
    »Lena!« Er nahm sie in den Arm, drückte sie, gab ihr einen sanften Kuss auf die Lippen. »Lena«, wiederholte er. »Wir haben keinerlei Zeit mehr. Hast du das alles verstanden?«
    Sie nickte automatisch. Herr im Himmel, dachte sie, ich habe einen Schock.
    »Dann nimm diesen Timer hier mit dir. Zeige ihn den Tauchern oder den Polizisten oder sonst jemandem. Gelingt dir das?«
    Wieder nickte sie. Wieder atmete sie tief ein und zwang sich zur Ruhe. »Okay. Aber wie kommen wir jetzt hier raus?«
    Lázlo grinste wölfisch. »Mit Froschs Vorarbeit.« Er leuchtete die Wände ab, fand schnell die Nische, die er suchte, und bückte sich. Als er wieder hochkam, hatte er einen schweren Vorschlaghammer in der Hand. »Zurück«, sagte er, holte aus und schlug mit voller Wucht auf die Ziegelwand ein. Der Schlag ließ nur ein paar Tonsplitter fliegen, aber er war laut. Sehr laut.
    »Du, Lázlo«, sagte sie. »Besonders, äh, unauffällig ist das aber nicht.«
    Der grinste verzweifelt und hob den Hammer erneut. Jetzt blieben ihnen nur noch Sekunden.

19
    Immer noch Samstag, 20. August, Stephanstag
    15.49 Uhr, Burgberg, Labyrinth
    »Zum Teufel, wo sind wir hier?« Lena hustete Staub. Beim dritten Schlag hatte die Mauer endlich nachgegeben und ein paar Ziegelsteine ausgespuckt. Schon bald konnten sie sich durchzwängen und standen jetzt – schon wieder in einem Tunnel. Nur wurde der durch flackernde Öllampen beleuchtet, trug steinzeitliche Felszeichnungen an den Wänden und wurde bevölkert – von Touristen, die entsetzt ihre Kinder wegzerrten.
    Vielleicht weil Lázlo immer noch wie ein Irrer den Hammer schwang. »Im Labyrinth * «, erklärte er.
    »Toll. Richtig beruhigend.«
    »Bloß eine Touristenattraktion, Lena. Und ein wenig Museum: der Mensch und seine Geschichte. Ist doch egal. Komm schon, wir müssen weg!«
    Da hatte er recht. Hinter ihnen waren wütende Stimmen zu hören. Die Fekete Sereg war ihnen jetzt auf den Fersen. Wieder nahm Lázlo sie bei der Hand und führte sie durch das Labyrinth. Sie kamen an Brunnenschächten vorbei, die bis ins Erdinnere zu reichen schienen, und an merkwürdigen mit Kerzen umstellten Götterfiguren. Sie huschten durch einen Raum mit einem Brunnen, aus dem Blut floss. Nein, wohl eher Rotwein. Eine Touristenattraktion eben. Normalerweise hätte sie bestimmt ihren Spaß hier unten gehabt. Aber nicht heute. Sie hetzten durch die dunklen Gänge und Höhlen, stolperten durch eine Grotte, in der Zivilisationsmüll in Kunstharz eingegossen war, Relikte für ein Museum der Zukunft. Endlich, während sie sich gegen einen Schwung Japaner drängten, die bestimmt ein paar hübsche Videoaufnahmen von Lena und Lázlo machten, stürmten sie an der Kasse vorbei, hetzten eine kurze Wendeltreppe hoch und standen im grellen Sommerlicht des 20. August. Beide blinzelten und beschatteten mit ihren Händen die Augen.
    »Ist das …«, fing Lena an.
    »Der Burgberg, ja. Das Burgviertel.«
    »Zu viel Burg, ich sag’s ja.«
    Aber Lázlo lachte nicht, sondern zerrte sie weiter. Ein paar Straßenkreuzungen später hatte er ein Taxi erspäht und redete in wahnwitzigem Tempo ungarisch auf den Fahrer ein.
    »Der bringt dich zur Höhle«, erklärte er dann. »Zu deinen Tauchern. Schaffst du das?«
    Lena nickte. »Und du?«
    »Ich?« Lázlo lächelte müde. »Ich habe noch eine Verabredung im Parlament. Los,

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