Blutsauger
ist es«, sagte er wieder. »Aber darf ich erfahren, was Sie damit andeuten wollen?« Er nahm einen Schluck Fruchtsaft. Seine Hand zitterte.
»Nichts andeuten«, beruhigte Häberle. »Ich stelle nur fest, nichts weiter. Können Sie sich denn erklären, wie irgendeine unbekannte Frau – wen wir vermuten, lassen wir mal dahingestellt –, ausgerechnet auf diese Adresse kommt?«
»Was fragen Sie mich das?«, entrüstete sich Hoyler, worauf Fiedler seine Zurückhaltung verlor. »Fangen Sie bloß nicht damit an, uns in etwas hineinzuziehen. Vergessen Sie nicht: Wir sind die Opfer. Oder verkehren Sie auch alles ins Gegenteil, wie dies die Justiz so gerne tut? Die Opfer sind die Bösen, die haben durch ihr argloses Verhalten erst den Täter dazu gebracht, kriminell zu werden. So sieht’s aus.«
»Verstehen Sie mich bitte nicht falsch«, wehrte Häberle ab. »Aber dieser Fernandez scheint irgendwie eine Beziehung zu dieser Frau mit dem falschen Namen zu haben.«
»So könnte man meinen«, räumte Hoyler ein und regte an: »Dann fühlen Sie ihm doch einfach mal auf den Zahn.«
»Das werde ich gerne tun, wenn Sie mir seine Anschrift und Telefonnummer verraten.«
»Wie kommen Sie darauf, dass ich sie parat habe?« Hoyler stutzte.
»Weil Sie ein Kollege von ihm sind – oder sehe ich das falsch? Sie haben doch Kontakte …«
»Wer sagt das?«
»Ist das so wichtig?«
Hoyler erkannte, dass eine Diskussion darüber sinnlos sein würde. Er stand auf, ging zu einem Schubfach in der Schrankwand und brachte eine Visitenkarte zurück. »Das ist er«, sagte er und legte sie Häberle vor. Der Kommissar zog einen Notizblock aus dem Jackett und schrieb sich Adresse und Telefonnummern ab.
»Brugger hatte mit dem auch zu tun«, bellte Fiedler dazwischen. »Der wollte mit diesem Fernandez ein Hühnchen rupfen, hat er gesagt.«
»Ach? Worum ging’s denn?«
»Fernandez ist wohl ein Immobilienhai. Vermutlich legt er ausländische Anleger aufs Kreuz. Verkauft Immobilien, die angeblich sagenhafte Renditen abwerfen. Shoppingcenter und so ’n Zeug. Hinterher stellt sich raus, dass es totgeborene Objekte sind. Aber es ist wie überall, Herr Kommissar: Sie finden immer einen Dummen. Denn wie sagt man so schön: Gier frisst Hirn.«
Hoyler lächelte überlegen. »Wissen Sie, Herr Häberle, unsere Branche genießt nicht immer den besten Ruf. Aber schwarze Schafe gibt’s überall.«
Der Chefermittler nahm’s zur Kenntnis und konnte sich einer Frage an Fiedler nicht erwehren: »Auch Sie haben sich eine Immobilie gesichert?«
»Ich?« Er war noch in seine Theorie der Hirn fressenden Gier versunken gewesen.
»Stichwort Laichingen.«
Fiedler hatte offensichtlich nicht damit gerechnet. »Ach, Sie meinen dieses kleine Fabrikgebäude. War ein Schnäppchen.«
»Zur Geldanlage«, ergänzte Häberle mutmaßend. »Warum eigentlich gerade dort?«
»Warum nicht dort?«, fragte Fiedler gereizt zurück. »Maronn war damals auf der Suche nach einem günstigen Objekt, da haben wir uns umgesehen – und sind auf dieses Gebäude gestoßen.«
»Weil man nahe zur Klinik und zur Autobahn sein wollte?«
»Es musste nicht Laichingen sein. Aber irgendwo zwischen Donau und Neckar. Weil die Nähe zu den anderen gewünscht war.«
»Zu den anderen?«
»Vor allem zu Maronn. Ja – und zu Brugger und Fallheimer.«
»Und zu wem noch?«
Hoyler schaltete sich ein: »Das wissen wir nicht. Ob und inwieweit mehr Personen involviert sind, ist uns unbekannt.«
»Tatsächlich?«
»Ja, tatsächlich«, betonte Hoyler, während Fiedler zustimmend nickte. »Edgar – also Herr Fiedler – hat als Teil seiner Einlage das Gebäude gekauft und zur Verfügung gestellt. Und ich hab mich cash an Maronns ›Firma‹, wie wir es nennen, beteiligt.«
»Es ist also nicht auszuschließen, dass es weitere … ja, sagen wir mal Investoren gibt?«
»Maronn hat das Geld eingesammelt, wenn Sie so wollen«, sagte Hoyler.
»Aber woher es kam und was damit genau geschehen sollte, hat niemand interessiert«, stellte Häberle fest.
Fiedler bestätigte: »Es ging um die Rendite. Das ist immer so, wenn Sie sich irgendwo beteiligen. Wo ist das Problem? Sie geben Ihr Geld nicht aus Nächstenliebe her, oder? Sie wollen irgendwann eine Gegenleistung dafür.«
»Und Humstett?«
»Ein armer, abgetakelter Medizinmann«, spöttelte Hoyler. »Für Geld ist der zu allem zu haben. Außerdem ist er trotz allem ehrgeizig und in seinem speziellen Fachgebiet ein Ass.«
»Und clever«,
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