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Blutsäufer (German Edition)

Blutsäufer (German Edition)

Titel: Blutsäufer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trash Thompson
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fähig war.
    In dem Nachttopf lag Ullis Hand!
    Woran sie erkannte, dass es Ullis Hand war?
Es sah doch lediglich aus wie blässliches, durchgekautes Fleisch mit fünf
Fingern daran – wie konnte sie wissen, dass es ausgerechnet Ullis Hand war? Es
konnte sich genauso gut um einen makabren Scherz der alten Hexe handeln und um
die Hand eines bedauerlichen Dritten, der das Pech hatte, ihr oder dem
Monstermann in die Quere gekommen zu sein.
    Willst du deinen Ulli sehen? Möchtest du ihm
die Hand schütteln?
    Karla erkannte sie aufgrund des kleinen
Hakenkreuzes auf dem Handrücken. Eine von Ullis Jugendsünden. Er hatte es sich
damals selbst in die Haut geritzt und schon drei Monate später hatte er es
bereut. So erzählte man es sich. So hatte sie es gehört. Sie hatte jede
Geschichte über Ulli begierig aufgesogen, hatte sich an Ulli-Geschichten nie
satthören können.
    Es kostete sie Überwindung, in den Nachttopf
hineinzugreifen und die Hand, der sie in einem anderen Leben und unter anderen
Umständen gern einen Ehering übergestreift hätte, an dem fauligen Daumen
herauszuziehen. Kurz hielt sie die Hand mit zwei Fingern. Sie baumelte vor
ihren Augen, schien ihr zaghaft zu winken. Als ihr Blick auf den Stumpf fiel, aus
dem eine Made hervorlugte, schleuderte sie sie angewidert durch den Raum.
    Grauenhaft!
    Grauenhaft war auch, dass ihr schrecklicher
Durst jeden Gedanken an Ulli überdeckte. Das Wasser in dem Nachttopf lockte
sie, obwohl allein der Gedanke, aus einem Nachttopf zu trinken, selbst wenn er
niemals benutzt worden war und selbst wenn sauberes Wasser darin war, bei den
meisten Menschen einen Würgereiz ausgelöst hätte.
    Und jetzt hatte auch noch eine faulige Hand
in dem Wasser gelegen.
    Ullis Hand!
    Aber nur ganz kurz, dachte sie.
    Nur ganz kurz.
    Und ich muss doch trinken!
    Sie bückte sich und hob gleichzeitig den
Nachttopf an.
    Dann trank sie gierig.

16
     
    Bernstein
musste gar nicht erst klingeln. Unten die Eingangstür hatte er einfach
aufdrücken können, und als er müde die letzten Stufen in den zweiten Stock hinauf
gestapft kam, stand eine Frau in einer über den Knien abgeschnittenen Jeans mit
Fransen vor ihm. Obenrum trug sie ein T-Shirt, auf dem ein schweißperlender
Bruce Lee in Kampfstellung posierte. Das Erste, was ihm an ihr auffiel, war
aber nicht Bruce Lee, sondern die durchtrainierten nackten Waden und die
knallroten Lippen in einem merkwürdig rotbraunen Gesicht. Latscht zu viel ins
Solarium, dachte er bei sich.
    „Peter!“, rief sie und strahlte ihn an.
    „Woher weißt du, dass ich es bin?“
    „Weibliche Intuition“, sagte sie.
    Und woher kannte sie seinen Vornamen? Hatte
er ihr doch bisher gar nicht genannt, seinen Vornamen.
    „Hab eben nach dir gegoogelt“, sagte sie wie
zur Erklärung, „Bernstein – private Ermittlungen.“ Sie lachte. „Klingt voll
cool!“
    Voll cool, ja, dachte er.
    Magdalena gab ihm einen Kuss auf die Wange,
griff nach seinem Arm – mit beiden Händen nach einem – und zog ihn quer durch
den Flur ins Wohnzimmer. War nett eingerichtet, alle Möbel in Nussbraun und auf
zerkratztem Laminat aufgestellt: Schrank, Fernsehtisch, Sitzecke mit großer
Couch und zwei Sesseln. Nichts Ungewöhnliches, wenn man von dem Schwert an der
Wand einmal absah.
    Er musste sich in einen der Sessel setzen und
sagen, was er trinken wollte. Da er immer noch ein wenig erkältet war, hätte er
am liebsten nach einem Kamillentee verlangt, doch er wollte ihr nicht den
Eindruck eines kränklichen Mannes vermitteln.
    „Ich nehm das, was du nimmst“, sagte er.
    „Okay, dann hol ich uns zweimal Himbeersaft.“
    Er verzog das Gesicht, worauf sie sich ausschüttete
vor Lachen.
    „Ich hab dich verarscht, Peter. Ich hab dich
nur verarscht.“
    „Ach so“, sagte er.
    Sehr schlagfertig, Bernstein! Wirst noch in
die Geschichte eingehen mit deinen rhetorischen Fähigkeiten.
    Er hörte sie noch im Flur vor sich hin
kichern. Sie ging leicht vornübergebeugt, weil sie sich den Bauch halten
musste, die alberne Kuh.
    Er stand auf und trat zu der Wand, an der das
Schwert hing. War ganz in Schwarz. Hatten sowas Ninjas? Er wusste es nicht. Er
wusste bloß, dass man so ein Ding Katana nannte. Die langen Dinger hießen doch
alle so, oder? Naja, musste man als Europäer nicht unbedingt wissen, mussten
nur Japaner wissen. Die lernten sowas bestimmt schon in der Schule.
    Sein Blick wanderte weiter zu einer großen
Pinnwand. Fotos von André. Fotos von André und Magdalena. Sie war einen

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