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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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gehabt, wäre der Mord womöglich zu vermeiden gewesen. Doch er hatte keine Chance gehabt. Zwar erwartete man von ihm, Gesetzesbrecher hinter Gitter zu bringen, aber er war überhaupt nicht dafür gerüstet, dass sie feindselig reagierten oder sich der Festnahme widersetzten. Nichtsdestotrotz hatten die Geschehnisse in den Bergen diese Ereigniskette ausgelöst. Er fühlte sich schuldig. Und er wollte und musste die Sache durchziehen, obwohl dies hier der letzte Ort war, an dem er zu sein wünschte. Erst wenn er überzeugt davon war, dass Nate Romanowski Lamar Gardiner umgebracht hatte und in Haft saß, würde sein Gewissen ihn ruhen lassen.
    Immerhin war am nächsten Tag Weihnachten, und er hätte eigentlich daheim sein sollen. Stattdessen schob er großkalibrige Munition in seine Schrotflinte, lud durch und trat zu den Beamten, die sich um Barnum drängten.

    »Stellt euch nicht weiter als sechs Meter voneinander entfernt in einer Schützenlinie auf. Dann rücken wir vor«, sagte Barnum. »Mr. Brazille geht links außen, ich rechts. Romanowski soll denken, tausend Mann seien im Anmarsch. Wenn wir beim Haus sind, nähern Brazille und ich uns in einer Zangenbewegung der Tür. Alle haben stets in Deckung zu bleiben, dabei aber ständig vorzurücken. Keine seitlichen Ausweichbewegungen. Haltet die ganze Zeit auf das Haus zu.«
    In solchen Situationen klingt Barnum beeindruckend, dachte Joe. Er selbst nahm allerdings erstmals an so einer Aktion teil, konnte Barnums Befehle und seinen Plan also nicht mit denen von anderen Einsatzleitern vergleichen. Als er die Polizisten aus Saddlestring, die Kriminalpolizisten aus Cheyenne und die Hilfssheriffs ihre Waffen laden und prüfen sah, musste er an Barnums Theorie denken, jeder heiklen Lage sei mit überlegener Waffenstärke zu begegnen.
    Nun, an Feuerkraft waren sie Romanowski sicher überlegen.
    »Ich übernehme die Spitze, wenn Sie wollen«, bot Hilfssheriff McLanahan an und schloss energisch das Magazin seines halbautomatischen Sturmgewehrs mit Zielfernrohr. Um noch mehr Eindruck zu schinden, ließ er obendrein eine Patrone in den Lauf gleiten.
    »Auf keinen Fall, McLanahan«, erwiderte Barnum und klang erschöpft. »Wir brauchen keine Cowboys.«
    Joe musterte den Hilfssheriff, der bei dieser Bemerkung verlegen und verärgert die Augen zusammenkniff.
    »Geschossen wird nur in Notwehr«, steuerte Brazille bei und schaute seinen Männern und McLanahan in die Augen.
    »Er soll eine richtig fette Handfeuerwaffe besitzen«, sagte McLanahan. »Wenn er die zieht, ist die Party vorbei.«
    Barnum und Brazille tauschten einen besorgten Blick.
»Wenn er seine dicke Kanone zieht«, sagte Barnum, »machen wir roten Nebel aus ihm.«
    Joe verzog das Gesicht. Von rotem Nebel sprachen Präriehundjäger, wenn sie die einheimischen Erdhörnchen mit durchschlagstarken Gewehrkugeln abknallten, die die kleinen Nagetiere buchstäblich in Spray verwandelten.
    »Ich habe einige Fragen an ihn, wenn Sie ihn verhaftet haben«, sagte Melinda Strickland. Es waren ihre ersten Worte, seit sie angekommen waren.
    Erneut registrierte Joe trocken, dass Strickland zwar gern eine Führungsposition innegehabt hätte, offenbar aber weder taktische noch strategische Erfahrung besaß. Und sie schien entschlossen, sich nicht in Gefahr zu begeben.
    »Gut«, versetzte Barnum. »Aber bitte bleiben Sie hier, da Sie nicht bewaffnet sind.«
    »Kein Problem«, grinste sie.

    Seltsamerweise dachte Joe Pickett an seine Kinder, als er sich mit der Schützenlinie dem Steinhaus näherte. Er dachte daran, wie die Mädchen sich für den Gottesdienst an Heiligabend anzogen, Kleider und Strumpfhosen anprobierten und Marybeth fragten, was sie davon hielt; daran, wie sie vergeblich zu erraten versuchten, was sich in den herrlich verpackten Schachteln unterm Weihnachtsbaum versteckte. Bei den Picketts durften die Mädchen nach dem Abendessen (sämige Muschelsuppe) und der Fahrt zur Kirche bereits ein Geschenk auspacken. Für alle außer der modebewussten Lucy war es ein großes Unglück, wenn es sich als Kleidung entpuppte. Vor allem Sheridan wünschte sich genügend Spiele oder Bücher, um bis zum ersten Weihnachtstag damit auszukommen. April hatte sich eine Mikrowelle gewünscht (die
sie nicht bekommen würde) und erklärt, darin habe sie sich früher, als sie noch bei Vater und Mutter gelebt hatte, ihre Mahlzeiten gewärmt und würde das gern wieder tun. Marybeth hatte ihr versichert, es gebe weiterhin jede Menge zu essen, aber

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