Blutsbraeute
auf seiner Seite nicht zupackte. Sie sah, wie sich der Hammer in seiner Faust in dem polierten Auto widerspiegelte, doch er bewegte ihn so schnell, dass sie nicht ausweichen konnte. Der Schlag traf sie am Hinterkopf, tötete sie aber nicht. Die Wucht war wohl genau berechnet gewesen, sodass sie nicht daran starb. Der Mann hob Theresa auf und legte sie in den Kofferraum. Er packte sie in die Tasche, mit der sie
ihm hatte helfen sollen. Sie versuchte, sich zu wehren, aber ihre Glieder gehorchten nicht. Er schlug den Deckel zu. Theresa fasste sich an den Kopf. Blut sickerte zwischen ihren Fingern hindurch. Sie war wütend. Sie hatte sich heute Nachmittag so gründlich die Haare gewaschen. Das Mädchen kämpfte darum, bei Bewusstsein zu bleiben. Sie dachte an ihre Mutter, die jetzt zu ihr unterwegs war, Theresa Schokolade oder eine frische Blume mitbrachte. Würde ihre Mutter sie finden? Damals hatte sie Theresa gefunden, als sie vier Jahre alt gewesen war und sich im Supermarkt verlaufen hatte. Theresa spürte jetzt dieselbe Art von Panik, aber weitaus schlimmer.
Das Auto sprang an, ruckte in den Rückwärtsgang und fuhr dann vorwärts. Sie hörte ein gedämpftes Gespräch und ein Lachen. Der Wachmann an der Schranke? Das Auto fuhr weiter. Dann verlor Theresa den Kampf gegen Schmerz und Angst und glitt in die Dunkelheit.
43
Am Samstagmorgen wachte Clare früh auf, nagende Angst trieb sie nach drauÃen. Sie ging zum Laufen und kaufte auf dem Heimweg Milch. Fritzi miaute freudig, als sich ihr Schlüssel im Schloss drehte, rieb sich an ihren Beinen, als sie die Tür hinter sich zugemacht hatte. Clare bückte sich, um die Katze auf den Arm zu nehmen, und dabei fiel ein Umschlag aus der Zeitung unter Clares linkem Arm auf den Flurboden.
Wieder Constance. Clare bekam plötzlich feuchte Hände. Sie schlitzte den Umschlag auf. Eine Tarot-Karte, grinsend und rätselhaft, fiel heraus. Der Gehängte.
Im Umschlag steckte ein Blatt Papier. Auf einer Seite â gemalt mit schwarzer Tusche â waren zwei vertraute Vertikalen, geschnitten von einem X. Auf die andere Seite hatte Constance eine Tarot-Lesung geschrieben. Für die Wiedergeburt: ein Opfer. Durch den Tod: manchmal Wandel. Clare gefror das Blut in den Adern. Sie machte einen Satz, als das Telefon klingelte. Sie nahm ab, legte den Gehängten zu den anderen drei Karten, die sie von Constance bekommen hatte.
»Ja?«, sagte sie. Es war Riedwaan.
»Clare, es ist wieder ein Mädchen verschwunden.«
»Wann?«, fragte sie. »Wo?«
»Gestern Abend. Ihre Mutter hat es sofort dem Revier am Caledon Square gemeldet. Dort hat jemand den Fall gleich übernommen. Offenbar haben sie den Zusammenhang zwischen dieser Vermisstenmeldung und den drei toten Mädchen nicht gesehen.«
Sie hörte die ungläubige Wut in Riedwaans Stimme.
»Ich habe es eben erst erfahren. Und schon gab es jede Menge Ãrger darüber, wer warum welchen Fall kriegt. Vielleicht hätten wir sie schon gefunden, wenn dieser verdammte Vollidiot am Caledon Square nicht über sein Ego gestolpert wäre.«
Riedwaan waren Stunden an Ermittlungszeit verloren gegangen. Clare wusste so gut wie er, dass es in den ersten Stunden nach einer Entführung am wahrscheinlichsten war, das Opfer zu finden, wenn auch nicht unbeschadet, so doch wenigstens am Leben. Je länger dieses
Mädchen verschwunden blieb, desto weniger wahrscheinlich wurde es, dass man sie lebendig ausfindig machte.
»Wer ist sie?«, fragte Clare. »Was ist passiert?«
»Sie heiÃt Theresa Angelo. Wohnt mit ihrer Mutter in Gardens. Verdient sich ein bisschen Geld als Sprecherin für Werbefilme. Sie wollte sich scheinbar nach einer Aufnahme bei Fusion Films in Waterfront mit ihrer Mutter treffen. Sie haben um halb sechs miteinander telefoniert. Die Mutter war noch bei der Arbeit, und sie haben sich für acht am Kino verabredet. Ihre Mutter war pünktlich da, aber Theresa kam nicht. Sie hat sie angerufen. Weil Theresa nicht abhob, rief Mrs. Angelo bei Fusion Films an. Der Tontechniker war noch da und hat ihr gesagt, dass Theresa gleich nach der Aufnahme gegangen ist.«
»Warst du auf dem Revier am Caledon Square?«
»Natürlich. Aber diese Arschlöcher haben gestern Abend nichts unternommen. Sie hatten es sich in ihre Dickschädel gesetzt, dass Theresa sich mit einem Freund getroffen habe und mit ihm weggegangen sei. Und
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