Blutsbund 3 Michail
und erwiderte gefasst: »Ich weiß nicht, was du denkst, aber du solltest wissen, dass in diesem Raum nur Dinge mit beiderseitigem Einverständnis stattfinden.«
Der Werwolf schritt langsam in das Zimmer und auf den dort noch stehenden Metallwagen zu. Er nahm ein Skalpell in die Hand, dann drehte er sich zur Tür und hielt den scharfen Gegenstand hoch. Entsetzen spiegelte sich in Alexanders Gesicht. »Mit beiderseitigem Einverständnis?«, fragte er atemlos.
Michail nickte. »Du darfst nicht vergessen, dass der Speichel eines Vampirs Wunden sofort verschließt und keine Spuren bleiben.«
Alexander presste Luft aus seinen Lungen und besah sich die Ketten, die vor ihm hingen. »Deine kleine persönliche Folterkammer?«
»Nein Alexander, das was hier stattfindet, hat nicht wirklich etwas mit Folter zu tun. Es geht um eine Kombination aus Lust, Schmerz, Kontrolle und Hingabe. Hast du mit diesem Bereich noch nie Berührungspunkte gehabt?«
Der Werwolf schüttelte den Kopf und ließ seinen Blick wieder durch den Raum schweifen. Michail fühlte sich unwohl über Alexanders Schweigen.
»Der Kaffee wird kalt. Das Bad ist gegenüber«, sagte er und ging ins Wohnzimmer zurück. Er griff zu einer der Tassen und stellte sich ans Fenster.
Michail schnaufte und verfluchte diesen Tag. Erst hatte er sich nicht zusammenreißen können und Alexanders Bauchmuskeln unter die Lupe genommen, dann hatte er ihn als Werwolf fast schon angehimmelt und nun stand dieser in seinem Spielzimmer und hielt ihn wohl wortwörtlich für den Schlächter. Er stellte seine Kaffeetasse an die Seite, vergrub die Hände in den Hosentaschen seiner Jeans und lehnte die Stirn gegen das kalte Glas der Fensterscheibe. Er schloss die Augen und in ihm meldete sich ein Gefühl, das er als Angst definieren konnte. Angst davor, dass Alexander ihn jetzt verachten könnte und womöglich Abstand zu ihm nahm. Michail brummte leise. Sie kannten sich gerade mal seit drei Tagen und er hatte Verlustangst, wie er sie nur selten verspürt hatte. ‚Was war nur geschehen, dass der Schlächter sich sorgte, dass ein Werwolf ihn abweisen könnte?‘, fragte er sich kopfschüttelnd, doch ändern konnte er die bestehenden Gefühle nicht.
Er hörte, wie Alexander das Wohnzimmer betrat und sich seine Tasse nahm. Michail hätte sich gern umgedreht und irgendetwas gesagt, um der Situation eine Wendung zu geben, aber stattdessen verharrte er schweigend in der Stellung, die er eingenommen hatte.
Alexander ging zum Fenster und stellte sich neben ihn. »Warum hast du diesen Raum, Michail?«, fragte er ihn mit ruhiger Stimme.
Der Vampir sah nicht auf und ließ die Augen geschlossen. »Ich bin vierhundert Jahre alt. In so einer Zeitspanne probiert man viel aus und stellt fest was einem gefällt, was einem Lust verschafft und was nicht. Irgendwann lag kein Reiz mehr darin, einfach zwischen den Schenkeln einer Frau zu liegen.« Er zögerte einen Moment und überlegte, wie viel er ihm erzählen sollte, dann sprach er weiter: »Wenn du spürst, dass es beiden Seiten pure Lust bereitet, Schmerz zu fühlen und zu verursachen, entstehen neue Blickwinkel, ebenso, wenn Macht und Unterlegenheit Lust auslösen. Es ist schwer für mich geworden, noch normalen Reizen zu erliegen. Deshalb habe ich diesen Raum. Besser kann ich es nicht erklären.«
Dass Alexander nichts erwiderte, sorgte dafür, dass Michail seine Tasse mit dem bereits kalt gewordenen Inhalt nahm und angespannt die Küche ansteuerte.
»Willst du auch noch einen Kaffee?«, fragte er möglichst gelassen.
»Gern«, erwiderte der Werwolf, der ihm in den Raum gefolgt war, ohne dass er es bemerkt hatte.
Michail drehte sich zu Alexander um und schaute ihm das erste Mal wieder direkt ins Gesicht. Der Werwolf sah ohne Frage nachdenklich aus, allerdings spiegelte sich keinerlei Abscheu oder Distanz in dessen Mimik. Der Vampir nahm dem andern die Tasse ab und gab ihm kurz darauf eine frisch gefüllte in die Hand. Mit einem ebenfalls heiß dampfenden Kaffee gingen sie zurück ins Wohnzimmer und stellten sich erneut, mit dem Blick auf die Stadt, an das Fenster.
Michail brannte eine Frage auf der Zunge und er musste sie einfach stellen, um die leise glimmende Furcht in den Griff zu bekommen. »Kommst du damit zurecht, Sascha?«
Der Werwolf hob ruckartig den Kopf und blickte den Vampir an. Dass der Mann die Koseform seines Namens gewählt hatte, zeigte ihm die Gewichtigkeit seiner Antwort. Zögernd legte er dem anderen die Hand auf die
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