Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)
leidenschaftlichen Kuss erinnerte, den zu vergessen ich versprochen hatte. Sein helles Haar, das sich im Wind bewegte, fing das Licht ein, und als er die Strähne hinters Ohr schob, bemerkte ich, dass ihn das störte. Er war glatt rasiert und wirkte in seinen Tausend-Dol lar-Schuhen und dem halblangen Wollmantel als wäre er bereit fürs Büro. Der Mantel verbarg seinen athletischen Körper, aber ich wusste ziemlich gut, was sich darunter versteckte – hatte ein Bild von jedem wunderbar muskulösen Zenti meter seines Körpers im Kopf –, seit ich ihn einmal in der Dusche erwischt hatte. Oh mein Gott, ihn nur mit einem Handtuch um die feuchten Hüften zu sehen, war jeden einzelnen der dreitausend Kilometer, die ich mit ihm und einem reisekranken Pixie im Buick meiner Mom zurückgelegt hatte, wert gewesen.
Er war ungefähr in meinem Alter, ungefähr so groß wie ich und rangierte in einer vollkommen anderen Steuerklasse, selbst wenn er inzwischen seine Ambitionen bezüglich des Bürgermeisteramtes aufgegeben hatte und nicht einmal mehr Stadtrat war. Der Biodrogenhändler, Mörder und Vollzeitgeschäftsmann behauptete, er wolle mehr Zeit mit seiner neuen Familie verbringen, aber ich wusste, dass es ihm politisch geschadet hatte, sich als Elf zu outen. Mitleid hatte ich nicht.
In mir stieg die Erinnerung an sein seidiges Haar auf, an seine Lippen auf meinen, und ich wandte den Blick ab, als er und Nina sich die Hände schüttelten. Die Frau hatte einen Handschlag wie ein Mann, fest und aggressiv, mit dieser Männerclub-Ausstrahlung, die dazu gehörte. Warum ist Trent hier ? Ich hätte die eineinhalb Stunden auf der KFZ-Stelle wahrscheinlich nutzen sollen, um ihn anzurufen, aber ich hatte Angst davor gehabt, was er wollen könnte.
Als ich aufsah, kniff ich wieder die Augen zusammen. Nina beugte sich über Trents Hand und kommentierte wahrscheinlich gerade die fehlenden Finger. Al, der Dämon, vor dem ich mich versteckte, hatte sie abgerissen. Zu diesem Zeitpunkt war er kurz davor gewesen, Trent zu töten, bis Pierce die Verantwortung für meinen Hirntod übernommen hatte … dabei war ich gar nicht hirntot gewesen. Meine Seele war nur in einer Flasche eingeschlossen, bis meine Aura heilen konnte.
Ich zog den Mantel enger um mich, als Trent seine Hand zurückzog und angespannt etwas sagte. Ich wütete unter meinen Bekannten wie ein Hurrikan. Kein Wunder, dass ich nicht besonders viele Freunde hatte. Mit schnellen, wütenden Schritten stiefelte Trent über das Gras, offensichtlich darauf erpicht, mir aus dem Weg zu gehen. Es war ungewöhnlich, dass er seine Wut nicht versteckte, aber der Versuch das zu tun hatte auch wenig Sinn, wenn man mit einem Vampir sprach, der so alt war wie die Unabhängigkeitserklärung und Gefühle aus dem Wind schmecken konnte.
»Trent!«, rief ich. Ich hasste das Gefühl der Zurückweisung, das sich in mir ausbreitete.
Ohne langsamer zu werden, legte er den Kopf schräg und registrierte so meine Anwesenheit. Die nächsten Worte erstarben auf meinen Lippen, als ich erkannte, dass er sich verraten fühlte. »Geh nächstes Mal an dein Telefon«, erklärte er kurz angebunden aus ungefähr zwanzig Metern Entfernung. »Ich rufe nicht an, wenn es nicht wichtig ist.«
»Ich stehe nicht auf deiner Gehaltsliste.« Als mir aufging, wie bissig das klang, zog ich die Hände aus den Taschen. »Ich war in einem Meeting, tut mir leid.«
Stirnrunzelnd wandte er den Blick ab, die Schultern fast bis an die Ohren hochgezogen. Dann ging er zu einem kleinen schwarzen Sportwagen und glitt elegant hinter das Lenkrad. Die Tür fiel mit einem sanften Knall ins Schloss. Wenn Geschmack und Raffinesse ein Geräusch hatten, dann klang es so. Ich wich zu dem Baum zurück und beobachtete, wie er davonfuhr. Der Motor brummte geschmeidig, dann bog er ab und war verschwunden.
Super gemacht, Rachel , dachte ich säuerlich, warf einen Blick zu meinem kleinen Mini Cooper und bemerkte, dass Wayde den gesamten Vorfall beobachtet hatte. Nina kam mit langsamen, provokativen Schritten auf mich zu. Ich konnte ge nau den Moment erkennen, in dem der tote Vamp sie verließ. Ihre Absätze fingen an zu klappern, ihre Schritte wurden schneller und ihre Arme schwangen auf einmal wieder genau so wie ihre Hüften. In ihren Augen funkelte nicht länger verschlagene Dominanz, sondern sie strahlten vor Freude, weil sie endlich von jemandem entdeckt worden war, den sie respektierte. Ihre gesamte Haltung signalisierte nun nicht mehr
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