Blutsauger
waren«, warf Caroline ein.
»Gestatten Sie eine etwas persönliche Frage«, blieb Häberle ruhig. Seine sonore Stimme war bestens dazu geeignet, aufgebrachte Frauen zu besänftigen. »Wieso sind Sie zu zweit dem Herrn Dr. Brugger gefolgt? Ich meine, wenn er ein Abenteuer gesucht hat, dann doch nicht mit zwei Frauen, oder versteh ich da etwas falsch?«
Melanie und Caroline sahen sich verunsichert an, ohne etwas zu sagen.
»Wenn er zwei Frauen mitnimmt, sind gewisse Spannungen vorprogrammiert«, meinte Häberle. »Irgendwann will man bestimmt den Schwarm für sich allein besitzen.«
Melanie und Caroline schwiegen. Häberle erinnerten sie für einen Moment an trotzige Kinder, die sich hartnäckig weigerten, etwas zu sagen.
»Oder gab es von vornherein eine Absprache – zwischen Ihnen und Herrn Dr. Brugger?« Er sah langsam von einer zur anderen.
Die beiden Frauen spürten, dass es schwierig werden würde, ihre Situation plausibel zu erklären. Wie würde dies erst sein, wenn es zu einem Verhör bei der spanischen Polizei käme? In Melanie machte sich erneut der unbändige Wunsch breit, diese Insel so schnell wie möglich zu verlassen.
Linkohr hatte sich nur ungern von Kerstin getrennt. Er hoffte inständig, dass es mit ihr wieder eine Nacht wie die gestrige geben würde. Sie hatten es sich zwar vorgenommen, doch wenn sich die Lage zuspitzte – und danach sah es aus –, dann drohte in den Abendstunden noch viel Arbeit.
Er hatte kurz mit Häberle telefoniert und war danach sofort in Richtung Naturschutzzentrum gefahren. Die Scheibenwischer fegten dicke Schneeflocken beiseite, als er auf der B 466 durchs Goißatäle fuhr – jenen Taleinschnitt, der im Volksmund nach dem schwäbischen Begriff für Ziegen genannt wurde. In früheren Zeiten waren die heute bewaldeten Hänge eine Heidelandschaft gewesen, in der hauptsächlich Ziegen geweidet hatten.
Kurz vor der Zufahrt zur Autobahn A 8 bog er links in Richtung Wiesensteig ab. Innerorts engten die Schneehaufen die ohnehin schmale Straße noch weiter ein. Hier ging’s hinauf zur Albhochfläche, wo die Fahrbahn weiß und rutschig war. Linkohr brauchte eine Viertelstunde länger, als er gedacht hatte, bis er das Naturschutzzentrum erreichte. Kaum hatte er den Golf zwischen aufgetürmten Schneewänden abgestellt, erschien bereits ein Mann mittleren Alters an der beleuchteten Eingangstür. »Sie sind Herr Linkohr?«
Der Jungkriminalist war froh, dass er nur wenige Schritte durch die eisige Kälte gehen musste, und begrüßte den Mann, der sich als Leiter des Naturschutzzentrums vorstellte und seinen Namen mit Wohnhaupt angab.
»Wir haben das, was Sie suchen«, wiederholte er, was er bereits am Telefon mitgeteilt hatte.
Linkohr genoss die behagliche Wärme im Vorraum, wo bereits Frenzel auf ihn zukam. »So schnell sieht man sich wieder«, grinste der Kriminalist.
Frenzel schüttelte wortlos und zurückhaltend die Hand, während Wohnhaupt zielstrebig zu der großen Vitrine ging, um die herum jetzt alle Beleuchtungskörper eingeschaltet waren.
»Hier«, sagte der Chef des Hauses und deutete auf das Katzenkostüm, das auf der gläsernen Abdeckung des Reliefs lag. »Es war da hinten reingestopft.« Er zeigte mit der Hand auf den Spalt zwischen Vitrine und Wand.
Linkohr besah sich die Situation. »Ein Versteck war das ja wohl nicht – und falls doch, dann ein ziemlich dilettantisches.« Der Kriminalist kniete auf den Boden und besah sich den Spalt aus der Nähe. »Und es ist sichergestellt, dass dieses Kostüm nicht zum Haus gehört?«, drehte er sich zu Wohnhaupt. »Es wäre denkbar, dass es für Veranstaltungen mit Kindern genutzt wurde.«
»Ganz sicher nicht«, betonte Wohnhaupt, rückte seine Brille zurecht und schaute fragend zu Frenzel, der in respektabler Entfernung stehen geblieben war. »Oder, was meinst du, Max?«
»Sicher nicht«, wiederholte er verlegen. »Ich hab das Ding noch nie gesehen.«
»Wer hat denn Zutritt zu diesem Raum?«
Wohnhaupt steckte die rechte Hand locker in eine Jackentasche. »Wenn offen ist – und das war’s heut wegen der Handwerker –, dann kann eigentlich jeder rein. Bis ich von hinten vorkomme oder von anderswo im Haus, da können schon einige Minuten vergehen.« Er ergänzte sogleich: »Aber bei diesem Wetter verirrt sich kein Tourist hier rauf, schon gar nicht mitten in der Woche an einem Donnerstag.«
Linkohr überlegte, ob es sinnvoll wäre, die Spurensicherung herzurufen. Schließlich entschied er sich
Weitere Kostenlose Bücher