Blutrubin Trilogie - Band 2: Der Verrat (German Edition)
die Schatten des Hauses gepresst hatte, ins Licht des Eingangs. Ich keuchte auf, als ich sah, dass es sich um einen alten Vampir handelte und nicht um einen Ubour. Wäre James nicht dazwischen gegangen, dann hätte ich ihm meinen Pflock ins Herz gestoßen. Daran wäre der Vampir nicht gestorben, aber es hätte ihn für eine ganze Weile außer Gefecht gesetzt.
»Das ist Samuel. Er ist das Oberhaupt des Panori Clans«, erklärte James. Ich betrachtete den alten Vampir, dessen Haut so viele Falten hatte, dass sie wie zerknittertes Pergament wirkte. Seine langen, weißen Haare hatte er im Nacken zu einem Zopf zusammengebunden und in seinen Augen stand blankes Entsetzen.
»Es tut mir wirklich unendlich leid«, sagte ich mit gedämpfter Stimme und senkte verlegen den Blick.
»Es gibt keinen Grund sich zu entschuldigen«, antwortete Samuel, »du warst lediglich auf der Hut und das ist auch gut so. Unachtsamkeit kann zum Tod führen, wie du siehst«, bemerkte er und machte eine ausladende Handbewegung. Dann fasste er in die Tasche seiner Strickjacke und zog eine Kette heraus. »Ich glaube, sie haben das hier gesucht.« Er reichte James ein Amulett, in dessen Mitte ein Blutrubin funkelte. James starrte einige Sekunden auf den rot leuchtenden Edelstein.
»Vielen Dank. Es tut mir unsagbar leid, was deiner Familie zugestoßen ist. Ich wünschte wir wären früher hier eingetroffen und hätten es verhindern können.« James Stimme klang belegt und er wich Samuels Blick aus. Schnell riss er sich zusammen und sah dem alten Vampir in die Augen. »Komm mit uns nach Schottland. Dort bist du in Sicherheit und du kannst bleiben, solange du möchtest«, schlug er vor, doch Samuel schüttelte nur lächelnd den Kopf.
»Du meinst, ich soll einfach gehen und mein Zuhause verlassen?«
Ich runzelte bei seinen Worten die Stirn und warf einen flüchtigen Blick in den Hausgang, wo es aussah, als habe eine Bombe eingeschlagen. Samuels ganzer Clan war getötet worden und das Haus im jetzigen Zustand nicht mehr bewohnbar, wie konnte er da noch von einem Zuhause sprechen? Er selbst war auch kein Jüngling mehr. Bei seiner Verwandlung musste er schätzungsweise um die 80 Jahre alt gewesen sein, so vermutete ich jedenfalls, wenn ich sein Aussehen zur Grundlage nahm. Vampire waren zwar stark, egal wie alt sie waren, aber es gab doch einen Unterschied zwischen einem Mann wie Samuel und James, der in seiner Blütezeit zu einem Vampir wurde.
Wenn die Ubour zurückkommen würden, hätte er nicht den Hauch einer Chance, da war ich mir sicher. Es war ja schon für einen normalen Vampir unglaublich schwer, diese Kreaturen zu besiegen, wie sollte da ein alter Mann wie Samuel gegen sie bestehen können?
Plötzlich fiel mein Blick auf Aiden, der einige Meter entfernt stand und dessen ganze Körperhaltung verriet, wie schlecht es ihm gerade ging. Das war aber auch kein Wunder, schließlich war sein Bruder eben erst gestorben und er selbst war es gewesen, der Robert den Pflock ins Herz gestoßen hatte.
Ich sah verstohlen zu James, der immer noch händeringend auf Samuel einredete und ihn zu überzeugen versuchte, mit uns zu kommen. Sofort schoss mir ein grausamer Gedanke durch den Kopf. Was wäre gewesen, wenn der Ubour nicht Robert, sondern James gebissen hätte? Wäre ich imstande gewesen, James zu töten?
Ich konnte und wollte nicht daran denken und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Samuel, der mittlerweile zu Aiden gegangen war. Er hatte seine faltige Hand auf dessen Schulter gelegt und redete leise auf ihn ein, so dass James und ich nicht verstanden, was er sagte. Aiden nickte sporadisch und dann ... lächelte er? James beugte sich zu mir, bis sein Mund ganz dicht an meinem Ohr war.
»Samuels Gabe«, erklärte er.
»Was für eine Gabe ist das?«, wollte ich wissen.
»Er kann Einfluss auf deinen Gemütszustand nehmen.« Ich drehte mein Gesicht zu James und sah ihn fragend an.
»Du meinst es ist so eine Art Hypnose?«
»Nein, es hat nichts mit Hypnose zu tun. Samuel überträgt nur ein wenig seiner positiven Energie auf Aiden. Er spürt immer noch den Schmerz über den Verlust, aber nicht mehr ganz so stark, wie zuvor und es hilft ihm dabei, Roberts Tod zu verarbeiten. Er sieht im Moment nicht mehr nur das Negative, sondern auch das Positive«, bemerkte er.
»Das Positive?«, wiederholte ich ungläubig, »was bitte kann an Roberts Tod denn positiv sein?« James strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und seufzte.
»Ich habe mich wohl
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