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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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im Lederbeutel.
    Der Wanderfalke kümmerte sich nicht um den Beutel, sondern spähte zur Ebene mit den Salbeisträuchern, die hinterm Haus und den drei prächtigen Pyramidenpappeln begann. Vielleicht, dachte Romanowski, hat auch er einen Motor gehört.
    Er ließ den Vogel los, der mit lautem Flügelschlagen aufstieg, bis ihn beim Fluss ein warmer Luftstrom trug. Das Tier schraubte sich in steiler Spirale aufwärts. Romanowski schaute ihm zu, bis es mit der Sonne zu verschmelzen schien.
    Er griff in den Sack, zog die Taube heraus und warf sie in die Luft. Sie flatterte hektisch flussabwärts, um in den Schutz der Bäume zu gelangen.
    Romanowski sah vom Falken zur Taube und zurück.
    In gut dreihundert Metern Höhe zog der Raubvogel plötzlich die Flügel ein, ballte die Krallen, drehte sich auf den Rücken und schoss kopfüber wie eine Gewehrkugel zu Boden. In weitem, waghalsigem Bogen schnitt er durch Wyomings blassblauen Himmel. Die Taube fühlte ihn kommen,
flog schneller und schoss dicht über der Wasseroberfläche im Zickzack von einem Ufer zum anderen.
    Der Wanderfalke traf die Taube mit geballten Krallen. Es klang, als prallte ein mit hohem Tempo geschlagener Baseball gegen den Wurfhandschuh des Fängers. Blut und Federn stoben in alle Richtungen. Der Wanderfalke fing sich knapp überm Fluss, schwang sich aufwärts und stieß erneut nieder, um sich die Taube zu schnappen, ehe sie ins Wasser fiel. Dann ließ er sich anmutig auf dem schmalen sandigen Ufer nieder und verschlang den toten Vogel.
    Taubenfedern schwebten sanft aufs Wasser und trieben flussabwärts Richtung Saddlestring.
    Romanowski pfiff ehrfürchtig durch die Zähne und rieb sich den Unterarm, bis seine Gänsehaut verschwunden war.

    Erneut hörte er das Geräusch, und diesmal konnte er seinen Ursprung ausmachen. Er legte die Hände an die Augen, um sie vor dem grellen Schnee zu schützen, und sah einen Schneepflug und mehrere Autos über die Ebene kommen. Die Kolonne schimmerte in der Ferne.
    »Los geht’s«, sagte er zu sich.

7
    Auf Befehl des Sheriffs hielt der Schneepflug unterhalb des letzten mit Salbeigesträuch bestandenen Hügelkamms vor dem Fluss. Der Pflug scherte nach links aus, und die Bremslichter von Barnums Ford Bronco leuchteten auf. Dann flogen Türen auf, und schwer bewaffnete Männer sprangen aus ihren Autos. Barnum eilte zum gemieteten Geländewagen der Kriminalpolizisten zurück und versammelte alle um sich.
    Joe Pickett tastete hinterm Sitz nach seiner Flinte. Es war ein neues Modell, komfortabler und leichter als das alte Gewehr, mit dem er noch vor einiger Zeit auf Vogeljagd gegangen war. Wie seine Faustfeuerwaffe und sein Pick-up war auch die Flinte im Vorjahr bei dem Abenteuer zerstört worden, das in der Flucht durch den Savage Run Canyon gegipfelt hatte. Marybeth und er suchten noch immer nach einem Pferd, um Lizzie zu ersetzen.
    Als er leise die Tür seines Wagens schloss, fühlte Joe sich den anderen seltsam fern. Immerhin war er Jagdaufseher und kein Mitglied einer Eingreiftruppe. Er war es gewohnt, allein zu arbeiten. Doch im Moment hatte der Sheriff das Sagen, und Joe hatte ihn zu unterstützen.
    Er musterte die Kriminalpolizisten und Hilfssheriffs, die um Barnum herumstanden. Obwohl sie vermutlich recht gut ausgebildet waren, überstieg die Lage bei weitem das, womit er und sie alle es sonst zu tun hatten. Der wöchentliche Polizeibericht im Saddlestring Roundup handelte von kleinen häuslichen Streitereien, nicht gemeldeten Hunden, die auf Schafe Jagd machten, und Verkehrsdelikten. Von einem SEK war Barnums Truppe herzlich weit entfernt. Doch die Männer gaben sich alle Mühe, wie Großstadtpolizisten zu wirken,
die einmal mehr zu einem normalen Einsatz unterwegs waren. Angesichts der aufgestauten Aggressionen, die sicher in ihnen brodelten, und ihres Mangels an Erfahrung konnte Joe nur hoffen, dass die Lage nicht außer Kontrolle geriet. Er hatte McLanahan mit der Schrotflinte auf Zelte ballern sehen, bis das Magazin leer war, und erinnerte sich noch gut, wie der Hilfssheriff auf einer Rinderweide auf Stewie Woods geschossen hatte. Wie viel Beherrschung würde er aufbringen, wenn er einem brutalen Mörder gegenüberstand?
    Wieder dachte er daran, wie er Lamar Gardiner angetroffen hatte: zwischen toten Wapitis und bemüht, sein Gewehr mit Zigaretten nachzuladen. Niemand hätte Lamars Verfassung und sein späteres Handeln vorhersagen können. Hätte Joe Verstärkung anfordern können oder eine Art Käfig im Wagen

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