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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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das versuchen würde.«
    »Ja, das hat ihn sicher zurückgehalten«, erwiderte Joe, ohne mit der Wimper zu zucken. Reed blieb abgewandt, doch sein Profil verriet, dass er immer noch grinste.
    McLanahan versuchte, Joes Bemerkung einzuschätzen. Er schien drauf und dran zu sein, sich zu prügeln – wenn nicht mit Joe, dann mit Reed. Oder mit sonst jemandem. Aber, dachte Joe, McLanahan kämpft nur dann besonders gut, wenn er von bewaffneten Ordnungshütern umgeben ist und sein Gegner sich nicht wehren kann. Wie bei Nate Romanowski.
    »Hat er den Mord gestanden?«, fragte er.
    »Er streitet alles ab«, sagte McLanahan. »Er hat nicht mal einen Anwalt benachrichtigt. Stattdessen hat er Sie angerufen.«

    »Vielleicht hätten Sie ihm nochmal eins mit Ihrem Gewehr verpassen sollen«, meinte Joe.
    Reed blickte erwartungsvoll auf. McLanahan versuchte, das Gesicht zu verziehen, doch das tat ihm offenkundig weh.
    »Warum wollte er mit Ihnen reden?«, fragte er.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Warum mit dem Jagdaufseher und nicht mit einem Anwalt? «, überlegte Reed.
    Joe zuckte die Achseln.
    »Werden Sie ihn besuchen?«, fragte McLanahan und sah ihn misstrauisch an.
    »Deshalb bin ich hier.«
    McLanahan und Reed wechselten einen Blick und warteten darauf, dass der andere eine Entscheidung traf.
    »Das ist sein Ende«, sagte Reed wegwerfend. »Wenn er den Jagdaufseher sprechen will, hat er jedes Recht dazu.«
    McLanahan verschränkte die Arme. »Irgendwas erscheint mir daran nicht richtig.«
    »Mir auch nicht«, sagte Joe ehrlich. »Ich kenne den Mann überhaupt nicht.«
    »Sind Sie sich da sicher?«
    Joe verdrehte die Augen. »Natürlich.«
    Reed stand auf, klimperte mit dem Zellenschlüsselbund und bedeutete Joe mit einer Kopfbewegung, ihm zu folgen.
    »Sie haben Ihre Pistole und alles andere bei Stovepipe gelassen, oder?«
    »Ja.«
    »Passt auf den Mistkerl auf«, rief McLanahan ihnen nach. »Wenn er euch anfällt, hör ich es vielleicht nicht.«
    Als sie in den Gang kamen, drehte Reed sich zu Joe um. »Aber ich«, sagte er.

    Die Hand im Mund, lag Nate Romanowski auf seiner Pritsche, wie McLanahan es beschrieben hatte. Den anderen Arm hatte er über die Augen gelegt. Der eine Fuß stand auf dem Zementboden der Zelle, der andere hing überm Fußende des Bettes. Er trug einen himmelblauen Gefängnis-Overall und die üblichen Slipper, also weder Gürtel noch Schnürsenkel, mit denen er sich hätte etwas antun können.
    Die Zelle war drei auf drei Meter groß, enthielt eine Pritsche, eine offene Toilette, Tisch und Stuhl, die an Wand und Fußboden festgeschraubt waren, und ein Waschbecken aus Edelstahl, aus dessen Hahn ein Rinnsal lief. Das einzige Fenster war aus dickem, undurchsichtigem, mit Draht verstärktem Glas.
    Joe Pickett war nie im Bezirksgefängnis gewesen. Er kannte den Vorraum, wo er zweimal Wilderer abgeliefert hatte, weil sie betrunken waren oder unter Drogen standen und er sie nicht in der Natur zurücklassen wollte. Anders als Lamar Gardiner hatten sie still in seinem Pick-up gesessen, als er sie in die Stadt brachte.
    Obwohl es unangenehm warm war, ließen die nackten Wände und die Metallmöbel die Zelle kalt wirken. Nicht zum ersten Mal an diesem Tag fragte sich Joe, was er hier tat. Auch überlegte er, ob es richtig gewesen war, herzukommen, und ob er nach seiner Begegnung mit Wade Brockius und den Souveränen klar genug dachte. Vielleicht, grübelte er, hätte ich meinen Vorgesetzten Terry Crump das übernehmen lassen sollen.
    Doch die Tür schloss sich hinter ihm, und Nate Romanowski setzte sich auf, um Joe aus scharfen, kalten, limonengrünen Augen zu mustern. Sein Kopf war leicht vorgebeugt, und er taxierte den Besucher unter seiner mächtig vorspringenden Stirn hervor, was ihn noch bedrohlicher wirken ließ. Romanowski war schlaksig und wirkte ausgesprochen eckig mit den
scharfen Ellbogen und langen Armen, die aus breiten Schultern hervorragten, und der Nase, die sich wie ein Schnabel über einem V-förmigen Unterkiefer erhob. Sein blondes Haar lichtete sich auf der Schädeldecke bereits.
    »Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte er. Die Hand behielt er im Mund, was seine Worte undeutlich machte.
    »Ich weiß nicht recht, warum ich hier bin«, sagte Joe ehrlich.
    Romanowski lächelte mit den Augen und nahm dann ganz langsam die Hand heraus. Joe fiel auf, dass er vorsichtig und prüfend mit der Zunge im Mund herumfuhr. Dann begriff er, dass Romanowski die Zähne, die McLanahan ihm mit dem Gewehrkolben lose

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