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Blutsbrüder: Ein Berliner Cliquenroman (German Edition)

Blutsbrüder: Ein Berliner Cliquenroman (German Edition)

Titel: Blutsbrüder: Ein Berliner Cliquenroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Haffner
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förmlich noch nach der Fabrik roch. Natürlich tankte Fred sofort und sauste ab. Richtung Leipzig.
    Jonny sitzt mit den Jungens beim Cliquenvater in der Badstraße. Sie warten auf Freds Rückkehr, er wollte heute um sechs Uhr nachmittags wieder bei Gotthelf sein.Da kommt ein Postradler mit einem Rohrpostbrief für Gotthelf. „Wer schreibt mir denn so ’n eiligen Liebesbrief?“ Verdammt, Freds Handschrift, erkennt Jonny. Ein eilig gekritzelter Zettel: „Jonny, die Bullen sind hinter mir her, trauen sich aber nicht ran. Sofort Badstraße ausräumen und türmen. Geht zu Ulli. Wenn ich den Bullen entwischen kann, bin ich nachts zwölf Uhr in Ullis Laube. Vorsicht, vielleicht habt Ihr auch schon Besuch. Fred.“ Alle stehen bleich und zitternd da. Nur Gotthelf, der alte Zuchthäusler, sagt gleichgültig: „Jott, Gollnow is ooch janz scheen …“ Jonny befiehlt, das vorhandene Diebesgut, hauptsächlich seidene Damenwäsche, in handliche Pakete zu packen. Dann geht er auf die Straße um zu sehen, ob sie schon von Kriminalbeamten beobachtet werden.
    Er weiß, daß er in den nächsten Minuten verhaftet werden kann. Ruhig steht er im Hausflur, zieht an seiner Zigarette und guckt scheinbar gelangweilt nach links und rechts, auf die andere Straßenseite. Um diese frühe Abendstunde ist die Badstraße stark belebt. Aber nichts Verdächtiges zeigt sich. Nach einer Viertelstunde gibt er den Befehl, das gestohlene Gut in Ullis Laube zu schaffen. In Abständen von einigen Minuten gehen die Jungens einzeln, jeder mit einem Paket, Richtung Straße 80f. Abt. X. 2. Zum Glück ist Ulli in der Laube. Gegen Gewinnbeteiligung erklärt er sich bereit, die Ware aufzunehmen und auch die Blutsbrüder zu beherbergen. Nach einer Stunde ist der Umzug vollzogen. Gotthelfs Wohnung ist wieder sauber. Jetzt können die Bullen kommen.„Ick een Hehler? Det soll’n sie mir erst mal beweisen, meine Herren!“
    Auf dem letzten Wege zu Ulli kauft Jonny einen Posten Ölpapier. Die ganze Ware wird in das wasserdichte Papier gepackt. Hinter der Laube wird ein Loch gebuddelt: hinein mit der ganzen Sore. Feststampfen die Erde, drei Eimer Schutt darüber ausschütten. Von der Buddelei ist nichts mehr zu sehen. Um die im Dunkeln liegende Laube nicht zu verraten, hat Ulli den Kanonenofen mit Koks, der wenig Rauch erzeugt, geheizt. Vier Blutsbrüder werden losgeschickt, um für jeden Jungen zwei Wolldecken zu kaufen. Geld ist genügend vorhanden. Im Winter in einer Laube nächtigen, ist ein kaltes Vergnügen. Auch Rum und Zucker, sowie Lebensmittel werden eingekauft. Bald sitzen alle um den strahlenden Ofen und unterhalten sich leise, ob es Fred gelingen wird, den Bullen zu entwischen. Um die Laube fegt der Sturm, und Regen peitscht gegen das kleine, dicht verhängte Fenster. In der Laube ist es so warm, daß die Feuchtigkeit, die in den Holzwänden sitzt, zu Wasserdampf wird.
    Lange ist es Mitternacht, von Fred keine Spur. Die Blutsbrüder liegen auf ihren Decken, vollkommen angezogen. Wer weiß, vielleicht müssen sie plötzlich türmen. Endlich, gegen zwei Uhr morgens, wird draußen ein Hundeblaff hörbar. Das ist Freds Signal! Aber noch rühren die Jungens sich nicht. Erst als ein harter Gegenstand die Laubentür von oben nach unten, von unten nach oben bekratzt, sind sie gewiß, daß es Fred ist. Vergnügt, total durchnäßt aber nicht im mindesten irritiert, wirft Fred sich auf eine Decke. „Servus, Jungs. Macht mir erst mal einen Grog!“ Er trinkt das heiße, starke Zeug in großenSchlucken und zündet sich eine Zigarette an. „Hab ick eben jelacht! In ’ne Taxe fahr ick bei Gotthelf vorbei. Wat meint ihr, wieviel Krimis da rumlungerten? Dreie hab ick jesehn, zweie bei den Strippenregen auf die andere Seite in ’n Hausflur, un eener bei Gotthelf in ’n Hausflur. Saß da in eene Ecke jekauert und mimte eenen Besoffenen! Und alle wollten sie jern Jonny und Fred juten Tag sagen …“
    Als Jonny kurz berichtet hat, daß die Ware in Sicherheit ist, erzählt Fred. Die Garage in Leipzig, in der er den Wagen vorläufig untergestellt habe, müsse unter polizeilicher Beobachtung gewesen sein, denn von nun an wurde er die amtliche Begleitung nicht mehr los. Zu dem Helfershelfer, der den Wagen übernehmen sollte, konnte er natürlich nicht gehen. Durch plötzliches Aufspringen auf die fahrende Straßenbahn habe er die Beamten abgehängt. Am Leipziger Hauptbahnhof aber waren sie plötzlich wieder da, sahen aber scheinbar nicht, daß Fred in den Berliner Zug

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