Blutsbande: Die Rachel-Morgan-Serie 10 - Roman (German Edition)
verstecken. »Ihr müsst nicht meinetwegen hierbleiben«, meinte ich dann. Glenn spähte den dunklen Flur entlang, während Jenks nach oben schoss, um den anderen Schacht zu kon trollieren, und dabei seine eigene Lichtspur kreuzte. Wenn man richtig darüber nachdachte, war er wirklich ein Wunder, und ich fragte mich, warum sie ihn ausgerechnet mir zugeteilt hatten.
Glenn brach den nächsten Leuchtstab, und ein kaltes, kränkliches Grün gesellte sich zu Jenks’ reinem Strahlen. Glenn gab ihn mir, dann sah er auf die Uhr. Mit klappernden Flügeln ließ Jenks sich aus dem oberen Luftschacht fallen.
»Wieso seid ihr immer noch hier?«, fragte er bissig, während er über meiner Schulter schwebte. »Wir haben alles im Griff. Los!«
»Jenks, wenn du lieber mit Ivy gehen willst, ist das für mich okay«, sagte ich, da er bei ihr wahrscheinlich bessere Arbeit leisten konnte, als wenn er mit mir einen Luftschacht bewachte.
»Zur Hölle, nein!« Er landete auf meiner Schulter. Seine Flügel verstummten, und es wurde dunkler. »Ich bleibe hier. Man weiß ja nie. Vielleicht kommen sie hier entlang.«
Glenn nickte knapp und sah noch einmal auf die Uhr. »Okay. Ruf, wenn du irgendetwas siehst. Kanal sieben verbindet dich ausschließlich mit mir. Weißt du, wo das Stellrad ist?«
Ich nickte, und Jenks fluchte, als meine Haare ihn trafen. »Danke, Onkel Glenn«, meinte ich sarkastisch. Ich wollte wissen, warum er alles so arrangiert hatte, dass sich in der eigentlich Angriffszone keine Inderlander befanden. Er hatte sich nicht beschwert, dass es Dr. Cordovas Idee gewesen sei, also stammte sie wohl von ihm selbst – und plötzlich verspürte ich ein gewisses Misstrauen.
Nina wurde langsam ungeduldig. »Ich kann sie hören«, flüsterte sie. »Kleine Männer, wie Mäuse hinter der Wand. Wir müssen gehen.«
»Los jetzt«, sagte Jenks, den ihr Kommentar offenbar genauso irritierte wie mich.
Mit einem letzten Nicken wandte Glenn sich ab. Ivy und Nina folgten ihm, und schon drei Sekunden später waren ihre Schritte verklungen und das Licht von Glenns Leuchtstab hinter einer Ecke verschwunden.
Ich atmete tief durch, lehnte mich gegen die Wand und lauschte in die Stille, während ich den Geruch von vierzig Jahre alter Angst in mich aufnahm. Langsam wurde mir der Luftzug bewusst, der meine Haare nach oben trug. Ich legte den Kopf schräg, drehte die Lautstärke des Funkgeräts herunter und ließ mich zu Boden gleiten. »Wie lange noch, bis die Aktion beginnt?«, hauchte ich.
»Fünfzehn Minuten, sechzehn Sekunden«, sagte Jenks auf meiner Schulter.
Ich schwieg, dann verschränkte ich die Arme. »Wir werden wohl keine Action sehen, oder?«
»Wenn du Glenns Vorhersage Glauben schenkst, haben wir nicht mal die Chance eines Fairys in einem Pixiegarten«, meinte Jenks. »Aber ich wäre nicht hier, wenn ich nicht glauben würde, dass sie alles verbocken und sie in unsere Richtung jagen. Die Bastarde werden fliehen, und zwar nicht Richtung Hintertür.«
»Das glaube ich auch.« Ich lächelte in die Dunkelheit und wartete.
24
Der grüne Leuchtstab, den Glenn mir gegeben hatte, ließ Jenks aussehen wie einen winzigen, kränklichen Geist. Er saß mit angezogenen Beinen auf meinem Knie und imitierte damit meine eigene Haltung. Jetzt, wo ich mich nicht bewegte, wurde es kälter im Gang. Ich saß mit dem Rücken an der gebogenen Wand neben dem Belüftungsschacht, meine Tasche neben mir. Die Zugluft spielte mit meinen Haaren. Ich rollte den Leuchtstab zwischen den Händen, während ich auf den sporadischen Funkverkehr lauschte. Ich hatte die Lautstärke aufgedreht, da ich den Stöpsel nicht mehr im Ohr trug, sondern nach vorne hängen ließ, damit Jenks auch zuhören konnte. Überwiegend drehten sich die Unterhaltungen um MegPaG: Wer sie waren, wozu sie fähig waren, wie oft sie der Verhaftung schon entkommen waren. Ich hätte richtig zuhören sollen, aber ich dachte über Trents Zauber nach.
»Alles okay?«, fragte Jenks. Seine Flügel glitzerten als wären sie feucht.
Ich lächelte und musste daran denken, wie wunderschön seine Flügel gewesen waren, als ich mich geschrumpft hatte, um ihm durch den ersten, schweren Tag nach dem Tod seiner Frau zu helfen. »Ich denke über Trents Zauber nach«, gab ich zu.
Jenks zog ein finsteres Gesicht und spielte an seinen Stiefeln herum. »Ach? Der Pandora-Zauber, den er dir gemacht hat, hätte dich fast umgebracht. Du solltest sie mir einfach geben, damit ich sie im Garten beerdige.«
Ich
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