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Blutsauger

Blutsauger

Titel: Blutsauger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Terrarien aufgestellt. Unterschiedliche Strahler, verbunden mit Schaltuhren, simulierten den Tagesablauf oder sorgten für Wärme. Oben an der Decke rumorte es in einem Metallkasten, dessen automatische Technik die Be- und Entlüftung nach außen sicherstellte.
    Frenzel zog seine dick gefütterte Jacke aus, hängte sie an eine provisorische Garderobe und schlüpfte in seinen weißen Arbeitskittel. Anschließend weckte er den Computer zum Leben und schritt die lange Reihe der Terrarien ab. Ihr Inneres war unterschiedlich beschaffen und auf die jeweilige Insektenart zugeschnitten, die er darin züchtete. Mit gewissem Stolz betrachtete er Käfer, Mücken und Spinnen, die zu dieser Jahreszeit in freier Natur nicht anzutreffen waren. Dass es ihm sogar gelungen war, mitten im Winter aus Engerlingen Maikäfer werden zu lassen, empfand er als persönlichen Triumph. All seine Forschungsergebnisse, was den Einfluss von künstlicher Beleuchtung auf das Wachstums- und Fortpflanzungsverhalten anbelangte, würde er in einer Dokumentation zusammenfassen, die im nächsten Jahr gezeigt werden sollte. Er prüfte jedes einzelne Terrarium, kontrollierte die automatische Wasser- und Futterzufuhr, die über dünne Schläuche und mechanische Vorrichtungen erfolgte, und freute sich am Anblick einiger dicker Stechmücken, die vermutlich nur darauf lauerten, irgendwo Blut saugen zu können.
    Wenn er sich hier unten in seine Arbeit vertiefte, vergaß er Zeit und Raum. Akribisch genau dokumentierte er am Computer, was sich tagaus, tagein veränderte oder entwickelte. Um es auch visuell beweisen zu können, fotografierte er die verschiedenen Stadien der Insekten und übertrug die Bilder aus der Digitalkamera sofort auf die Festplatte des Computers. Wäre da nicht das Brummen des Klimageräts gewesen, hätte ihn in dem fensterlosen Kellerraum absolute Stille umgeben.
    Er hatte gerade seinen verschlissenen Bürostuhl an den viel zu kleinen Computertisch herangezogen, als ihn eine kräftige Männerstimme aufschreckte, die draußen durch den Flur hallte. Max Frenzel hob den Kopf und lauschte. Es war völlig ungewöhnlich, dass in diesem Haus geschrien wurde. Doch die Stimme kam näher und wurde lauter. Jetzt verstand er auch, was sie schrie: »He, Max, bist du da?«
    Es war eindeutig Wohnhaupts Stimme.
    Frenzel stand auf, um die Tür zu öffnen. Doch Wohnhaupt war schneller. Kaum hatte Frenzel zur Klinke gegriffen, wurde die Tür von außen geöffnet.
    Vor ihm stand, völlig außer Atem und mit harten Gesichtszügen, der Chef des Hauses. »Komm mal mit«, schnarrte er knapp, bedeutete ihm mit einer energischen Handbewegung, ihm zu folgen, und eilte zurück zur Treppe. Dort hastete er wieder nach oben, sodass Frenzel Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten. Im Eingangsbereich angekommen, eilte Wohnhaupt an der Empfangstheke vorbei und geradewegs in den hell erleuchteten Ausstellungsraum, in dem das große Reliefmodell der Schwäbischen Alb stand.
    »Hier, schau dir das an«, Wohnhaupt, ein sportlicher Mittvierziger, war bis ans Ende der rund drei Meter langen verglasten Vitrine gegangen, wo sich bis zur Wand ein schmaler Spalt ergab. Der Chef des Hauses deutete mit der rechten Hand hinein.
    Frenzel verlangsamte seine Schritte und kam zögernd näher.
    »Siehst du das?«, Wohnhaupt konnte es kaum erwarten, bis der junge Mann den passenden Sichtwinkel erreicht hatte. »Das ist doch genau so etwas, was die heute in der Zeitung suchen.«
    Frenzel sah zunächst nur ein Stück grauweiß gemusterten Stoff. Es lag am Boden und ragte aus dem schmalen Spalt zwischen Wand und der hölzernen Verkleidung des Vitrinentisches heraus – so, als habe jemand in aller Eile ein Kleidungsstück hineingestopft.
    Frenzel schwieg und sah den Chef verständnislos an.
    »Weißt du, was das ist? Hast du heut denn keine Zeitung gelesen?«, gab sich Wohnhaupt aufgebracht. Er wohnte in Wiesensteig und war dort als Abonnent der Geislinger Zeitung über die jüngsten Vorkommnisse in der Klinik informiert.
    »Tut mir leid«, sagte Frenzel mit schwacher Stimme. »Ich les keine Zeitung.«
    »Das ist schlecht«, bläffte der Chef. »Ganz schlecht. Dann sag ich dir, was das hier sein kann.« Er bückte sich und strich mit der Hand über das Stoffteil, bei dem es sich vermutlich um den Ärmel eines zusammengeknüllten Kleidungsstückes handelte. »Kunstfaser, astreiner Kunststoff.«
    »Ich versteh’ nicht …« Frenzel machte einen hilflosen Eindruck, wie Wohnhaupt es in diesem

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