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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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anzuhalten, schwang sich hinaus aufs Trittbrett und spähte durch sein Fernrohr. Er hörte die beiden Fahrzeuge hinter ihm herankommen und anhalten, die Motoren im Leerlauf.
    Unten sah es aus wie in einer Arena. Joe konnte erkennen, wo der Schnee zu Hügeln aufgeschaufelt war und wo er sich verfärbt hatte.
    Er stieg wieder ein, schloss die Tür und wandte sich an Brazille. »Wenn ihr Jungs mich später nicht mehr braucht, muss ich mich mit dem Motorschlitten da unten umschauen.«
    »Was gibt’s denn so Schlimmes?«, fragte Brazille.
    »Anscheinend hat jemand die toten Wapitis gefunden.«
    »Was für Wahnsinnige treiben sich denn bei dem Wetter hier rum?«, fragte Brazille. »Und wer schert sich unter diesen Bedingungen auch nur einen Furz um tote Wapitis?«
    Joe schüttelte den Kopf. Das fragte er sich auch. Dann drehte er sich wieder nach vorn und sagte mehr zu sich als zu Brazille: »Ich.«
    »Falls wir rausbekommen, wer das da unten getan hat, müssen wir diese Leute nach dem Mord an Gardiner befragen«, sagte Brazille. »Vielleicht haben sie irgendwas bemerkt. «
    Joe nickte.
    »Verdammt«, setzte Brazille dann hinzu und hob die Brauen. »Vielleicht waren das ja die Mörder.«

    Joe führte alle durch den dichten Wald zu dem Baum, wo er Gardiner gefunden hatte. Der Schnee lag oberschenkelhoch und fühlte sich an wie Mehl. Die Männer ächzten und fluchten hinter ihm, und Joe spürte, dass sich auf seiner Haut ein dünner Schweißfilm bildete.
    »Wie weit ist es noch?«, rief Hilfssheriff McLanahan keuchend.
    »Wir sind gleich da«, gab Joe zurück und machte eine unbestimmte Geste. Es war schwer, sich zu orientieren, und er hoffte, nicht an dem Baum vorbeizulaufen.
    »Und Sie haben Lamar den ganzen Weg über getragen?«, fragte Barnum pfeifend. »Donnerwetter!«
    »Da lag der Schnee noch nicht so hoch«, erklärte Joe.
    »Können wir kurz anhalten? Ich bin aus der Puste«, sagte Melinda Strickland und stützte sich an einen Stamm, während sie wieder zu Atem kam.
    »Außerdem muss ich einige wichtige Telefonate führen«, sagte sie dann und zog ein Handy aus der Jacke. Sie äugte aufs Display. »Mist, hier oben gibt’s kein Netz.«
    »Ich sagte doch, dass sich von hier niemand erreichen ließ«, brummte Joe und ärgerte sich, dass sie bei der Besprechung am Morgen nicht aufgepasst hatte.
    »Lassen Sie uns eine kurze Pause machen«, erklärte sie, als hätte Joe nichts gesagt.
    »Man könnte meinen, sie leitet die Untersuchung«, schimpfte Barnum – so leise allerdings, dass Strickland ihn nicht hörte. Doch Elle Broxton-Howard, die Journalistin, bekam seine Bemerkung mit und warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
    »Ich glaube, Sie sind nicht fair zu ihr«, sagte sie naserümpfend. »Sie ist eine erstaunliche Frau.«
    »Oh ja«, stieß Barnum hervor und rollte die Augen Richtung Joe.

    »Wenn ein Mann die Initiative ergreift, gilt er als Führungspersönlichkeit«, sagte Broxton-Howard. »Wenn eine Frau sich so benimmt, gilt sie als Miststück.«
    Joe löste sich von der Gruppe und arbeitete sich in den unberührten Schnee vor. Er spürte ein schlimmes Zerren im Magen. Erst das Massaker an Wapitis, dachte er. Dann der Mord. Danach der Sturm. Und jetzt noch Melinda Strickland. Was, zum Teufel, mag sie hier suchen?

    Das Glitzern der beiden Pfeile ließ Joe den Baum leicht finden. Er hatte befürchtet, der Mörder sei zurückgekehrt und habe sie mit einer Messerklinge aus dem weichen Holz gegraben. Dass er die Pfeile aufgespürt hatte, erleichterte ihn.
    Er blieb stehen und streckte die Hand aus. »Dort hab ich ihn entdeckt.«
    Die Gruppe hielt an. Ihr Atem stieg in Schwaden auf und verschwand in der Höhe. Der Morgen war unheimlich still, fast wie im Vakuum. Der Sturm hatte die Vögel und Eichhörnchen verstummen lassen, die üblicherweise die Gegenwart von Fremden meldeten. Der einzige Laut der Natur war das gelegentliche dumpfe Rauschen, mit dem der Schnee in dicken Lagen von den Ästen glitt. Ein Kriminalpolizist setzte seinen Rucksack ab, ließ ihn vor seine Füße fallen, öffnete den Reißverschluss und nahm den Koffer mit den Beweissicherungsmitteln heraus.
    Joe trat beiseite, während Barnum, die Hilfssheriffs und die Kriminalpolizisten Richtung Baum stapften.
    »Diese Pfeile sind von der Firma Bonebuster«, sagte ein Kriminalpolizist und beugte sich über die dicken, mit Tarnfarbe lackierten Schäfte, berührte sie aber nicht. »Ihre gemeißelten Spitzen sind so hart, dass sie selbst das Rückgrat

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