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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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schon was gewonnen«, erwiderte Joe.
    Cobb blickte zu Boden. Er bat ihn nicht herein, was Joe ein wenig ärgerte.
    »Womit kann ich Ihnen helfen?«
    »Spud Cargill. Er war ein Mitglied Ihrer Kirche. Ich habe ihn Heiligabend im Gottesdienst gesehen.«
    Cobb nickte und schloss seinen Bademantel.
    »B. J., machst du bitte die Tür zu«, bat die Stimme von Eunice Cobb aus dem Innern des Hauses. »Sonst zieht die Wärme nach draußen!«
    »Der Jagdaufseher ist da«, rief Cobb über die Schulter. »Er stellt Fragen nach Spud.«
    Das ließ seine Frau verstummen. Der Pfarrer wandte sich wieder Joe zu.
    »Ja, Spud war ein Mitglied unserer Gemeinde. Er kam treulich zweimal im Jahr in unsere Kirche, in guten Jahren dreimal. Er war nicht gerade eine Säule des Gemeindelebens. Wissen Sie, Mr. Pickett, ich habe diese Fragen bereits dem Sheriff beantwortet.«
    Joe nickte. »Hat er Sie gefragt, ob Sie wissen, wo Spud sich versteckt halten könnte?«
    »Natürlich.«
    »Und was haben Sie darauf geantwortet?«
    »Dass ihn das nichts angeht.«
    Joe ächzte und schaute weg. Was für ein Sturm, dachte er.
    »Sie wissen, dass Spud einen Menschen umgebracht hat.«
    Cobb kicherte. »Diesen Beamtenarsch?«
    »Lamar Gardiner«, stellte Joe ungerührt fest.
    »Davon hab ich gehört«, sagte Cobb, nahm dabei die Enden seines Bademantelgürtels und schlang einen losen Knoten. »Mr. Pickett, ich möchte nicht grob sein. Ich bewundere Ihre
Hartnäckigkeit, und ich habe gehört, dass Sie ein ehrlicher Mensch sind. Das ist selten. Aber ich habe strenge Grundsätze, was die Einmischung des Staates in das Leben der Menschen angeht. Ich bin nicht verpflichtet, dem Staat zu helfen. Es ist Verpflichtung des Staates, mir – dem Steuerzahler und Bürger – dienstbar zu sein. Ich missbillige die Art von Gewalt, die die Bundesbehörden hier ausüben.«
    »Das bedeutet noch nicht, dass Lamar Gardiner hätte getötet werden dürfen«, wandte Joe ein.
    Cobb dachte darüber nach. »Da haben Sie wahrscheinlich Recht.«
    »Und wissen Sie was?«, fragte Joe und schüttelte sich den Schnee von der Jacke. Er hob den Kopf und sah Cobb in die Augen. »Ich bin eigentlich nicht gekommen, um diese Frage mit Ihnen zu erörtern, Mr. Cobb. Und ehrlich gesagt, ist mir auch Spud Cargill ziemlich egal. Ich bin hier, weil eins meiner Mädchen inzwischen da oben im Lager lebt und womöglich verletzt wird, wenn die Leute vom FBI und der Forstverwaltung ihren Willen durchsetzen und den Zeltplatz stürmen, weil sie glauben, er halte sich dort auf. Falls ich also rausbekommen kann, wo Spud Cargill ist oder nicht ist, kann ich meinem Mädchen vielleicht helfen.«
    Cobbs Miene veränderte sich. Er wirkte etwas verwirrt, als befände er sich in einer Zwickmühle.
    »Das wusste ich nicht«, sagte er leise.
    »Verstehen Sie mich nicht falsch. Wir beide haben sehr unterschiedliche Ansichten. Aber in diesem Fall möchte ich die Bundesbeamten ebenso gern aufhalten wie Sie. Nur aus einem anderen Grund.«
    Cobb schien über etwas nachzudenken.
    »Schatz …«, sagte seine Frau leise von drinnen, »tut mir leid, aber mich friert.«

    Der Pfarrer setzte zu einer Antwort an, schwieg aber. Dann verhärtete sich seine Miene, und er fuhr sich mit der Hand über die millimeterkurzen Haare.
    »Ist er da oben, Mr. Cobb?«, fragte Joe.
    Cobb trat einen Schritt zurück und tastete nach der Klinke. Joe überlegte, ob er ihm die Tür vor der Nase zuschlagen würde.
    »Sie sind ein Mann Gottes«, sagte er. »Bringen Sie Spud dazu, sich zu stellen.«
    »Ich bin ein Mann Gottes, doch er wird sich nicht stellen.«
    Joe versuchte, seine Erleichterung zu verbergen, denn diese Antwort bedeutete, dass Cobb mit Spud Cargill in Verbindung stand – oder doch gestanden hatte. Es bedeutete auch, dass Cobb belangt werden konnte, einem Flüchtigen geholfen zu haben. Sie beide wussten das.
    »Die Kirche ist ein Ort der Zuflucht, Mr. Pickett«, sagte Cobb. »Spud glaubt daran. Genau wie ich. Und weiter kann ich Ihnen nichts sagen.«
    »Dann ist er also hier«, murmelte Joe.
    Cobb schüttelte den Kopf. »Er war hier. Aber jetzt ist er fort.«
    Bevor er die Tür schloss und zusperrte, hob er den Blick und starrte über Joes Schulter hinweg Richtung Berge.

    Die Straße zu Nate Romanowskis Haus war fast unpassierbar, trotz der Schneeketten. Viermal blieb Joe stecken und brauchte für die Fahrt, die eine Stunde hätte dauern sollen, drei Stunden. Es war längst Nachmittag, obwohl der Himmel nichts über die Tageszeit

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