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Blutsbraeute

Blutsbraeute

Titel: Blutsbraeute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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Bootshäusern und zum Strand führte. Dann drehte er sich um, sah ratlos aus, klopfte seine Taschen ab. Nachdem er sein Handy gefunden hatte, war das Gespräch, das er führte, kurz, unterlegt mit aufgeregten Handbewegungen. Sein Gesicht, das Clare zugewandt war, verkrampfte sich vor Zorn. Er klappte das Handy wütend zu, ging zum Parkplatz zurück, riss die Autotür auf und ließ sich hinter das Steuer fallen. Dann fuhr er in die Richtung zurück, aus der er gekommen war. Dabei verfehlte er nur knapp eine Frau, die mit einem Kinderwagen die Straße überquerte.
    Clare stieg aus und ging zu der Treppe hinüber, die zu der verdreckten Bucht hinunterführte. Die Flut war hoch gewesen, und der Gestank nach verfaultem Seetang war ekelhaft. Unten am Strand reinigten Leute Kajaks. Seile und Eimer stapelten sich in der Sonne, und zwei Frauen fegten eifrig die Bootshäuser aus. Clare ging hinunter und warf einen Blick in das nächstgelegene Bootshaus. Es war wie eine Krypta aus dem Felsen herausgehauen, nur das Dach war angebaut worden.
    Â»Ganz schön unheimlich, was«, sagte eine der Frauen, die sauber machten. »Sie sollten erst die vielen Tunnel hier unten sehen. Wie eine unterirdische Stadt.«
    Â»Ich würde liebend gern die Tunnel sehen«, sagte Clare. »Ich wohne ganz in der Nähe und habe mich schon oft gefragt, wie es unter der Promenade aussieht.«
    Â»Ich zeig’s Ihnen. Drinnen ist sogar eine Karte.« Clare
folgte ihr in das Bootshaus. Die Luft war feucht. Die Karte zeigte die Sea Point Promenade und die Main Road mit den darunter liegenden Tunneln.
    Â»Das hier ist doch alles wiedergewonnenes Land?«, fragte Clare.
    Â»Ja. Die Stadt hat diese Karten vor zwei Jahren herausgegeben, nach der großen Flut. Sie mussten alle verfügbaren viktorianischen Karten zu Hilfe nehmen, um das Tunnelsystem vollständig und richtig darstellen zu können. Ich habe ein Faible für Landkarten, deshalb habe ich mir ein paar gekauft.«
    Clare beugte sich tiefer über die Karte, verfolgte mit dem Finger die Tunnel. »Das sieht ja wie ein Spinnennetz aus. Faszinierend.«
    Â»Ich bin mir sicher, dass hier irgendwo noch ein Exemplar sein muss.« Die Frau suchte in einem Papierstapel. Sie hielt die Karte triumphierend hoch. »Möchten Sie die haben?«
    Â»Und ob! Danke«, sagte Clare. Sie folgte der Frau hinaus, froh darüber, wieder in der Sonne zu sein.
    Â»Wie oft machen Sie hier sauber?«, fragte Clare.
    Â»Oh, nur einmal im Jahr. Wir machen es immer am selben Tag. Wir tun uns dann zusammen und ziehen es gemeinsam durch.«
    Â»Im letzten Jahr«, sagte ein Mann, der sorgfältig alte Segel zusammenfaltete, »kam einen Tag nach unserer Reinigungsaktion ein Riesensturm – erinnern Sie sich daran?« Clare nickte. »Am Tag nach unserem Frühjahrsputz hat der Sturm alle Türen weggerissen. Nicht zu fassen. Jetzt klopfen wir auf Holz, dass das nicht wieder passiert.«

    Clare schaute nach Westen. Es war klar, das Meer funkelte. »Sieht nicht danach aus. Wem gehören die Bootshäuser?«
    Â»Der Stadt«, sagte der Mann. »Unsere Familien haben sie seit vielen Jahren gemietet. Es ist eine Art Erbpacht. Sie überlegen sich aber, die Miete zu erhöhen, das weiß ich. Als ob wir in Sea Point nicht genug Grundsteuer zahlten!«
    Clare ging zum Ende des kleinen Strandes. Sie hörte, wie sich das Grüppchen weiter darüber unterhielt, ob die Grundsteuer in Sea Point im Vergleich zu anderen Stadtteilen zu hoch sei. Die Ufermauer machte einen scharfen Knick und verlief dann wieder gerade zum Leuchtturm. Am Rande des Knicks war eine große Öffnung in der Ufermauer zu sehen. Sie wirkte wie ein blindes Auge. Clare schlug den Mantelkragen hoch. Sie stand an einer ungeschützten Stelle, und der Wind war schneidend.

42
    Die Uhr zeigte halb sechs, als Theresa Angelo mit dem Sprechen des Textes für einen Werbespot fertig war.
    Â»Ich brauche eine Pause«, sagte Sam Napoli. »Trinkst du einen Cappuccino mit mir?«
    Â»Nein, danke, Sam.« Theresa wurde rot. Kaffee machte sie rappelig, und es war ein seltsamer Gedanke, mit einem Mann Kaffee zu trinken, der fast so alt war wie ihr Dad. Nicht dass Sam mit ihr geflirtet hätte. So war er
überhaupt nicht. Er sah ziemlich gut aus, obwohl seine Schultern so steif wirkten wie bei allen Männern über vierzig, ganz gleich, wie oft sie ins

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