Blutrubin Trilogie - Band 3: Das Vermächtnis (German Edition)
meinen Schädel presste.
»Das müsstest du als ehemaliger Geistwächter doch wissen«, antwortete er, schloss die Augen und holte tief Luft. Dann sagte er in einem andächtigen, fast melodischen Ton: »Ich nehme mich dieses Geistes an.«
Ich runzelte die Stirn und sah fragend zu Berta, die jedoch nur schulterzuckend den Kopf schüttelte. Als Henry seine Hand von meinem Kopf nahm, sah ich wieder zu ihm.
»Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, aber was war das eben?«
»Das übliche Ritual, wenn ein Wächter einen neuen Geist in seine Obhut nimmt. Hast du denn alles vergessen?«, fragte er irritiert.
»Ich habe so etwas nie gemacht«, entgegnete ich. MacLachlan sah mich erstaunt an.
»Wie hast du dann deine Geister an dich gebunden?«
»Gar nicht. Sie waren einfach da. Ich hab ihnen gesagt sie sollen sich materialisieren und das war es«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
»Interessant!, sagte MacLachlan und kratze sich dabei nachdenklich am Kopf. »Wie bist du vorgegangen, wenn die sieben Tage vorüber waren und du deine Schützlinge auf die nächste Ebene schicken musstest?«, wollte er wissen.
»Auch das war nie der Fall. Ich habe niemals einen Geist auf irgendeine Ebene geschickt«, erklärte ich. Ich fühlte mich sichtlich unwohl in meiner Haut, weil ich von all dem, was Henry mich fragte, keine Ahnung hatte.
»Du willst mir damit sagen, dass deine Geister länger als sieben Tage an deiner Seite waren?« Ich zuckte die Achseln und nickte.
»Ja, genau so war es.« MacLachlan schüttelte fassungslos den Kopf, dann nickte er anerkennend.
»Dann scheinst du wirklich etwas ganz Besonderes gewesen zu sein. Ich wünschte, ich hätte einige meiner Geister bei mir behalten können.« Die Trauer, die in seiner Stimme mitklang, war nicht zu überhören. Plötzlich klatschte er in die Hände und setzte eine übertrieben fröhliche Miene auf.
»Wir sollten nicht über Vergangenes reden, sondern uns auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Ich habe dich als Geist angenommen und nun befehle ich dir, dich zu materialisieren«, sagte er.
Mit einem Mal schien mein ganzer Körper zu glühen. Die Hitze wich einem unangenehmen Brennen, das jedoch schnell vorüber war. Als ich zu MacLachlan sah, nickte er zufrieden. Ich sah an mir hinab, konnte aber keinen Unterschied feststellen.
»Bin ich jetzt materialisiert?«, fragte ich etwas unsicher.
»Das will ich doch meinen«, antwortete der Geistwächter und lachte. Ich sah konzentriert auf die verstaubte Uhr an der Wand.
»Was ist?«, fragte Berta, die meinem Blick gefolgt war.
»Ich möchte mir nur den Zeitpunkt merken, an dem ich materialisiert wurde. Schließlich bleiben mir nur sieben Tage und ich sollte genau wissen, wann der Countdown endet. Ich prägte mir den Zeitpunkt ganz genau ein. Am Freitag um 23.30 Uhr war ich, Claire Mitchell, dank Henry McLachlan, wieder zu einem normalen Menschen geworden und von nun an tickte die Uhr.
»Es wäre vielleicht besser, wenn du mir befehlen könntest, mich nach eigenem Ermessen zu materialisieren. So kann ich jederzeit wieder meine Geistergestalt annehmen, falls das nötig wird«, bat ich ihn. MacLachlan sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
»Was meinst du? So etwas gibt es nicht. Ich kann dir lediglich befehlen, dass du dich materialisierst und das war es. Du bist jetzt für die nächsten sieben Tage ein ganz normaler Mensch.«
Ich glotzte ihn mit offenem Mund an und versuchte zu begreifen, was er da eben gesagt hatte. Anscheinend war er ein wirklich schlechter Geistwächter gewesen, wenn er nicht einmal die Grundkenntnisse seiner Berufung kannte.
»Das ist Blödsinn«, sagte ich. »Meine Geister konnten sich materialisieren, wann immer sie wollten und sie waren ganz bestimmt keine Menschen. Man konnte sie weder verletzen, noch töten.«
»Ich schätze das lag daran, dass du kein herkömmlicher Geistwächter warst, Claire. Damit kann ich dir leider nicht dienen. Meine Geister werden zu stinknormalen Menschen und nach sieben Tagen geht es weiter auf die nächste Ebene«, erklärte er und machte dabei eine Handbewegung, als wolle er ein Flugzeug darstellen, das sich in die Lüfte erhob.
»Ich bin wieder ein ganz normaler Mensch?«, wiederholte ich entsetzt.
»Ja, für die nächsten sieben Tage und hast alle Eigenschaften, die ein Mensch eben hat. Du wirst hungrig, musst schlafen, bist verletzbar und kannst sogar getötet werden. Einziger Unterschied wird sein, dass du nicht materialisierte Geister
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