Blutschnee
großer Tiere
durchschlagen. Diese Pfeile sind bösartig, und da sie so tief in den Stamm gedrungen sind, muss der Schütze einen Verbundbogen mit enormer Schusskraft gehabt haben. Es wird schwer sein, die Dinger aus dem Holz zu bekommen.«
Joe warf Strickland, die bisher geschwiegen hatte, einen Blick zu. Sie stand in der von den anderen durch den Schnee gezogenen Spur, drückte erneut ihren Cockerspaniel an die Brust und gurrte ihm ins Ohr. Der Yorkshire Terrier dagegen war sich selbst überlassen und sprang ihr unbeholfen durch den tiefen Schnee nach. Seit sie am Tatort waren, hatte Strickland weder einen Rat erteilt noch einen Vorschlag gemacht. Joe fragte sich, ob sie überhaupt wusste, wie man eine Untersuchung durchführte.
Als habe sie Joes Gedanken gelesen, sagte Strickland: »Elle muss einige Digitalfotos vom Tatort schießen.« Dabei nickte sie ihr zu. »Die können wir für unsere Untersuchung brauchen.«
»Darf ich?«, fragte Elle Broxton-Howard geehrt.
Der Polizeifotograf hatte einen Filter auf sein Objektiv gesetzt, um das Licht zu dämpfen, und seine Kamera klickte bei jedem Bild. Elle Broxton-Howard waren sowohl ihr Apparat als auch diese Art von Fotografie offenkundig neu, und sie ahmte seine Bewegungen mit ihrer Digitalkamera nach. Da der Polizeifotograf das bemerkte, bot er ihr seine Hilfe an. Als sie sich bückte, um einen heruntergefallenen Objektivdeckel aufzuheben, musterten McLanahan und Brazille ihre hautenge Steghose und grinsten einander jungenhaft zu.
»Was sollen wir hier außer den Pfeilen bloß finden?«, klagte Barnum. »Hier ist alles ganz anders als noch vor drei Tagen.«
Brazille gab ihm achselzuckend Recht. Dann befahl er einem seiner Leute, die mitgebrachte Kettensäge anzuwerfen. Brazille wollte die Pfeile in einen Sack wickeln und den etwa dreißig Zentimeter dicken Baum fällen. Dann würden sie ihn
oberhalb der Pfeile erneut durchsägen, das Stück Stamm mitnehmen und es zur kriminaltechnischen Untersuchung nach Cheyenne schicken. So blieben die Pfeile unbeschädigt, und beim Versuch, die Pfeile aus dem Holz zu bekommen, wurden keine Fingerabdrücke verschmiert.
»McLanahan, geh durch die Bäume dort zur anderen Straße und such nach Spuren oder gelbem Schnee«, bellte Barnum seinen Hilfssheriff an. »Wenn du was hast, mach ein Foto und sack es ein.«
McLanahan verzog das Gesicht. »Ich soll gelben Schnee einsacken? «
»Der lässt sich auf DNA testen«, kommentierte ein Kriminalpolizist.
»Scheiße«, schnaubte McLanahan.
»Die auch«, sagte Barnum ungerührt, was Brazille auflachen ließ. McLanahan zog eine finstere Miene.
Als ein Kriminalpolizist nach der Kettensäge griff, drehte Joe sich um.
»Brauchen Sie mich noch?«, fragte er Brazille und Barnum. »Sonst gehe ich mir jetzt die Wiese ansehen.«
Brazille entließ Joe mit einer Handbewegung. Barnum funkelte ihn nur zornig an und war offensichtlich noch immer verärgert darüber, dass Joe überhaupt zugegen war und sich in seine Untersuchung einmischte.
Joe sagte nichts und nahm es hin, dass Barnum ein Problem mit ihm hatte. Das beruhte auf Gegenseitigkeit.
Doch wenn Joe hätte entscheiden müssen, ob Sheriff Barnum oder Melinda Strickland die Untersuchung leitete … nun, er war froh, dass sich diese Frage nicht stellte.
Die Kettensäge röchelte, sprang an und schnitt mit durchdringendem Schrillen eine Schneise in die Stille des Morgens.
Joe fuhr mit seinem Schlitten langsam über die Wiese. Ein Knie auf den Sitz gestützt, stand er halb hinterm Steuer und studierte die Spuren, um nachzuvollziehen, was geschehen war. Es waren wohl mindestens drei Motorschlitten auf die Wiese gekommen. Zwei waren von gleicher Bauart: Ihre Kufen hatten einen Abstand von achtunddreißig Zentimetern und hinterließen ähnliche Abdrücke im Schnee. Die Kufen des dritten Schlittens lagen ein wenig weiter auseinander und waren tiefer in den Schnee gesunken. Auch hatte er offenbar einen Anhänger hinter sich hergezogen. Die Besucher mussten am Abend zuvor aufgetaucht sein, da in der Nacht etwas frischer Schnee in die Spuren geweht worden war.
Wer immer das gewesen war, hatte sich nicht um Lamars Pick-up gekümmert, der eingeschneit am Waldrand stand. Zwei Hilfssheriffs arbeiteten sich gerade zu dem Wagen vor, um ihn von innen zu fotografieren.
Die Schneehügel, die er von oben bemerkt hatte, lagen dort, wo die Wapitis ausgenommen worden waren. Die Besucher hatten alle Tiere entdeckt.
Die Verfärbungen im Schnee stammten
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