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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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gewesen, dass Robey so nah neben ihm stand.
    Er öffnete die Augen. Melinda Strickland war ein wenig zurückgetreten – genau wie Elle Broxton-Howard. Unabsichtlich hatten sie eine Gasse zu Dick Munker geöffnet, der sich hinter dem Podest eine Zigarette anzündete.
    »Munker«, sagte Joe mit heiserer Stimme.
    Der FBI-Mann hob eine Braue.
    »Wenn Sie etwas tun, das April noch mehr verletzt, werde ich die Bäume mit Ihrem Blut bemalen.«
    »Mein Gott!«, sagte Strickland und äugte alarmiert zu Broxton-Howard hinüber, damit die Journalistin ihre Reaktion zu Papier brachte.
    »Das gilt auch für Sie«, sagte Joe und blitzte Strickland zornig an. »Sie wollten Krieg, und nun bekommen Sie, was Sie sich wünschen.«
    »Joe, verdammt, gehen Sie nach Hause«, zischte Hersig ihm ins Ohr. »Gehen Sie nach Hause, bevor Munker an Eides statt erklärt, dass Sie ihn vor unser aller Ohren bedroht haben, und einen Haftbefehl gegen Sie erwirkt.«

    Stille senkte sich über den Raum.
    Joe ließ sich von Robey zum Ausgang führen. Der Bezirksstaatsanwalt trat mit ihm aus dem Gebäude.
    »Sie sind gerade mächtig aus der Rolle gefallen«, sagte Hersig kopfschüttelnd. »Was tun Sie da nur?«
    Joe wollte sich schon mit ihm streiten, doch der rote Schleier der Wut begann sich zu lichten. »Vielleicht weiß ich das nicht, Robey.«
    »Fahren Sie nach Hause. Halten Sie sich hier raus.«
    »April ist da oben.«
    »Genau wie Spud Cargill.«
    »Das weiß ich nicht. Und eigentlich glaub ich es auch nicht. Es ergibt keinen Sinn.«
    »Joe …«
    »Wir haben nur McLanahans Aussage, jemand – womöglich Cargill – sei gestern Nachmittag an ihm vorbeigerast. Und auf dieser wackligen Grundlage bricht nun die Hölle los, um es mit Ihren Worten zu sagen.«
    »Ich weiß, ich weiß«, erwiderte Hersig matt.
    »Sollen wir das einfach zulassen?«, fragte Joe.
    Hersig wollte spontan antworten, dachte aber kurz nach und sagte dann: »Vielleicht ist das gar nicht so übel. Die Leute da oben sind wirklich nicht die Crème de la Crème.«
    Joe starrte ihn wütend an. »Gehen Sie mir bloß aus den Augen, Robey.«
    Er drehte sich um, stapfte durch den Schnee davon und wusste, dass die Dinge sehr schnell noch viel schlimmer werden würden, wenn er jetzt nicht verschwand.

    Joe verließ Saddlestring in Richtung der Berge auf dem Weg … wohin? Er wusste es nicht. Er hatte das Gefühl, unter
Wasser zu sein. Seine Gedanken und Bewegungen kamen ihm schwerfällig vor. Es waren die Gedanken eines anderen.
    Er bremste auf dem Bankett. Große weiße Flocken segelten auf die Frontscheibe und wurden zu tropfenförmigen Sternen. Es schneite stark. Er kurbelte die Scheibe herunter und streckte den Kopf hinaus. Kühl senkte sich der Schnee auf sein Gesicht.
    Er starrte wie blind zum Himmel. Überall wirbelten Flocken herab. Einige landeten in seinen Augen. Er bemühte sich, nicht zu blinzeln.

26
    Überwältigende Schneemengen fielen vom Himmel. Als Joe mit voll aufgedrehter Scheibenheizung und hektisch hin und her streichenden Wischerblättern Richtung Saddlestring fuhr, musste er gegen seine zunehmende Verzweiflung ankämpfen. Der frische Schnee knirschte unter den Reifen, und die Spuren, die er auf dem Weg aus der Stadt hinterlassen hatte, waren schon zugeschneit und nicht mehr zu erkennen. Rotwild – kaum mehr als flüchtige Schatten – stieg aus den Ebenen und Canyons in die bewaldeten Vorberge auf. Gänse flüchteten vom Fluss unter Felsvorsprünge und dichtes Gesträuch. Die mächtigen Rücken der Bighorn Mountains, die sonst einen so verlässlichen Horizont boten, waren hinter einem Vorhang aus tödlichem Weiß verschwunden. Ohne die dunklen Leitpfosten aus Metall, die links und rechts der Landstraße standen, hätte Joe kaum gewusst, wo die Straße verlief.
    Er versuchte nachzudenken, die Dinge ins richtige Verhältnis zu setzen und die Galle hinunterzuschlucken, die immer wieder in ihm aufstieg. Er hatte sich genug beruhigt, um sich dessen zu schämen, was er im Gebäude der Forstverwaltung gesagt hatte. Er hatte die Beherrschung verloren, und das war bei ihm ungewöhnlich. Die Schwäche, die er Munker und Strickland gegenüber gezeigt, und manches von dem, was er gesagt hatte, mochten ihm noch große Probleme bereiten. Strickland, Munker und selbst Robey konnten bei seinen Vorgesetzten Beschwerde einlegen und sogar für seine Verhaftung sorgen. Jeannie Keeley konnte seinen Ausbruch gegen ihn ins Feld führen, wenn Joe vor Gericht argumentieren würde, April

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