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Blutsauger

Blutsauger

Titel: Blutsauger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Verkehrsunfall. Überfahren.« Dass sie mit den Tränen kämpfte, war nicht zu überhören.
    »Ein Unfall?«
    »Ja, Unfall. Ganz in der Nähe der Klinik. Als er vergangene Nacht zum Parkplatz ging.«
    Brugger versuchte, sich seine Betroffenheit nicht anmerken zu lassen. Er brauchte jetzt einen klaren Kopf. Mehr denn je. »Wie ist das passiert?«, fragte er sachlich und leise.
    »Beim Überqueren der Straße. Es hat ihn jemand von hinten überfahren.«
    »Du sagst jemand. Weiß man denn, wer’s war?« Brugger spürte Schweißperlen auf der Stirn, obwohl das Restaurant klimatisiert war.
    »Sie sagen, es sei Unfallflucht gewesen.«
    »Unfallflucht?«
    »Ja. Ein unbekanntes Auto. Niemand weiß so genau, wie lange er da gelegen hat, bis man ihn gefunden hat.«
    »Und woran ist er gestorben?«
    Melanie schnäuzte. »Fettembolie. Vermutlich Fettembolie, hat mir Manuela gesagt.«
    »Manuela?« Brugger konnte den Namen nicht zuordnen.
    »Manuela, die junge Krankenschwester auf der Intensivstation.«
    Bruggers Gedächtnis hatte dazu kein Gesicht gespeichert, was ihm in diesem Augenblick aber egal war.
    »Aber das ist noch nicht alles, Elmar«, rang sich Melanie zu einer weiteren Erklärung durch.
    Brugger durchzuckte es wie ein Blitzschlag. »Noch etwas?« Er drehte sich nach allen Seiten um, denn er fühlte sich plötzlich beobachtet.
    »Ja – auch Anja ist tot. Anja aus der Röntgenabteilung.«
    Der Arzt schloss für einen Augenblick die Augen. Was seit zwölf Stunden auf ihn einstürzte, überstieg so langsam die Grenze seiner psychischen Belastbarkeit. »Was sagst du da?« Er war nicht in der Lage, mehr zu sagen. Inzwischen wich er den drängelnden Menschen am Buffet immer weiter aus.
    »Anja, man hat sie am frühen Morgen im Röntgenraum tot aufgefunden. Herzversagen, wird angenommen.«
    »Wie?« Brugger versuchte, sich die Ereignisse nacheinander vorzustellen. »Sie ist einfach so … so gestorben?«
    »Sieht alles danach aus, ja.«
    Brugger holte tief Luft. »Und was bedeutet das jetzt alles? Fallheimer und Anja? Ich meine …« Er überlegte. »Sind das nun Zufälle – oder wird vermutet, dass mehr dahintersteckt?« Seine Stimme wurde noch leiser.
    »Gerüchte gibt’s jede Menge. Aber die Klinikleitung sagt, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun hat.«
    »Großer Gott!«, entfuhr es Brugger. »Das sind wahre Hiobsbotschaften.«
    »Ich wollte dich nicht schocken, aber ich dachte, es interessiert dich vielleicht. Ich hätt’s dir auch morgen erst berichten können.«
    »Schon gut, Melanie, schon gut. Lass uns jetzt nach vorn blicken.« Er beschloss, sich diese Woche nicht verderben zu lassen. Diese Gelegenheit würde so schnell nicht wiederkommen. Wenn Melanie und Caroline erst mal hier waren, hatten sie gewiss viel Spaß miteinander. Und den würde er sich von niemandem verderben lassen. Auch wenn es ihm zunehmend schwerfiel, sich darauf zu freuen.
    »Okay«, flüsterte Melanie mit schniefender Nase. »Wir werden hoffentlich pünktlich da sein. Ich denk an dich.«
    Brugger nickte, als könne Melanie dies sehen. »Danke«, beschied er knapp und schaltete das Gerät ab. Er verspürte keinen Appetit mehr, vergaß das bereitgestellte Glas Sekt und ging völlig abwesend auf die Terrasse hinaus, die zur Hälfte bereits sonnenbeschienen war. Die Belegung seines Vierer-Tischchens, auf das er Wurstteller und Brotkorb gestellt hatte, noch bevor er den zweiten Sekt hatte holen wollen, war von den anderen Gästen respektiert worden. Er ließ sich auf einem der gepolsterten Stühle nieder, goss aus der silbernen Kanne den heißen Kaffee in die Tasse und nahm gleich einen kräftigen Schluck. Dann wischte er sich mit der Stoffserviette den Schweiß von der Stirn. Er zwang sich, ein paar Bissen zu essen, denn er brauchte Kraft. Er würde nachher sofort Harald Maronn anrufen, auch wenn dieser möglicherweise schon informiert worden war. Sie mussten die neueste Entwicklung besprechen. Denn dass ihr Szenario, das sie gestern Abend durchgespielt hatten, so schnell Realität werden würde, hätte keiner von ihnen gedacht.

19
    Watzlaff war gerade auf dem Heimweg gewesen und die Steintreppe heruntergekommen, die den Mittelpunkt des Reviergebäudes vereinnahmte, als ihm aus der offenstehenden Tür der Wache im Erdgeschoss ein Beamter zurief: »Chef, es scheint was Neues zu geben.«
    »So?« Watzlaff war in Gedanken versunken und nahm die letzten vier Stufen auf einen Schlag, um in den Raum zu gehen, in dem ein Uniformierter

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