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Blutsauger

Blutsauger

Titel: Blutsauger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Intensivstation gegangen, um sich nach Fallheimers Befinden zu erkundigen. Jetzt war sie schon zehn Minuten weg, viel zu lange. Würde dies etwas Gutes oder etwas Schlechtes bedeuten? Manuelas widerstreitende Gefühle für den Oberarzt rangen miteinander. Einerseits wünschte sie sich nichts sehnlicher, als mit diesem sympathischen Doktor einen Abend lang allein zu sein – andererseits sagte ihr der Verstand, dass sie mit ihren 19 Lenzen keine Chance haben würde. Oder vielleicht, meldete sich eine andere Seite ihres Gehirns, stand er auf Blutjunge, auf sie, die Schwarzhaarige mit den glühenden Augen, die sich der Wirkung ihres Aussehens sehr wohl bewusst war. Welche Gedanken!, rief sie sich selbst zur Ordnung. Nicht hier und nicht jetzt. Vermutlich war ihre Kollegin Andrea von denselben Gefühlen beseelt. Natürlich war sie das. Ganz bestimmt sogar. Aber Andrea war pummelig – und sicher nicht das Ideal für einen sportlich-agilen, braun gebrannten Oberarzt.
    Eine ewig währende Minute stand Andrea unter der Tür, nachdem sie von der Intensivstation zurückgekehrt war. Kreidebleich und stumm, die Augen gerötet, schwer atmend, ein Papiertaschentuch zerknüllt in der Hand haltend.
    Manuela wusste sofort, dass ihre Frage unnötig war: »Wie geht’s ihm?« Sie hoffte, nicht das zu hören, was der Gesichtsausdruck ihrer Kollegin befürchten ließ.
    Die beiden Frauen blickten sich in Erwartung des Entsetzlichen an.
    »Er ist tot«, presste Andrea knapp hervor und brach in Tränen aus.
    Manuela schloss die Augen. Fallheimer tot. Als ob eine Welt in ihr zusammengebrochen war, begannen sich tausend Gedanken gleichzeitig ihres Gehirns zu bemächtigen. Fallheimer tot. Im Bruchteil von Sekunden wechselten sich Selbstmitleid und Trauer um den sympathischen Arzt ab. Sie sank auf einen weißen Plastikstuhl und begann hemmungslos zu heulen. Wie lange sie brauchten, diese entsetzliche Nachricht wenigstens annähernd zu realisieren, hätten sie nicht sagen können. Andrea schnäuzte sich und wischte die Tränen aus den Augen.
    »Schrecklich«, schluchzte sie und lehnte sich, das Papiertaschentuch auf die Augenlider gedrückt, gegen das Waschbecken. »Sie sagen … sie sagen, es sei wohl eine Fettembolie gewesen.« Wieder wurde sie von einem Weinkrampf geschüttelt.

18
     
    Elmar Brugger fühlte sich wie gerädert. Er hatte gegen sieben Uhr, als die Sonne noch nicht aufgegangen war, lange geduscht und im Fernsehen die Nachrichten von n-tv gesehen. Jetzt saß er in dieser traumhaften Morgensonne, die hinterm linken Flügel des Hotels ihre Strahlen auf die Terrasse des Restaurants schickte. Die Kellner hier im RIU Palace Maspalomas waren wie immer bestens gelaunt. Er bestellte Kaffee und bediente sich im Innenraum an den Köstlichkeiten des üppigen Buffets. Als er sich gerade zum zweiten Mal ein Glas Sekt holen wollte, bimmelte sein Handy in seiner Brusttasche des Hemdes den unsäglichen Klingelton, den er schon längst hatte ändern wollen. Es war ihm peinlich, ausgerechnet in diesem Moment angerufen zu werden. Schnell stellte er das Glas am Rande eines Buffettisches ab und holte das Gerät hervor. Auf dem Display war der Name des Anrufers erschienen – wie immer, wenn jemand anrief, dessen Nummer er im Gerät programmiert hatte: Melanie.
    Brugger zögerte für einen Moment. Sie hatten ausgemacht, dass sie sich nur im äußersten Notfall anriefen. Ihr Treffen auf Gran Canaria sollte nirgendwo Spuren hinterlassen, schon gar nicht im globalen Datennetz, wo man nie wusste, wie lange darin etwas gespeichert wurde – und vor allem: für wen.
    Er nahm das Gespräch an, drehte sich beiseite und meldete sich mit einem »Ja, hallo!«
    »Entschuldige«, hörte er Melanies Stimme. Ihr Klang ließ nichts Gutes erwarten. »Entschuldige«, wiederholte sie verlegen. »Aber es ist etwas ganz Schreckliches passiert.«
    Bruggers vegetatives Nervensystem brachte seinen Puls in Wallung. Er entfernte sich ein paar Schritte vom Buffet, um von niemandem gehört zu werden. »Etwas Schreckliches passiert?«, wiederholte er im Flüsterton und machte sich innerlich auf das Schlimmste gefasst.
    »Fallheimer ist tot«, kam es schnell zurück. »Fallheimer ist tot, verstehst du? Fallheimer ist tot.« Melanies Stimme verwandelte sich panisch und erstickte in Tränen.
    Brugger schluckte und sah über die Köpfe der sitzenden Gäste hinweg zum Fenster. »Was sagst du da?«
    »Ja, Fallheimer ist tot«, wiederholte Melanie schwer atmend. »Unfall.

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