Blutschande
kein Alibi, die Briefe von Cecilies vermutlichem Mörder stammen von Ihrem Laptop, und Sie sind kurz vor ihrem Tod in Ihrer Nähe gesehen worden. Sie merken wohl selbst, dass es schlecht für Sie aussieht.«
Henrik Frandsen starrte Roland mit weit aufgerissenen Augen an und richtete seinen Blick dann auf Liv.
»Warum sollen wir an Ihre Unschuld glauben?«
»Ich glaube, ich möchte jetzt mit einem Anwalt reden.«
Verdammt, dachte Liv. Diese wenigen Worte machten alles kaputt. Hätten Sie nur noch einen Moment weitermachen können, hätten sie ihn überführt.
»Sind Sie sicher? Wir unterhalten uns doch nur mit Ihnen«, sagte Roland freundlich. »Sind Sie sich wirklich sicher, dass es nicht doch etwas gibt, was Sie uns sagen möchten? Etwas, was Ihnen auf der Seele brennt?«
Henrik Frandsen schüttelte den Kopf.
»Ich sage nichts mehr, bis mein Anwalt hier ist.«
»Manchmal ist es recht angenehm, sich sein Herz zu erleichtern«, fuhr Liv fort. »Wir können Ihnen bestimmt helfen.«
Aber Henrik Frandsen hatte sich allem Anschein nach entschlossen, nichts mehr von sich zu geben.
Per Roland sah zu Liv und dann zu Henrik Frandsen.
»Tja, wenn das so ist, können wir nichts mehr für Sie tun.«
»Diese verfluchten Krimiserien«, schimpfte Per Roland, als Henrik Frandsen von zwei Beamten abgeholt und zurück in den Arrest gebracht worden war. »Ich will einen DNA-Test von ihm, und dann müssen wir das Haus untersuchen, vom Keller bis zum Dachboden. Wir brauchen innerhalb der nächsten 24 Stunden einen klaren Beweis dafür, dass er in Cecilies Haus war. Etwas, was vor Gericht Bestand hat.«
17
Per Roland betrachtete sein Spiegelbild in dem dunklen Fenster der herrschaftlichen Küche. Durch die offene Terrassentür hörte er die Wellen des Øresunds, und für einen kurzen Moment wünschte er sich in sein H-Boot. Er dachte an Cynthia. Sie hatte nie Freude am Segeln gehabt, aber es würde ihr gefallen, in Junge-Larsens mächtiger Villa zu wohnen, und eine ganz besondere Freude wäre es ihr sicher jeden Tag aufs Neue gewesen, in die schmucke Küche zu treten, in der jetzt Per Roland und seine Leute mit gesenkten Blicken saßen.
Max Motor mit seinem verbundenen Bein fummelte an einer Espresso-Maschine herum. Miroslav sah müde aus, dachte Roland.
Liv und Carsten starrten in die Luft, Anette lehnte an der Anrichte und beobachtete Max’ Bemühungen, während Lange Lind als Einziger trompetend und niesend durchs Haus lief, überall Proben nahm und jedes Kissen als vermeintliche Mordwaffe genau unter die Lupe nahm.
»Und was machen wir, wenn wir nichts finden?«, brach Liv plötzlich das Schweigen.
Per Roland drehte sich nicht um, sondern starrte weiter auf die dunkle Fensterscheibe. Warum waren die Stimmen der Menschen so unterschiedlich? Warum klang Cecilies wie der Gesang der Engel, während Livs Stimme eher an einen Schneidbrenner erinnerte? Lag das wirklich nur an der unterschiedlichen Länge der Stimmbänder, wie er es einmal in einem Artikel in der Illustrierten Wissenschaft gelesen hatte? Die der Männer waren länger als die der Frauen, weshalb ihre Stimmen tiefer waren. Doch auch die Größe des Brustkorbs sollte sich auf die Klangfarbe auswirken. Vielleicht klang Livs Stimme deshalb manchmal so schrill und dünn. Sie war einfach zu schmächtig, dachte er, ohne zu wissen, ob es wirklich so einfach war. Vielleicht war ihm ihre Stimme aber auch deshalb so schrill vorgekommen, weil ihre Frage ihn ärgerte.
»Wir haben doch noch immer ihre Korrespondenz«, sagte Max Motor und nippte vorsichtig an dem starken Kaffee. »Reicht die nicht?«
Max musste unglaublich lange Stimmbänder haben, dachte Roland.
»Nein, die reicht leider nicht«, antwortete er, wandte sich seinen Leuten zu und versuchte, aufmunternd zu lächeln.
»Aus der Tatsache, dass er ihr fünf Mails geschickt hat, kannst du nicht mit Sicherheit ableiten, dass er sie auch ermordet hat«, brummte Miroslav. »Das kann doch jeder tun, Mann. Er kann ja behaupten, dass er das alles nur zum Spaß gemacht hat. Oder dass er diese Mails gar nicht verschickt hat, sondern jemand anderes seinen Computer benutzt hat.«
»Miroslav hat recht. Wir brauchen zwingend eine konkrete Verbindung zwischen Henrik Frandsen und Cecilie. Wir können ihn nicht mit dem Kontaktort in Verbindung bringen. Leider. Die Schuhabdrücke im Wald sind nicht genau genug. Wir müssen also auf Spuren am Fundort oder am Tatort hoffen. Und da Cecilie hier im Keller gefunden wurde, müssen
Weitere Kostenlose Bücher