Blutsbraeute
genickt haben. »Ja, Captain, am Samstag gegen drei.«
»Wo war das?«
»Hier, zu Hause.«
»Was hatte sie vor?«
»Sie wollte zum Canal Walk Center. Sie war oft dort in der Tanzschule. Sie haben alle für das Winter-Tanzfestival geprobt. Sie war eine wunderbare Tänzerin, wissen Sie. Ballett, Modern Dance, auch afrikanische Tänze. Schauen Sie sich die vielen Urkunden vom Eisteddfod an. Und das ist der Brief von der University of Cape Town, der eine Einladung zum Vortanzen enthält.« Hier brach seine Stimme. »Er kam am Donnerstag. Entschuldigung«, murmelte er.
»Warum, Captain? Warum unser Baby?« Das war das Erste, was Mrs. Hendricks sagte. Natürlich konnte Riedwaan darauf keine Antwort geben. Er schwieg, bis Mr. Hendricks sich wieder im Griff hatte.
»Wie ist sie in die Stadt gefahren?«
»Unsere Nachbarn haben sie mitgenommen. Sie wollten ins Kino.«
»Wie heiÃt Ihr Nachbar?« Clare hörte Interesse in Riedwaans Stimme.
»Er war nicht dabei. Nur Mrs. Vermaas und ihre Mutter. Sie haben sie abgesetzt, und sie ist zu der Probe gegangen.« Clare wusste, dass ihre am Boden zerstörte Tanzlehrerin das bestätigt hatte. Die anderen Tänzer in ihrer Gruppe hatten alle bis sechs mit ihr geprobt und sich dann zum Abendessen oder Nachhausefahren in Grüppchen aufgelöst. Eine lange Pause entstand. Dann sprach er weiter. »Um sieben hat sie mir eine SMS geschickt. Darin stand, dass sie später eine aufregende Ãberraschung für uns hat. Dass sie uns davon erzählt, wenn sie nach Hause kommt.« Das Band knisterte während des Schweigens.
»Das ist das Letzte, was wir von ihr gehört haben.« Das war wieder Mrs. Hendricks. Ihre Stimme war purer Schmerz.
»Wie wollte sie nach Hause kommen?«
»Sie sollte sich um halb elf mit meinem Bruder treffen. Er hat ein Taxi. Er wollte sie nach Hause fahren, wie üblich.« Mr. Hendricksâ Stimme wurde leiser, als er sich ein Stück vom Mikrofon entfernte. Clare stellte sich vor, dass er näher zu seiner Frau rückte, vielleicht ihre Hand hielt. »Aber sie kam nicht. Er hat sie angerufen, und er sagt, dass der Anruf angenommen worden ist. Er konnte Amores Stimme hören. Hörte sie lachen. Und er hörte Gläser und Musik. Er hat gedacht, dass Amore in einer Bar oder in einem Restaurant ist. Und dann ging das Handy aus. Bevor er mit ihr sprechen konnte. Er hat
versucht, wieder anzurufen, aber ihr Handy war ausgeschaltet. Er konnte sie nicht finden.«
»Was hat Ihr Bruder unternommen?«
»Er hat den Sicherheitsdienst der Taxizentrale alarmiert â er kennt die Leute â, und er hat die Kollegen angefunkt. Dann hat er uns angerufen und uns gesagt, wir sollen kommen. Er hat auÃerdem die Polizei verständigt. Er hatte ein sehr schlechtes Gefühl, weil es einfach keine Spur von ihr gab. Nichts. Nichts.«
»Wann war das, Mr. Hendricks?«
Seine Frau antwortete. »Es war kurz nach elf. Wissen Sie, die Schicht wechselt um halb elf. Deshalb kommt er dann immer nach Hause. Manche von der Nachmittagsschicht wohnen hier in der Nähe, und er nimmt sie mit â¦Â«
Clare schnitt ihr das Wort ab, indem sie auf die Rückspultaste drückte. Das Band pfiff beim Zurücklaufen. »⦠die Schicht wechselt um halb elf.« Das sagte Mrs. Hendricks jetzt noch einmal, ganz deutlich. Das erklärte, warum Amore nicht gesehen worden war. Jede Schicht meldete sich in der Zentrale ihres Sicherheitsdienstes ab, auch die Wachleute. Dort wurden die Walkie-Talkies und die Leuchtwesten an die nächste Schicht übergeben, bevor die, deren Dienst zu Ende war, nach Hause gehen konnten. Falls Amore Hendricks während des Schichtwechsels irgendwohin gegangen war â freiwillig oder nicht â, hatte sie niemand gesehen, auÃer ein paar Passanten, wenn man Glück hatte.
Clare beobachtete das Haus. Hinter den zugezogenen Vorhängen blies jemand die Kerze aus, löschte das letzte Licht. Clare war bis auf die Knochen durchgefroren. Sie
sah die Schatten von Mr. Hendricks und seiner Frau im Zimmer, sah, dass er sie in die Arme nahm und dass sie an seiner Brust zusammensackte. Clare fuhr weg. Die Scheibenwischer an der Windschutzscheibe verbesserten ihre Sicht so gut wie gar nicht, bis sie wieder in Sea Point war.
Clare wusste, dass sie Riedwaan erklärten musste, warum sie verschwunden war, aber sie fühlte sich
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